Frühe Hinweise erkennen

Etwa 2–3 % der Erwachsenen in Europa sind an Psoriasis erkrankt, wovon etwa jede:r Dritte innerhalb von ca. 8–10 Jahren eine Psoriasisarthritis (PsA) entwickelt. Beide Erkrankungen beruhen auf einem gemeinsamen immunvermittelten Prozess, bei dem die IL-23/Th17-Achse zentral ist. Die Gelenkbeteiligung kann irreversible Schäden bis hin zum Funktionsverlust verursachen. Im Sinne der Prävention ist es daher von hohem klinischem Interesse, Risikopatient:innen für die Transition in eine PsA zu identifizieren.

Klinisches Bild und Red Flags

Die PsA zeigt ein sehr heterogenes klinisches Bild – von der asymmetrischen Oligoarthritis der unteren Extremitäten bis zur Polyarthritis der Fingergelenke. Weitere mögliche Erstmanifestationen sind Enthesitiden oder entzündliche Rückenschmerzen. Bei rund 75% gehen Hautveränderungen der Gelenkbeteiligung voraus, bei 15 % treten beide gleichzeitig auf, und bei 10 % kann die Hautbeteiligung gänzlich fehlen. Prädilektionsstellen sind Knie-, Sprung-, Finger- und Zehengelenke (inkl. distaler Interphalangealgelenke), es können alle Gelenke eines Fingers oder einer Zehe gleichzeitig befallen sein (Daktylitis; „Wurstfinger/-zehen“). Auch segmentale Spondylitis, einseitige Sakroiliitis sowie extraartikuläre Manifestationen wie Enthesiopathien oder Uveitis anterior sind möglich.Bei allen Patient:innen mit Psoriasis sollte aktiv nach Gelenk- oder Rückenschmerzen gefragt werden. Wichtig sind Hinweise auf entzündliche Gelenkschmerzen, die vor allem morgens auftreten und mit einer Morgensteifigkeit der Gelenke einhergehen können. Auch ein entzündlicher Rückenschmerz, der typischerweise morgens stärker ausgeprägt ist, in Ruhe persistiert und durch Bewegung besser wird, ist ein erstes Anzeichen für eine Transition der Erkrankung.

Risikofaktoren für die Transition

Langfristige Prädiktoren für die Entwicklung einer PsA aus einer Psoriasis sind unter anderem der Schweregrad der Psoriasis, Nagelbeteiligung und metabolische Risikofaktoren wie die Adipositas (Abb.).1 Schwere Verlaufsformen der Psoriasis gehen mit einem höheren Transitionsrisiko zur PsA einher. Strukturelle und entzündliche Veränderungen am Nagel (Nagelpitting, Onycholyse, Hyperkeratose) treten oft früh auf und sind mit Enthesitis assoziiert. Adipositas gilt nicht nur als Risikofaktor für die Psoriasis selbst, sondern auch für deren Progression zur PsA, vermutlich vermittelt über mechanische Belastung der Enthesen, metabolische Dysregulationen und eine chronisch erhöhte systemische Entzündungsaktivität, die den Übergang von subklinischer zu klinisch manifester Gelenkentzündung begünstigen kann. Arthralgien erhöhen das Transitionsrisiko um das 2-Fache. Sind im Ultraschall oder MRT Zeichen einer subklinischen Entzündung sichtbar, ist das Risiko der Progression bereits um das 4-Fache erhöht.

Abb.: Risikofaktoren und Stadien der Progression von Psoriasis in PsA

Diagnose

Neben Beachtung der o. a. Red Flags (entzündliche Gelenk- und Rückenschmerzen, v.a. morgens, Morgensteifigkeit) können auch Fragebögen (z. B. GEPARD, PEST) erste Hinweise liefern. Im Labor können Entzündungsparameter (BSG, CRP) leicht bis mittelgradig erhöht sein, sie liegen jedoch oft auch im Normbereich; Autoantikörper (RF, ACPA etc.) sind meist negativ. Im Röntgen der betroffenen Skelettabschnitte zeigen sich Gelenk- und Knochenveränderungen wie Erosionen, Proliferationen, Periostitis, Osteolysen, Ankylosen, asymmetrische Syndesmophyten, Fusion der zervikalen Facettengelenke und Spondylitis. Treten radiologische Veränderungen bereits frühzeitig auf, weist dies auf einen aggressiven Verlauf hin. Zur Früherkennung von Entzündungen an Gelenken, periartikulären Strukturen und Enthesen eignen sich auch ein Ultraschall und/oder MRT. Die Diagnose einer PsA wird in der Regel bei klinisch sichtbaren Zeichen einer Gelenk- oder Sehnenbeteiligung (Synovitis oder Enthesitis/Tendinitis) gestellt, was dann in der Regel auch eine Indikation zur systemischen Therapie bedeutet.

Therapie

Ist für die Behandlung der Psoriasis eine systemische Therapie indiziert oder liegt gleichzeitig eine Gelenkbeteiligung vor, wird in vielen Fällen zunächst noch Methotrexat eingesetzt. Bei hochaktiver PsA, schwerer Hautbeteiligung oder hohem Risiko für Gelenkschäden können Biologika bereits in der Erstlinie angewendet werden, um systemische Entzündung schnell zu unterdrücken und strukturelle Gelenkschäden zu verhindern.2 Es sollte ein Wirkstoff gewählt werden, der sowohl die Psoriasis als auch die PsA-Komponente abdeckt. Dafür eignen sich IL-17-Inhibitoren (Secukinumab, Ixekizumab, Bimekizumab), IL-23p19-Inhibitoren (Guselkumab, Risankizumab) sowie der IL-12/23-Inhibitor Ustekinumab und TNF-α-Inhibitoren (z. B. Adalimumab, Etanercept oder Infliximab), wobei IL-23- und IL-12/23-Inhibitoren in der Regel nicht ausreichend auf entzündliche Rückenschmerzen wirken, während IL-17-Inhibitoren nicht bei Patient:innen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen oder Kolitiden eingesetzt werden sollen. TNF-α-Inhibitoren sind bei fortgeschrittener Herzinsuffizienz oder einem Risiko für demyelinisierende Erkrankungen kontraindiziert.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

Die PsA ist eine heterogene und potenziell schwere Erkrankung, bei der sowohl eine Gelenk- als auch Haut-, Nägel-, Augen- sowie Darmbeteiligung möglich ist und die häufig mit Komorbiditäten (kardiovaskuläre Erkrankungen, metabolisches Syndrom) einhergeht.2 Die Kooperation von Fachärzt:innen für Rheumatologie, Dermatologie und aus weiteren Disziplinen ist daher zentral für eine umfassende Versorgung. Nur durch ein abgestimmtes Vorgehen lassen sich Krankheitsaktivität und Begleitmanifestationen frühzeitig erkennen und zielgerichtet behandeln, um die Lebensqualität der Patient:innen langfristig zu erhalten und zu verbessern.
An der MedUni Wien und der MedUni Innsbruck wird die Transition von der Psoriasis zur PsA derzeit in einer prospektiven Kohortenstudie mit ca. 250 Patient:innen untersucht, um Fragen nach möglichen Risikofaktoren, Zeichen der Transition in eine PsA und neuen therapeutischen Zielen für die frühe Behandlung der PsA zu identifizieren.

Tipps für die Praxis

  • Bei Psoriasis-Patient:innen mit Arthralgien, insbesondere bei entzündlichen Gelenkschmerzen, sollte zeitnah eine Zuweisung an Fachärzt:innen für Rheumatologie erfolgen.
  • Komorbiditäten und Risikofaktoren beachten: Übergewicht und Adipositas, Rauchen, PsA in der Familienanamnese, Nagelbeteiligung sowie eine schwere Ausprägung der Psoriasis erhöhen das Transitionsrisiko.
  • Die systemische Behandlung für die Psoriasis und PsA sollte je nach der jeweils vorliegenden Organbeteiligung bzw. dem Risikoprofil der Patient:innen ausgewählt werden.