Endspiel um die Kammerspitze

Am 23. Juni erreichen die Ärztekammerwahlen ihren Schluss- und Höhepunkt mit der Wahl des bundesweiten Präsidiums. An die Spitze der Österreichischen Ärztekammer kann nur einer der neun Länderpräsidenten gewählt werden. Und bereits im Vorfeld zeichnet sich ein klarer Favorit ab: Der bisherige Amtsinhaber und Tiroler Präsident, Dr. Artur Wechselberger, kündigte überraschend an, nicht mehr für das Amt kandidieren zu wollen. Auch der als Kandidat gehandelte Oberösterreichische Langzeitpräsident Dr. Peter Niedermoser schloss ein Antreten aus.
Damit steigen die Chancen für den Wiener Kammerpräsidenten Dr. Thomas Szekeres. Sowohl Wechselberger wie auch Niedermoser sehen ihn als Favoriten, Niedermoser kündigte auch an, Szekeres unterstützen zu wollen. Er wolle sich als Teamplayer entsprechend einbringen.
Endgültige Klarheit haben laut Wechselberger erst die vergangenen Wochen gebracht, als in den Länderwahlen überhaupt klar geworden sei, wer überhaupt zu Wahl stehe. Wien sei eines der letzten Bundesländer gewesen, in der die konstituierende Sitzung der Länderkammer stattgefunden hat. „Dass Szekeres sich um das Amt bewirbt, war nicht klar. Es war auch nicht klar, wie die Wahl in Wien ausgehen wird“, wird Wechselberger in Medien zitiert. Ein aussichtsreicher Kandidat sei Szekeres allein dadurch, weil er in Wien Präsident der Kammer sei: So würden die Stimmen in der Vollversammlung nach der Zahl der Ärzte im Bundesland vergeben. Wien habe ein Drittel aller Ärzte, also habe er ein Drittel aller Stimmen.
Wechselberger ging zuletzt erneut mit dem Gesetzesentwurf zur Neuordnung der Primärversorgung hart ins Gericht. Dieser stehe in krassem Widerspruch zu international üblichen Qualitätsstandards für eine zeitgemäße Primärversorgung. Seine Ankündigung: Unter solchen gesetzlichen Bedingungen würden sich kaum freiberufliche Ärzte zum dringend notwendigen Ausbau der Primärversorgung finden. „Um in eine Primärversorgungseinheit wechseln zu können, müssten niedergelassene Vertragsärzte ihre bestehenden Kassenverträge aufgeben, um sich auf eine gemeinsame Gesellschaft mit anderen Ärzten einzulassen – eine Entscheidung, die eine oft jahrzehntelange Aufbauarbeit gefährden würde“, warnte Wechselberger. „Eine Rückkehr in den Einzelvertrag wäre schwierig, riskant und nur befristet möglich.“ Weiters sei keine Anstellung von Ärzten vorgesehen, wie sie die Ärztekammer schon seit Jahren für Gruppenpraxen fordere.
Würde man ihn vorschlagen, werde er sich zur Verfügung stellen, betont Szekeres im Interview mit der Ärzte Krone. Er hatte es überraschend in Wien als Wahlzweiter erneut geschafft, eine breite Koalition zu zimmern und so als Präsident wiedergewählt zu wer- den. Wichtig ist ihm vor allem, dass die Arzte „wieder die Themenführerschaft“ im Gesundheitswesen übernehmen und sich in wichtigen Punkten einbringen. Szekeres: „Die Politik hat versucht, uns an den Rand zu drängen bei den aktuellen Reformbemühungen. Eine vernünftige Weiterentwicklung des Gesundheitswesens kann man aber nicht gegen die Ärzteschaft machen.“ Man müsse gemeinsam das System weiterentwickeln, fordert Szekeres. Bei der Reform der Primärversorgung seien zwar zahlreiche Ideen der Ärzte aufgenommen worden, mit einigen Punkten sein man aber noch unzufrieden, etwa im Hinblick auf die Gesamtverträge. Sorgen macht dem Wiener Präsidenten die im Zuge der Neuwahlen wieder aufflammende Diskussion über Einsparungen im Gesundheitswesen. So hat etwa der designierte ÖVP-Obmann Sebastian Kurz das Einsparungspotenzial im Gesundheitswesen auf 1,6 Milliarden Euro beziffert ohne aber zu sagen, wo er sparen will. „Wenn die Bevölkerung wächst und die Menschen auch älter werden, sehe ich kein Einsparungspotenzial. Ich sehe aber auch keine Kostenexplosion“, sagt Szekeres. Er könne sich nicht vorstellen, wie man Milliarden im Gesundheitswesen einsparen wolle und gleichzeitig das Versorgungsniveau aufrechterhalten will. In der Verwaltung selbst seien wiederum so große Summe nicht zu holen.

 

Die wichtigsten Baustellen für den neuen Kammerpräsidenten

Krankenhäuser

Durch die Anpassung der EU-Arbeitszeitrichtlinie ist der Druck in den Krankenhäusern auf das Personal gestiegen. Einige Länder nutzten die Reduktion der Arbeitszeit dazu, den Personalstand zu reduzieren. Durch die Strukturreformen könnte es in den kommenden Jahren zudem zur Schließung oder Umwandlung von Spitalsstandorten kommen. Entsprechende Pläne gibt es in Wien, der Steiermark und Oberösterreich. Gleichzeitig steigt in einigen Regionen wie Wien der Versorgungsbereich. Die Einwohnerzahl der Bundeshauptstadt wächst aktuell im Durchschnitt um 40.000 Personen pro Jahr.

ELGA

Der Probebetrieb der E-Medikation ist im Vorjahr im weststeirischen Bezirk Deutschlandsberg gestartet. Der Testbetrieb sollte ursprünglich bis Ende September 2016 laufen, wurde aber verlängert. Unzureichende Informationen über den aktuellen Stand der Medikation von Patienten können zu Mehrfachverordnungen oder unter Umständen auch zu unerwünschten Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten führen. Die E-Medikation soll hier Abhilfe schaffen. Sie ist eine Datenbank, in der von Ärzten verordnete und von Apotheken abgegebene Medikamente und wechselwirkungsrelevante, nichtrezeptpflichtige Arzneimittel für ein Jahr gespeichert werden. Die behandelnden Ärzte, Apotheker und Krankenhäuser können dann auf die Daten zugreifen. Parallel werden in den kommenden Monaten auch die niedergelassenen Ärzte an die elektronische Gesundheitsakte angeschlossen.

Primärversorgung

Nach jahrelangen Diskussionen und Verhandlungen dürfte das Gesetz zur medizinischen Primärversorgung doch noch vor dem Sommer im Nationalrat beschlossen werden. In den Primärversorgungseinrichtungen (PVE) sollen Ärzte und andere Gesundheitsberufe enger zusammenarbeiten, sei es in eigenen Zentren oder durch Vernetzung bestehender Strukturen. Im April hatte Gesundheitsministerin Dr. Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) einen Entwurf in Begutachtung geschickt. Nun einigten sich offenbar die Gesundheitssprecher von SPÖ und ÖVP, Dr. Erwin Spindelberger und Dr. Erwin Rasinger, auf die Reform. Kommen könnte auch die Möglichkeit, dass Ärzte Ärzte anstellen dürfen – dazu braucht es allerdings eine Zweidrittelmehrheit und damit eine Zustimmung einer der beiden großen Oppositionsparteien FPÖ oder Grüne.

Generationswechsel

Die demografische Entwicklung macht auch vor der Ärzteschaft nicht halt: In den kommenden Jahren soll laut Schätzungen die Hälfte der niedergelassenen Ärzte in Pension gehen. Gesundheitsministerin Dr. Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) lässt derzeit erheben, ob ein Mangel an Ärzten droht und in welchen Bereichen das der Fall sein könnte. Dazu kommt, dass viele Ärzte im niedergelassenen Bereich keinen Kassenvertrag mehr anstreben oder bekommen und in der Folge als Wahlärzte arbeiten. Wiens Ärztekammerpräsident Dr. Thomas Szekeres warnt die Kassen: „Der Hausarzt ist nach wie vor der liebste Arzt der Menschen. Es braucht Lösungen, um hier die Versorgung aufrechtzuerhalten.“