Impfen 2017 – Was ist neu?

Die Erhaltung und Verbesserung der Gesundheit des Menschen ist ein erklärtes gesundheitspolitisches Ziel. Für Univ.-Prof. Dr. Ursula Wiedermann-Schmidt, wissenschaftliche Leiterin des Österreichischen Impftages und Leiterin des Instituts für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der MedUni Wien, zählt das Impfen zu jenen medizinischen Maßnahmen, die diesem Konzept der Erhaltung und der Förderung der Gesundheit besonders gerecht werden. Die Frage, die als Motto für den Impftag 2017 diente, „Gesunde Gesellschaft – gehört Impfen noch dazu?“ sei daher uneingeschränkt mit „Ja“ zu beantworten, so Wiedermann-Schmidt.
Einer der Schwerpunkte beim diesjährigen Impftag, der am 14. Jänner 2017 im Wiener Austria Center stattfand, war die Auseinandersetzung mit dem Thema Impfen in Anbetracht der heutigen Gesellschaftsstrukturen und warum sozialer Zusammenhalt mehr denn je für den Erfolg von Impfprogrammen wichtig ist – denn nur wenn die Durchimpfungsraten in der Bevölkerung hoch sind, ist die Erhaltung und Verbesserung der Gesundheit gesichert.

 

 

Sorgenkind Masern

Im Rahmen des Impftages 2017 präsentierte Priv.-Doz. Dr. Pamela Rendi-Wagner, Sektionsleiterin, Sektion III – Öffentliche Gesundheit & Medizinische Angelegenheiten, Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, aktuelle Zahlen zur nationalen Durchimpfungsrate. Den Fokus legte sie dabei auf Masern, da es hier in den vergangenen Jahren in Europa und speziell in Österreich immer wieder zu größeren Ausbrüchen gekommen war.
Ein Blick auf die Masernaktivität in Österreich über die letzten 15 Jahre zeigt: 2008 war mit über 400 Fällen ein Rekordjahr. Aber auch 2015 erkrankten wieder über 300 Menschen in Österreich an Masern; damit war Österreich nach Slowenien „Spitzenreiter“ in Europa. 7% der Betroffenen waren Personen aus Gesundheitsberufen. Rendi-Wagners Botschaft: „Wir alle sind in die Verantwortung zu nehmen, damit wir nicht eine Gefahrenquelle für die Patienten darstellen.“ Die meisten Masernfälle wurden im Frühling und Sommer 2015 verzeichnet, im Herbst zeigte sich bereits ein deutlicher Rückgang.
2016 pendelte sich die Zahl glücklicherweise wieder auf einem niedrigeren Niveau ein, mit 28 dokumentierten Masernfällen. „Wenn wir die Durchimpfungsraten mittel- und kurzfristig allerdings nicht heben können, werden wir in den nächsten Jahren den nächsten Gipfel erleben müssen“, prophezeite Rendi-Wagner.
Unter den dokumentierten Masernfällen befanden sich besonders viele Kleinkinder (1–4 Jahre). Ebenfalls hohe Fallzahlen – wenngleich niedriger als bei den Kleinkindern – fanden sich in der Gruppe der Schulkinder sowie der jungen Erwachsenen (20–29 Jahre). Die große Mehrheit der Masernfälle betraf Personen, die gar nicht oder unvollständig geimpft waren.

Masern-Durchimpfungsraten

Mit Hilfe eines von Mathematikern der TU Wien entwickelten dynamischen agenten-basierten Simulationsmodells können zahlreiche unterschiedliche Einzelheiten und Eigenschaften von Bevölkerungsgruppen in die Berechnungen mit einfließen und die Bevölkerung so in einem Modell möglichst der Wahrheit entsprechend abbilden.
In dem Modell zeigte sich, dass bei den 2–5-Jährigen 6,3% gar nicht und 12% nur einmal geimpft waren. Für die 6–14-Jährigen ergab sich ein etwas besseres Bild, da der Impfstatus häufig bis zum 5. oder 6. Lebensjahr komplettiert wird. In der Gruppe der 15–30-Jährigen waren 5% gar nicht und über 30% unvollständig geimpft. Legt man das in absolute Zahlen um, fehlen zur Erreichung des WHO-Ziels (95%-Durchimpfungsrate) aktuell pro Jahr fast 4.500 Kinder, die bisher gar nicht geimpft sind, und fast 17.000 Kinder, die nur einmalig geimpft sind.
Zusätzlich sind viele der 15–30-Jährigen noch kein zweites Mal gegen Masern geimpft. „Die Ergebnisse zeigen, dass die Österreicher ihre Kinder zwar impfen lassen, aber viel zu spät. Um das WHO-Ziel zu erreichen, müssten die MMR-Impfungen früher und konsequenter zweimalig erfolgen“, fasste Rendi-Wagner zusammen.
Die Studie zeigte aber auch, dass die Immunität der Bevölkerung relativ hoch ist. Angesichts der gegenwärtigen Durchimpfungsraten müsste man nämlich eigentlich mit viel höheren Masernfallzahlen rechnen.

 

 

Neuerungen im Impfplan 2017

Um die beschriebene Masernproblematik in den Griff zu bekommen, wird die Masern-Mumps-Röteln-Impfung im neuen Impfplan bereits ab dem vollendeten 9. Lebensmonat empfohlen. „Die Botschaft lautet: So früh wie möglich impfen!“, erklärte Rendi-Wagner, denn jeder Monat Verzögerung sei ein riskanter Monat.
Darüber hinaus kommt es inhaltlich 2017 zu keinen gravierenden Änderungen, da die Umstellung auf den neuen 9-valenten Impfstoff gegen humane Papillomaviren (HPV) im kostenfreien Impfkonzept bereits im Sommer 2016 erfolgte. Komplett neu gestaltet wurde die Übersichtstabelle zum Impfplan Österreich 2017. Statt der bisher getrennten Tabellen zum empfohlenen kostenfreien und zum empfohlenen, aber kostenpflichtigen Impfprogramm, gibt es nun einen gemeinsamen Tabellenteil mit altersspezifischen Impfempfehlungen. Die kostenfreien und kostenpflichtigen Impfungen sind farblich klar voneinander unterschieden, ebenso wie die Grundimmunisierungen von den Auffrischungsimpfungen. Auch wurden die gesamten Literaturverweise überarbeitet und erlauben so eine noch bessere Nachvollziehbarkeit der Evidenzen.

 

Ein Plakat der Übersichtstabelle zum Impfplan 2017 steht, ebenso wie die ausführliche Version des Impfplanes, auf der Website des Gesundheitsministeriums zum Download bereit:
www.bmgf.gv.at/home/Impfplan