Grippe oder grippaler Infekt?

Atemwegsinfektionen gehören zu den häufigsten Infektionskrankheiten und haben insbesondere in der kalten Jahreszeit Hochsaison. Bis es gehäuft zu Grippefällen kommt, also zu Infektionen mit Influenzaviren, dauert es meistens etwas länger: Januar und Februar gelten als die Hauptmonate. Warum die Grippe vor allem im Winter auftritt, wissen Forscher noch nicht. Vermutlich breiten sich die Viren bei kalten Temperaturen besonders gut aus. Zudem halten sich die Menschen verstärkt in Räumen auf und haben engeren Kontakt zueinander.
Jeden Winter treten neben vielen grippalen Infekten auch Erkrankungen an saisonaler Influenza auf. Diese hochfieberhafte Viruserkrankung wird durch verschiedene Typen (zum Beispiel: Subtyp A/H1N1, A/H3N2 oder Influenza B) von Influenzaviren ausgelöst. Influenza-A-Viren sind für die zumeist schweren weltweiten epidemischen Ausbrüche verantwortlich. Influenza-B-Viren zeigen ein ähnliches Profil, mit manchmal höheren endemischen Belastungen. Eine aktuelle Übersicht der jeweiligen Influenzasituation wird von der WHO und dem CDC regelmäßig zur Verfügung gestellt (www.who.int/influenza/gisrs_laboratory/flunet/en/). Der Influenzastamm C nimmt epidemiologisch eine untergeordnete Stellung ein.
Das Influenzavirus sieht im Elektronenmikroskop wie ein Seeigel aus. Allerdings sind die „Stacheln“ in ihrer Form und Funktion sehr spezifisch. Diese Spikes oder Peplomere genannten Fortsätze sind bei den Influenza-A-Viren von besonderem Interesse. Sie bestehen aus den Proteinen Hämagglutinin (HA) und Neuraminidase (NA). In der Natur existieren 15 verschiedene Subtypen dieses HA (HA1 bis HA15), die alle bei Vögeln gefunden werden. Nur drei davon (HA1, 2 und 3) haben es bisher geschafft, sich an den Menschen zu adaptieren und Bestandteil der Pandemieviren 1918 (H1), 1957 (H2) beziehungsweise 1968 (H3) zu werden. Das bei Vogelgrippe isolierte Oberflächenprotein hat die Bezeichnung H5.
Mittels Hämagglutinin verschafft sich das Virus Zugang in fremde Zellen, es ist quasi der Schlüssel, mit dem das Virus reinkommt. Neuraminidase hat ebenfalls eine Art „Schlüssel-Funktion“, denn mit ihrer Hilfe kann das Virus die befallene Zelle wieder verlassen (genau hier setzen übrigens die Neuraminidasehemmer an, die das Virus beim Verlassen der Zelle behindern, das Virus bleibt sozusagen in der Zelle gefangen und kann sich im Organismus nicht weiter ausbreiten. Die Behandlung mit Neuraminidasehemmern verhindert also nicht die Infektion, sondern die Ausbreitung, und muss deshalb innerhalb der ersten 36 Stunden der Krankheit begonnen werden).
Als Tröpfcheninfektion erfolgt die Übertragung von Mensch zu Mensch durch Einatmen des Virus (Husten, Niesen) oder durch Berühren von Mund, Nase oder Augen mit verunreinigten Händen. Kinder weisen eine höhere Viruslast auf, stellen eine größere Ansteckungsgefahr dar und sind bereits in der Inkubationsphase, die wenige Tage beträgt, hochansteckend und bleiben es bis zu einer Woche, in Einzelfällen auch länger. Kinder in Kindergärten und Schulen sind so für die Ausbreitung der Influenza in der kalten Jahreszeit hauptverantwortlich.
Die saisonale Influenza geht mit plötzlich beginnendem Krankheitsgefühl, hohem Fieber, Husten, Muskel-, Glieder- und Kopfschmerzen einher und kann auch zu schweren Komplikationen wie zum Beispiel Lungenentzündung oder Herzmuskelentzündung führen. Immer wieder sterben Personen an der saisonalen Influenza und ihren Spätfolgen: Jährlich sterben in Europa viele tausend Menschen an Influenza und deren Folgen, in Österreich wird die Zahl auf etwa 1.000 pro Jahr geschätzt; vor allem Personen über 60 Jahren sind besonders gefährdet. Die echte Grippe ist also eine ernstzunehmende Krankheit.

Der grippale Infekt

Im Unterschied zur Influenza können grippale Infekte durch viele verschiedene Krankheitserreger wie Rhinoviren, Coronaviren oder Adenoviren ausgelöst werden. Die üblichen Symptome sind Schnupfen, Husten und erhöhte Temperatur, die in der Regel nach einer Woche von selbst abklingen. Die Erreger werden in Form einer Tröpfcheninfektion durch Husten oder Niesen übertragen oder gelangen über verunreinigte Hände auf die Schleimhäute. Gefördert wird das Infektionsrisiko durch kühles und feuchtes Wetter, das die Atemwegsschleimhäute belastet und empfindlicher macht.

Schutzmaßnahmen – Impfempfehlungen

Spezielle Schutzmaßnahmen gegen grippale Infekte gibt es nicht. Einzelne Beschwerden können mit den gängigen Mitteln aus der Apotheke zumindest gelindert werden. Im Gegensatz dazu kann bei der saisonalen Influenza mittels Schutzimpfung einer Infektion vorgebeugt werden.
Den besten Schutz gegen die saisonale Influenza bietet die Impfung, die jährlich im Herbst durchgeführt wird. Da sich die Oberfläche der Viren laufend ändert, ist es notwendig, den Influenzaimpfstoff jährlich anzupassen und herzustellen. Aus diesem Grund ist der Impfschutz einer saisonalen Influenzaimpfung jährlich zu erneuern.

 

Besonders empfohlen wird die Impfung unabhängig vom Alter für:

  • Personen mit Herz- und Kreislauferkrankungen
  • Personen mit Krankheiten der Atemwege
  • Personen mit chronischen Nierenerkrankungen
  • Diabetiker
  • Personen mit Immundefekten
  • Personen mit chronischen neurologischen Erkrankungen und körperlicher Bewegungseinschränkung
  • Personen, die einem erhöhten Ansteckungsrisiko ausgesetzt sind, zum Beispiel Gesundheitsberufe, Kindergarten- und Lehrpersonal und Berufstätige in Arbeitsbereichen mit vielen Personenkontakten
  • Betreuungspersonen und Angehörige von gefährdeten Personen (zum Beispiel kranke Kinder, Bewohner von Altersheimen)

Die häufigste Komplikation einer Influenzaerkrankung ist die Pneumonie. Das Influenzavirus selbst kann dabei zur primären Pneumonie führen, die sich in einer Verschlechterung des Allgemeinzustandes ein bis zwei Tage nach dem Beginn der Grippeerkrankung äußert. Es kann aber auch sein, dass sich Bakterien direkt an Influenzaviren binden, was zu einer bakteriellen Superinfektion führt. Die Pneumonie kann als Folge dieser Superinfektion auftreten. Auf die Bedeutung von Hustenmitteln sei in diesem Zusammenhang verwiesen, sowohl bei sehr starkem Reizhusten als auch bei stark verschleimten Atemwegen.