Herausforderungen in der Schmerztherapie

Um chronischen Schmerz handelt es sich, wenn die Beschwerden länger als drei Monate anhalten und zu körperlichen und psychischen Einschränkungen führen.
Im Gegensatz zu akuten Schmerzen, die eine Warnfunktion haben, für Schonung sorgen und dadurch eine Heilung begünstigen (periphere Sensibilisierung), haben chronische Schmerzen keine Aufgabe und können sich zu einem eigenständigen Krankheitsbild entwickeln (zentrale Sensibilisierung). Auch andere zentrale Schmerzverarbeitungen können dadurch in anderen Körperregionen, die von denen, an denen die ursprüngliche Verletzung oder Erkrankung aufgetreten ist, abweichen, Schmerzen verursachen. In diesem Stadium haben sich die Schmerzen verselbstständigt, und oft ist der ursprüngliche Auslöser gar nicht mehr erkennbar.

Schmerzanamnese

Eine exakte Schmerzanamnese mit einer körperlichen Untersuchung kann die Schmerzursache identifizieren und eine Schmerzdiagnose ermöglichen. Wichtig ist es, die Patient:innen als „Ganzes“ zu sehen, d. h., dass man die Vormedikation durchsehen muss, auf Interaktionen von Medikamenten achten und auch gleichzeitig die Nebenwirkungen zu Beginn einer Schmerztherapie abdecken muss. Dazu gehören eine regelmäßige Einnahme nach einem fixen Zeitschema sowie eine individuelle Dosierung mit kontrollierter Dosisanpassung. Bei Einleitung einer Schmerztherapie müssen zunächst die Nebenwirkungen zu Beginn einer Schmerztherapie berücksichtigt und den Patient:innen kommuniziert werden, um durch eine adäquate Prophylaxe (Adjuvanzien) die Compliance zu erhöhen.

Auswahl des Analgetikums

Die Auswahl eines Analgetikums richtet sich nach Ursache und Stärke des Schmerzes, Dauer der Behandlung und nach den zu erwartenden Nebenwirkungen abhängig vom Schweregrad des Schmerzes. Eine differenzierte Analgetika-Anwendung berücksichtigt pharmakodynamische und pharmakokinetische Eigenschaften. Das mögliche Nebenwirkungsrisiko muss in einem vertretbaren Verhältnis zum therapeutischen Nutzen stehen. Die gleichzeitige Verwendung zweier Substanzen derselben Wirkstoffklasse ist nicht sinnvoll.

Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)

Unter den Nichtopioiden (WHO-Stufe I, Abb.) kommen vor allem NSAR zur Anwendung, die analgetisch, antiphlogistisch und antipyretisch wirken. Eine Langzeiteinnahme von NSAR ist prinzipiell zu vermeiden; wenn dies nicht möglich ist, sind Protonenpumpenhemmer zu verordnen, um das Risiko gastrointestinaler Komplikationen zu minimieren. Metamizol und Paracetamol als Nichtopioide haben keine antiphlogistische Wirkung. Metamizol weist zusätzlich eine spasmolytische Komponente auf und ist bei geriatrischen Patient:in-nen und jenen mit Nieren- und Herzinsuffizienz für die Langzeitanwendung geeignet. Es ist neben Paracetamol bei antikoagulierten Patient:innen Mittel der ersten Wahl. Spezifische COX-2-Hemmer (Coxibe, Parecoxibe) stellen eine weitere Möglichkeit dar.

Opioide

Es gibt schwache und starke Opioide (WHO-Stufe II und III, Abb.), die oftmals in retardierter Form mit Rescue-Medikation verschrieben werden. Eine Rescue-Medikation bietet die Möglichkeit, mit Hilfe eines nichtretardierten Opioids in Tabletten- oder flüssiger Form über ein transmukosales System oder transnasal bei bestehender Therapie mit retardierten Opioid-Präparaten den Durchbruchsschmerz zu beherrschen. Codein als schwaches Opioid kommt nur mehr selten zum Einsatz, da die Substanz weniger gut steuerbar ist und keine Rescue-Medikation vorhanden ist. Ein oft verwendetes schwaches Opioid ist Tramadol als Retard-Präparat mit Rescue-Form als Tropfen oder Tabletten.

Bei den starken Opioiden kommen vor allem Buprenorphin und Hydromorphon zum Einsatz. Jede Opioid-Dosierung muss individuell ermittelt werden. Ziel ist eine Verordnung nach einem festen Zeitplan entsprechend der Wirkdauer des verordneten Präparats, was die Gefahr einer Toleranzentwicklung herabsetzt. Die oft irrationale Angst vor einer möglichen Sucht durch Opioide ist unbegründet (psychische Abhängigkeit ist nicht gegeben). Körperliche Abhängigkeit entwickelt sich bei langdauernder Anwendung potenter Opioide relativ häufig, was bei plötzlichem Absetzen zu Entzugssymptomen führen kann. Dies wird durch langsames Ausschleichen über etwa 2 Wochen verhindert. Eine Atemdepression tritt bei individuell titrierter Gabe nicht auf. Bei Unverträglichkeit kann eine Opioid-Rotation zu einer Verbesserung führen. Nebenwirkungen können durch vorbeugende Maßnahmen und Begleitmedikation vermieden werden.

Praxismemo

  1. Eine etwaige Vormedikation sowie die Interaktion mit anderen Medikamenten sind zu berücksichtigen.
  2. Metamizol und Paracetamol sind bei antikoagulierten Patient:innen Mittel der ersten Wahl
  3. Opioide werden üblicherweise in retardierter Form mit Rescue- und Begleitmedikation verschrieben.