Initiative Schönheit & ästhetische Medizin: „Guat schaust aus …!“

Ein weiblich voller Busen, ein rundlicher Po, weiche Gesichtsformen mit vollem Mittelgesicht und einladenden Lippen und Fettpölsterchen an der rechten Stelle – körperliche Gesundheit und Jugendlichkeit wird nicht nur durch Faltenlosigkeit und muskulösen Körperbau sowie positive persönliche Ausstrahlung, sondern ganz wesentlich durch schmeichelnde Volumina aus Fett an entscheidenden Stellen und im richtigen Maß vermittelt. Nicht zuletzt basiert ein ästhetisch ansprechendes Äußeres abgesehen von der Bedeutung annähernder Symmetrie und Struktur der Haut ganz wesentlich auf der optimalen Verteilung von Fett.
International mag es Unterschiede im Ideal hinsichtlich des Körpervolumens oder der angestrebten Brustgröße geben, bei der instinktiven Wahrnehmung der Zeichen des Alterungsprozesses und den Bestrebungen, jugendlicher, saft- und kraftvoller wirken zu wollen, sind wir uns global sehr einig. Volumsverluste im Gesicht, dünne Haut an Hals und Händen, Augenringe, eingefallene Wangen, Schläfen oder Oberlider lassen uns trotz ausreichenden Urlaubs, Gesundheit und glücklicher Beziehung einfach alt aussehen. Der Anteil derer, die trotz Eustress und positiver Gesamtlebensbilanz im eigenen Spiegelbild nicht mehr ihre subjektiv empfundene Kraft und Lebensfreude finden, ist groß.
Die Suche nach Möglichkeiten, natürlich und schonend dem Alterungsprozess oder manchem ästhetischen Unbill zu Leibe zu rücken, ist so alt wie die Menschheit. Unsere moderne Epoche erhebt zudem den Anspruch, eine Rejuvenation oder andere ästhetische Korrekturen natürlich, nachhaltig und komplikationsarm zu erreichen, und dies ohne auf Kunststoffe oder industriell gefertigte Ersatzstoffe zurückgreifen zu müssen.

Die ersten Schritte …

Erste Versuche, fehlendes Volumen an diversen Körperregionen durch Fett zu ersetzen, wurden schon vor mehr als 100 Jahren gemacht. 1893 berichtet Gustav Neuber im Zentralblatt für Chirurgie von der „Rekonstruktion der Orbita nach Osteomyelitis durch Haut-Fettstücke vom Oberarm“, und Vinzent Czerny beschreibt den erfolgreichen „plastischen Ersatz der Brustdrüse“ durch ein Lipom, das vom Gesäß entnommen wurde. Letztlich waren die Ergebnisse inkonsistent und frustrierend. Der Weg über die Verwendung von nicht-humanen Fetten wie Paraffin, entweder pur oder vermischt mit Vaseline, Olivenöl und Ähnlichem führte zu Nekrosen, chronisch entzündlicher Schwellung und sogenannten Paraffinomen, bis hin zu schwerwiegenden Komplikationen wie Lungenembolien. Ein Kopfschütteln ob dieser heute doch skurril anmutenden Methoden ist allerdings völlig unangebracht, da noch bis vor wenigen Jahren Anwendungen von Substanzen wie Silikonölen und ungeeigneten permanenten Fillern an Lippen, Wangen und Brüsten oft in einem ähnlichen Desaster endeten wie die augmentativen Ausflüge unserer fachlichen Vorgänger.
Eugene Hollaender berichtete schließlich 1910 in der Münchner Medizinischen Wochenschrift erstmals über einen „Fall von fortschreitendem Schwund des Fettgewebes und seinem kosmetischen Ersatz durch Menschenfett“. Verbesserung und Stabilisierung und letztlich eine gewisse Reproduzierbarkeit der Ergebnisse ließ sich auf die Verwendung von sterilem Fett zurückführen, wobei Sterilität durch mehrstündiges wiederholtes Kochen des Fettes erzielt wurde. Zur Stabilisierung der Flüssigkeit verwendete Hollaender Hammelfett. Auch diese optimistisch publizierte Methode wurde wieder verlassen, und die Auseinandersetzung mit Fett als geeignetem Volumsersatz geriet – nach einem kurzen Zwischenhoch durch die Beschreibung der erfolgreichen Transplantation von Fettgewebe in ganzen Stücken durch Eric Lexer – letztlich ins Stocken.
Fett wurde in der Ästhetik eher zum Symbol alles Verwerflichen – im wahrsten Sinn des Wortes; wurde doch bei Facelifts, Straffungsoperationen und Lidkorrekturen alles Fett mitentfernt, und die Aspirate bei Liposuktionen als wertloser Abfall schlichtweg entsorgt.
Allerdings beschrieb bereits 1926 Charles Conrad Miller seine Erfahrungen mit der Fettinfiltration mittels hohler Metallkanülen durch kleine Löcher. Kleine Öffnungen anstelle von großen Inzisionen schien als Fortschritt erkannt, allerdings ließ man sich von der geringen Einheilungsrate des transferierten Fettes entmutigen.
Als Sidney Coleman in den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts erfolgreich eine Methode zur schonenden Fettgewinnung und den Transfer von kleinen Fettteilchen durch Metallkanülen bekanntgemacht hatte, begann in der plastischen Chirurgie eine revolutionäre Entwicklung.
In der Zwischenzeit haben wissenschaftliche Untersuchungen nicht nur die sanfte Entnahmetechnik als Grundvoraussetzung zum Gelingen identifiziert. Auch das Vorhandensein von sowohl maturen Fettzellen (MA) als auch mesenchymalen Stammzellen, den adipose-derived stem cells (ADSC) sind Vorraussetzung für das Gelingen. Durch die Anreicherung des Transplantates mit Stammzellen scheinen bessere Ergebnisse erzielbar zu sein. Derzeit gibt es keinen Standardtest, um die Haltbarkeit des Transplantates zu evaluieren. Die Präsenz von Stammzellen ist essenziell für das Gelingen, die Verwendung von Lokalanästhetika hat keinen Einfluss auf das Ergebnis. Ob das Aspirat zentrifugiert oder gewaschen wird, scheint keinen Unterschied zu machen. Je nach Entnahmestelle undr Empfängerregion ist mit einer Einheilungsrate um die 50% bei idealer Technik zu rechnen.

Enorme Einsatzbreite von Eigenfett

Im ästhetischen Bereich hat sich die Rejuvenation des Gesichtes oder die Augmentation der äußeren Schamlippen etabliert, ebenso wie die Handverjüngung. Andere Indikationen wie Penis- oder Gesäßvergrößerung sowie die Simulation von Pektoralismuskulatur gehören zum Repertoire. Angiogenetische und antiinflammatorische Eigenschaften des Fettes sind maßgeblich für eine deutliche Verbesserung des Hautbildes nach einem Lipotransfer und mit auch Grundlage der mittlerweile breiten Anwendung der Technik in der rekonstruktiven Chirurgie.
Bei bestehendem Augmentationswunsch an der Brust hat sich die Methode zur echten Alternative zum kleinen Silikonimplantat entwickelt. Eine Vergrößerung um eine Körbchengröße ist möglich, allerdings manchmal erst in mehreren Sitzungen. Obschon ADSC nicht mehr omnipotent sind, hat der Transfer dieser Stammzellen in die Brust Bedenken hinsichtlich der Risikoerhöhung zur Entwicklung eines Mammakarzinoms geweckt. Insbesondere der in vitro gelungene Nachweis, dass aus mesenchymalen Stammzellen epitheliale Zellen entstehen können, hat beunruhigt. Letztlich gibt es allerdings auch in großen Untersuchungsreihen derzeit keinerlei Hinweis darauf, dass ein Lipotransfer das Brustkrebsrisiko erhöht. Bei stattgehabtem Karzinom wurde eine Tendenz zur Steigerung der Lokalrezidivrate lediglich bei Zustand nach DCIS beschrieben, dies jedoch ohne Signifikanz.
Der Vorteil einer Eigenfetttransplantation an der Brust bei moderatem Vergrößerungswunsch ist evident. Es handelt sich um körpereigenes Gewebe, das dem normalen Stoffwechsel unterliegt und somit auch Gewichtsschwankungen völlig natürlich mitmacht, und das Risiko einer Impantatruptur oder Kapselfibrose fällt weg. Formkorrekturen bei leichten Asymmetrien, moderaten tubulären Veränderungen oder geringgradiger Ptose sind möglich. Richtig angewendet führt die Methode zu einem ansprechenden, natürlichen Ergebnis. Es kann zur Ausbildung von Ölzysten kommen, selten zur sogenannten vollständigen „Ölbrust“, die klinisch hart, schmerzhaft und inflammiert imponiert und meist auf eine suboptimale Technik zurückzuführen ist.
Schwere Komplikationen wie ausgedehnte Infektionen oder die Entwicklung von Hautnekrosen durch Embolie sowie ein Erblinden bei Anwendung in der Augenregion durch einen embolischen Verschluss der A. centralis retinae sind sehr selten. Häufiger sind länger anhaltende Schwellungen, Hämatome, oder Konturstörungen an der Entnahmestelle.Der Lipotransfer ist heute ein etabliertes, sehr sicheres Verfahren, dessen Potenzial in der ästhetischen Chirurgie noch nicht ausgeschöpft ist. Die rezentesten Entwicklungen in der Anwendung von Mikro- oder Nanofett halten das Tor für weitere Indikationen offen. Letztlich mag es unter diesen Aspekten vielleicht einfacher sein, so manches ungeliebte Fettpölsterchen am Körper etwas wohlwollender und nicht nur als energetische, sondern auch als ästhetische Reserve zu betrachten.