Höhere Komplikationsrate in der Schwangerschaft

Das metabolische Syndrom wird neben Rauchen als entscheidender Risikofaktor für Erkrankungen der arteriellen Gefäße betrachtet und wird durch Adipositas, arterielle Hypertonie, Hypercholesterinämie bzw. Hypertriglyzeridämie sowie eine Insulinresistenz bzw. gestörte Glukosetoleranz definiert.
Aufgrund der steigenden Rate an übergewichtigen bzw. adipösen Frauen im reproduktiven Alter hat das metabolische Syndrom neben seinen bekannten Langzeitkomplikationen einen besonderen Stellenwert bei Frauen mit Kinderwunsch bzw. während der Schwangerschaft. So sind laut Statistik Austria 9,1 % der Frauen zwischen 30 und 45 Jahren adipös und 21,1 % zumindest übergewichtig. Die Rate hat sich innerhalb der letzten 25 Jahren drastisch erhöht. Insbesondere ein präkonzeptionell erhöhter BMI ist mit zum Teil schwerwiegenden Komplikationen der Schwangerschaft assoziiert. So erhöht sich das Risiko für eine Präeklampsie ums 6-Fache, für eine schwangerschaftsinduzierte Hypertonie (SIH) ums 3-Fache und für einen Gestationsdiabetes (GDM) ums 5-Fache. Eine bereits präkonzeptionell bestehende Adipositas geht weitaus häufiger mit Komplikationen in der Schwangerschaft einher als eine starke Gewichtszunahme während der Schwangerschaft. Ursachen sind primär eine hyperkalorische Ernährung sowie Bewegungsmangel. Die Behandlung zielt daher außerhalb der Schwangerschaft primär auf die Reduktion der Adipositas im Sinne einer Lifestyle-Modifikation ab. Zusätzlich ist eine medikamentöse Therapie der Hypertonie, Hypertriglyzerid- und Hyperglykämie notwendig.

Das metabolische Syndrom in der Schwangerschaft

Es ist bereits seit längerer Zeit bekannt, dass hypertensive Erkrankungen der Schwangerschaft mit einer Adipositas assoziiert sind. Eine retrospektive Arbeit hat normalgewichtige Frauen mit Frauen mit moderater und schwerer Adipositas verglichen und eine signifikante Assoziation zwischen Adipositas und SIH, Präeklampsie und HELLP-Syndrom nachweisen können. Im Rahmen einer großen retrospektiven Analyse wurde bei 287.213 Einlingsschwangerschaften (27,5 % moderat und 10,9 % ausgeprägt adipös) das maternale und fetale Schwangerschaftsoutcome analysiert. Die Autor:innen fanden heraus, dass u. a. ein GDM sowie eine Präeklampsie bei schwangeren Frauen mit einem BMI > 25 signifikant häufiger auftreten. Ein Ersttrimesterscreening sowie regelmäßige Präeklampsiescreenings im Laufe der Schwangerschaft sind empfehlenswert.

Lifestyle-Modifikation

Eine präkonzeptionelle Gewichtsreduktion ist die beste Möglichkeit für ein verbessertes Schwangerschaftsoutcome. Eine Lifestyle-Modifikation hat einen positiven Effekt auf metabolische und proinflammatorische Prozesse beim Feten. Bereits ein geringer Gewichtsverlust von 10 % des BMI ist mit einem geringeren Risiko an Präeklampsie, Gestationsdiabetes, Makrosomie und intrauterinen Fruchttod assoziiert. Neben den bereits erwähnten Schwangerschaftskomplikationen besteht außerdem auch das erhöhte Risiko einer Adipositas der Nachkommen im Kindes-bzw. Jugendalter. Interessanterweise scheint auch eine Adipositas des Kindsvaters einen Einfluss auf die Nachkommen zu haben. Es scheint daher naheliegend, dass – zumindest in Bezug auf die Adipositas des Kindes – eine Lebensstil-Modifikation mit präkonzeptionellem Gewichtsverlust durch Ernährungsumstellung und körperliche Betätigung nicht nur der Mutter, sondern auch dem Vater empfohlen werden sollte.

Metformin

Das Biguanid-Präparat Metformin ist ein orales Antidiabetikum und wird zunehmend im klinischen Alltag eingesetzt. Mittlerweile gibt es auch einige Hinweise, dass Metformin das Risiko einer fetalen Makrosomie reduziert und damit in weiterer Folge die Rate an Kaiserschnitten senkt. Bei Patientinnen mit polyzystischem Ovar-Syndrom, die Metformin im Rahmen der Kinderwunschbehandlung zur Fertilitätsverbesserung erhalten haben, soll diese Therapie in der Schwangerschaft weitergeführt werden. Eine große Studie über das Langzeitoutcome zeigte beim Kind eine günstigere Fettverteilung zugunsten des subkutanen Fettanteils, der eine positive Prädisposition bzgl. des Risikos für die Entwicklung einer Insulinresistenz im weiteren Leben haben könnte. Mittlerweile wurde auch die Verwendung von Metformin – ähnlich wie Aspirin – zur Vorbeugung der Präeklampsie mehrfach postuliert. In Österreich handelt es sich hier aber um eine sogenannte „Off-Label“-Verordnung, über welche die Patientin gesondert aufgeklärt werden muss.

Mikrobiom

Es ist bereits seit längerer Zeit bekannt, dass das Mikrobiom des Darms eine entscheidende Rolle in der Entwicklung der Adipositas, der adipositasassoziierten inflammatorischen Prozesse sowie der Insulinresistenz hat. Der Einsatz von Probiotika insbesondere bei adipösen Schwangeren als Prophylaxe einer Präeklampsie sowie bei der Behandlung eines Gestationsdiabetes scheint daher eine veritable Möglichkeit zu sein.

Vitamin D

Studien zeigen, dass ein Defizit an Vitamin D zu einer verminderten Insulinproduktion und erhöhten Insulinresistenz führt. Zusätzlich soll es auch mit dem metabolischen Syndrom assoziiert sein. Aufgrund eines bekannten erhöhten Bedarfs an Vitamin D während der Schwangerschaft und der Tatsache, dass adipöse Menschen mehr Vitamin D benötigen als normalgewichtige, ist insbesondere bei Frauen mit einem metabolischen Syndrom auf eine suffiziente Vitamin-D-Supplementierung während der Schwangerschaft zu achten.

Entbindung

Schwangere mit einem metabolischen Syndrom sollten frühzeitig in einer Spezialambulanz vorstellig werden, die Entbindung sollte nach Möglichkeit in einer Geburtsklinik mit Neonatologie erfolgen. Eine stationäre Aufnahme vor Entbindung ist nur bei zusätzlichen geburtshilflichen oder metabolischen Komplikationen indiziert. Die Indikationen zur Einleitung unterscheiden sich grundsätzlich nicht von denen stoffwechselgesunder Schwangerer, der Geburtstermin sollte jedoch nicht überschritten werden. Der Nutzen einer Einleitung vor Termin bei Verdacht auf Makrosomie bzw. einer elektiven primären Sectio zur Reduktion des Risikos für Schulterdystokie und Plexusparese wird kontrovers diskutiert. Diabetes ist per se keine Indikation zur primären Sectio. Bei einem Schätzgewicht von über 4.500 g ist jedoch eine primäre Sectio zu erwägen.