Gastroenterologische Erkenntnisse vom Feinsten

Bei Bauchschmerz an Pankreatitis denken

Abdominelle Schmerzen gehören zu den häufigsten Symptomen in Hausarztpraxen, aber ihre Ursachen sind alles andere als einfach zu finden. Dazu Prof. Matthias Löhr, Karolinska Institut, Stockholm, Schweden: „Ich möchte die Ärzteschaft aufrufen, bei Patienten mit abdominellen Schmerzen, weichem Stuhl oder Diarrhö von blasser Farbe und intensivem Geruch auch an die Möglichkeit einer Pankreatitis zu denken – insbesondere wenn der Patient Alkohol und/oder Nikotin konsumiert hat.“ Die Diagnostik beginnt mit einer Pankreassonografie. Führt diese zu unklaren Ergebnissen, wird in manchen Fällen eine Endosonografie angeboten. Zu den heute verfügbaren Behandlungsoptionen gehören Alkohol- und Nikotinabstinenz – unverzichtbar, um das Leiden in den Griff zu bekommen – sowie Analgetika und andere schmerzstillende Medikamente, ergänzt durch eine Enzymersatztherapie, um die Verdauung zu verbessern. Bei einigen Patienten kommt auch eine partielle Pankreatomie infrage.

Großer Nutzen der Gruppen-Hypnotherapie bei RDS

Univ.-Prof. Dr. Gabriele Moser, Universitätsklinik für Innere Medizin in Wien, stellte eine kontrollierte, randomisierte Studie vor, die erstmals nachweisen konnte, dass eine Gruppen-Hypnotherapie bei Patienten mit Reizdarmsyndrom (RDS) ebenso wirksam sein kann wie eine Einzeltherapie1. Bereits frühere Studien haben nachgewiesen, dass die Reizdarm-Hypnotherapie in Einzelsitzungen die Symptomatik reduziert, die Lebensqualität hebt, die Empfindlichkeit des Darms normalisiert und zugleich die negative Einstellung des Patienten seinem Leiden gegenüber verbessert. Es konnte auch gezeigt werden, dass der Nutzen der Hypnotherapie größer ist als der Nutzen der üblichen medikamentösen Therapien, so dass sie in mehreren neueren Leitlinien empfohlen wird.
Die nun vorliegende Studie von Moser et al. zur Gruppen-Hypnotherapie bei RDS schloss 90 Patienten mit schweren und/oder extrem belastenden Reizdarmsymptomen ein, die nicht auf frühere Behandlungen angesprochen hatten. Sie erhielten entweder eine Reizdarm-Hypnotherapie (zehn wöchentliche Sitzungen à 45 Minuten in Gruppen zu je sechs Teilnehmern) oder unterstützende Gespräche. Darüber hinaus erhielten beide Gruppen eine medikamentöse RDS-Standardtherapie. Nach der Behandlung hatte sich der Zustand von 61% der Patienten aus der Hypnotherapiegruppe gebessert – im Vergleich zu 41% der Patienten aus der Gesprächsgruppe. Nach 15 Monaten zeigten sich bei 54% der Patienten aus der Hypnotherapiegruppe noch immer deutlich klinische Verbesserungen im Vergleich zu nur 25% aus der Kontrollgruppe (siehe Abb.). „In unserer Studie waren die Unterschiede zwischen den Gruppen schon ab der fünften Sitzung und bei Nachuntersuchungen nach zwölf Monaten noch immer zu erkennen. Die Gruppenhypnose für RDS-Patienten ist eine wirksame und nebenwirkungsfreie Behandlungsform. Sie spart Zeit und Geld für die Patienten und deren medizinische Versorgung und sollte Menschen mit schwerem oder therapieresistentem RDS zugänglich gemacht werden“, so Moser abschließend. Die Technik kann übrigens von zugelassenen Hypnotherapeuten mit einer Spezialausbildung angewendet, aber auch von Ärzten, Psychologen und Psychotherapeuten erlernt werden.

 

 

Erhöhen Immunsuppressiva das Hautkrebsrisiko bei CED?

Menschen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED), die mit Immunsuppressiva behandelt werden, haben laut neueren Studien möglicherweise ein erhöhtes Risiko, an bestimmten Hautkrebsarten zu erkranken. Andererseits haben Menschen mit CED offenbar auch unabhängig von ihrer Behandlung ein erhöhtes Hautkrebsrisiko. Wo also liegt die Wahrheit? Laut Prof. Dr. Tine Jess, Statens Serum Institut, Kopenhagen, Dänemark, herrscht in der Wissenschaft noch Uneinigkeit darüber, inwieweit genau Immunsuppressiva das angeborene Hautkrebsrisiko der Patienten erhöhen. Andererseits, so Jess, sei es wohl an der Zeit für formelle Leitlinien zur Hautkrebsprävention bei Patienten mit CED2. „Die Belege mehren sich, dass Thiopurine (Azathioprin, Mercaptopurin und Thioguanin) als Immunsuppressiva bei Patienten mit CED das Risiko nichtmelanomer Hautkrebsarten erhöhen, aber wegen des hohen Hintergrundrisikos dieser Patienten ist nur schwer festzustellen, in welchem Maße. Meiner Meinung nach spricht die Beweislage für einen Zusammenhang und das müssen wir ernst nehmen“, erläuterte Jess.

Neues zu Infliximab

Die Endergebnisse der TAXIT-Studie bei Patienten mit CED haben nun klarer herausgearbeitet, welche Bedeutung der Überwachung des Wirkstoffspiegels bei einer Behandlung mit Infliximab zukommt3. „Dies ist die erste prospektive, randomisierte, kontrollierte Studie zur individualisierten Infliximab-Dosierung bei Patienten mit CED, die eine Erhaltungstherapie bekommen. Wir haben herausgefunden, dass die Überwachung der Wirkstoffdosis zur Aufrechterhaltung eines bestimmten Mindestspiegels von Infliximab in der Anfangsphase der Therapie einen effizienteren Wirkstoffeinsatz ermöglicht – das spart viel Geld. Lag die optimale Therapie aber erst einmal fest, erbrachte die Dosierung auf der Grundlage klinischer Symptome ähnliche klinische Ergebnisse wie die Dosierung auf der Grundlage des Wirkstoffspiegels“, erklärte Studienleiter Dr. Niels Vande Casteele, Leuven, Belgien.

Neue Erkenntnisse zur Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität

Das erst in letzter Zeit neu entdeckte klinische Syndrom der Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität (auch NCGS, für Non-Coeliac Gluten Sensitivity) stellt Gastroenterologen und andere Mediziner weiterhin vor Rätsel. Bis vor Kurzem war die bekannteste Erkrankung im Zusammenhang mit einer Glutensensitivität die Zöliakie. Ursache ist eine Immunantwort auf das Getreideprotein Gluten bei Menschen mit entsprechender Veranlagung. Mittlerweile ist aber weithin anerkannt, dass eine Glutensensitivität auch bei Menschen ohne Zöliakie auftreten kann. Bei dieser NCGS kommt es zu ähnlichen Akutsymptomen wie bei der Zöliakie, was eine rein symptomatische Unterscheidung zwischen beiden Krankheitsformen erschwert. NCGS wird mittels Ausschlussdiagnostik festgestellt. Ein Biomarker zur klaren Identifikation der Erkrankung ist zurzeit noch nicht bekannt.
Allem Anschein nach ist NCGS weit häufiger als Zöliakie. Laut einer neueren britischen Studie4 wird bei zehn von 100 Patienten, die aufgrund einer Glutensensitivität zum Facharzt überwiesen werden, eine Zöliakie und bei 90 eine NCGS festgestellt. „In dieser Studie gaben 13% der befragten Erwachsenen aus der Allgemeinbevölkerung an, an Glutensensitivität zu leiden. Das ist eine erhebliche Anzahl von Menschen“, so Prof. Dr. David Sanders von den Lehrkrankenhäusern in Sheffield, GB, Vorsitzender des beratenden Gesundheitsausschusses der Coeliac UK. „Sehr interessant war die Erkenntnis, dass bei der großen Mehrheit aller zur Sekundärversorgung überwiesenen Patienten mit Glutensensitivität eine NCGS diagnostiziert wurde und dass diese Patienten weitaus seltener an Mangelernährung oder Autoimmunstörungen litten als Zöliakiepatienten.“
Laut Sanders sollten Ärzte bei Patienten, die sich mit Symptomen einer Glutenunverträglichkeit bei ihnen vorstellen, zunächst mit Bluttests und bei Bedarf auch per Gastroskopie und Dünndarmbiopsie eine Zöliakie ausschließen.

Zwei Typen der refraktären Zöliakie identifiziert

Refraktäre Zöliakie ist definiert als andauernde oder wiederkehrende schwere Enteropathie mit symptomatischer Malabsorption bei Patienten, bei denen eine Zöliakie sicher diagnostiziert wurde und deren Symptome trotz einer seit mindestens zwölf Monaten eingehaltenen glutenfreien Diät weiterbestehen, ohne durch andere Erkrankungen oder eine Glutenkontamination erklärt werden zu können. Schätzungen zufolge entwickelt etwa 1% aller Zöliakiepatienten eine Resistenz gegenüber einer glutenfreien Diät und wird mit refraktärer Zöliakie diagnostiziert.
Bislang hielt man die refraktäre Zöliakie für eine einzige Erkrankung. Inzwischen jedoch glaubt man, zwei verschiedene Formen der Erkrankung mit jeweils unterschiedlichen Entstehungsmechanismen identifiziert zu haben: Die refraktäre Zöliakie vom Typ 1 ähnelt der unkomplizierten aktiven Zöliakie und geht wahrscheinlich auf eine selbstperpetuierende Entzündung aufgrund einer Autoimmunreaktion zurück. Die refraktäre Zöliakie vom Typ 2 ähnelt einem niedrigmalignen Lymphom, wobei sich anomale Lymphozyten in der Darmschleimhaut ansammeln. „Die Prognose für Patienten mit refraktärer Zöliakie vom Typ 2 ist besonders schlecht, da sie Gefahr laufen, eine schwere Unterernährung sowie ein offenes Lymphom zu entwickeln. Fatalerweise entwickeln einige Typ-1-Patienten mit der Zeit eine refraktäre Zöliakie vom Typ 2 und damit auch das entsprechende Lymphomrisiko“, erläuterte Dr. Georgia Malamut von der Universität Paris Descartes, Frankreich5. Ein vielversprechender Therapieansatz bei refraktärer Zöliakie vom Typ 2 ist die Blockierung von IL-15 mithilfe von Antikörpern, da neuere Ergebnisse darauf schließen lassen, dass IL-15 an der Akkumulation anomaler Lymphozyten bei diesen Patienten mit beteiligt sein könnte.

Hepatitis C: neue interferonfreie Therapien

Interferonfreie Therapien mit dem Potenzial, eine große Zahl von Patienten zu heilen, lassen Hepatologen und andere Spezialisten aufhorchen und wecken neue Hoffnung, Hepatitis-C-infizierte Patienten vor Leberschäden bewahren zu können. Prof. Dr. Heiner Wedemeyer, Medizinische Hochschule Hannover, Deutschland: „In den nächsten beiden Jahren werden mehrere interferonfreie Therapien zugelassen. Sie zeigen Heilungsraten von bis zu 90% bei Patienten mit Hepatitis C Typ 1. Bei Patienten mit anderen Virustypen oder mit Leberzirrhose und bei Patienten, die nicht auf eine Interferonbehandlung angesprochen haben, sind die Erfolgsraten dieser neuen Therapien niedriger“. Wie bei der HIV-Therapie scheint die Zukunft wohl in der Kombination verschiedener, direkt wirksamer, antiviraler Wirkstoffe zu liegen, die das Virus auf unterschiedlichen Wegen attackieren6.

Quelle:
Pressemitteilungen der UEGW 2013

Literatur:

1 Moser G et al., Am J Gastroenterol 2013; 108:602–609

2 Jess T, Gastroenterology 2011; 141:1549–62

3 Vande Casteele N et al., Final results of the TAXIT study. Präsentation auf der UEG Week 2013. Abstract UEG13-ABS-2468

4 Aziz I et al., The population prevalence of self-reported gluten sensitivity and referral characteristics to secondary care.Präsentation auf der UEG Week 2013. Abstract UEG13-ABS-1738

5 Malamut G et al., Gastrointest Endoscopy Clin N Am 2012; 22:759–72

6 Wedemeyer H, Nat Rev Gastroenterol Hepatol 2013; 10:76–78