Kassenpraxis kann geprobt werden

Die aktuelle Lage spricht für solche Modelle. Fünf Kassenstellen für Allgemeinmediziner sind derzeit im Bundesland Salzburg ausgeschrieben. Zwei davon bereits österreichweit. Die Lehrpraxis – hier läuft gerade ein Modell in Vorarlberg mit Teilung der Kosten zwischen Bund, Bundesland und Ärzteschaft und weiterhin bestehender Anstellung der Ärzte im Krankenhaus an – soll hier noch während der Turnusausbildung einen Kontrapunkt setzen.

Nach dem Turnus

Doch dem österreichischen Gesundheitswesen gehen auch Kassenärzte mit Jus practicandi verloren. Wer traut es sich zu, und wer will wirklich als Hausarzt im Kassensystem tätig werden?
„Es gibt hier Ärzte mit Jus practicandi, die es sich einfach nach dem Turnus noch nicht zutrauen, sich um eine Kassenstelle zu bewerben. Sie fühlen sich noch nicht genug sattelfest“, sagte jetzt Dr. Christoph Fürthauer, Obmann-Stellvertreter der Kurie der niedergelassenen Ärzte in der Salzburger Ärztekammer, auch Referent der Ärzte für Allgemeinmedizin in Salzburg, im Gespräch mit der Ärzte Krone.
So setzte man sich mit der Salzburger Gebietskrankenkasse (SGKK) zusammen, um einen Vertrag über ein „erweitertes Jobsharing“ auszuhandeln. Daraus wurde dann mit Anfang des Jahres die so genannte „Weiterbildungspraxis“. „Die Zusatzvereinbarung 2013–2015 ist zweifellos eine der innovativsten seit vielen Jahren. Sie versucht im Rahmen der Möglichkeiten eines Krankenversicherungsträgers einer Reihe von Problemen, nicht zuletzt bei der Besetzung von Stellen zu begegnen, indem sie den Beruf des Kassenarztes (vor allem im Fach Allgemeinmedizin) nicht nur, aber auch finanziell deutlich attraktiver macht, flexiblere Praxismodelle ermöglicht und im Falle der Vakanz von Vertragsstellen auftretende Härten zumindest finanziell erleichtert“, hieß es dazu in einem Rundschreiben der SGKK.
Die Jobsharing-Praxis-Vereinbarung soll jungen Ärzten für Allgemeinmedizin die Chance bieten, nach dem Turnusdienst und nach dem Erhalt des Jus practicandi hautnah die Praxis in einer Kassenordination eines Hausarztes kennenzulernen – und sich dann vor allem für Landarztstellen zu bewerben.
Fürthauer: „Eine Kassenpraxis als Allgemeinmediziner bedeutet ja eine ganz spezielle Herausforderung, eine besondere Arbeitsweise.“

Auf ein Jahr befristet

Und so läuft das ab: Der Arzt mit einer §2-Kassenpraxis, der eine solche Jobsharing-Praxis mit einem Jungarzt realisieren möchte, stellt bei der Salzburger Ärztekammer einen formlosen Antrag. Kammer und Gebietskrankenkasse begutachten dann die Voraussetzungen. So muss die Praxis pro Woche mindestens 20 Stunden Ordinationsbetrieb an fünf Tagen haben. Es müssen mindestens zwei Nachmittagsordinationen erfolgen. Für den Kassenpraxisinhaber bedeutet das auch, dass er mindestens 50% der Ordinationszeiten pro Abrechnungsquartal in der Praxis sein muss.
Die Weiterbildungspraxis in Salzburg ist prinzipiell auf ein Jahr begrenzt. Fürthauer: „Der junge Arzt arbeitet maximal zwölf Monate im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses bei dem älteren Kollegen mit. Nimmt er dann aber eine frei werdende Kassenstelle nicht an, verliert er lediglich das Recht im Rahmen dieses Modells weiterzuarbeiten.“
Der Obmann-Stellvertreter der Kurie der niedergelassenen Ärzte im Bundesland Salzburg betont auch die Vorteile für den älteren, etablierten Kassen-Hausarzt: „Der Jobsharing-Arzt, der dazukommt, bedeutet eine große Entlastung. Er kann ja selbstverantwortlich arbeiten. Der ältere Kollege kann sich zum Beispiel um bestimmte Patienten besonders kümmern, mehr Vorsorgeuntersuchungen machen etc.“ Für das Dienstverhältnis ist ein „freier Dienstvertrag“ vorgesehen. Eigens geregelt wurde auch die Frage der Honorarlimits in solchen Praxen. So orientiert man sich bei der Fallwertbegrenzung an Vergleichspraxen. Keine Frage allerdings ist, dass auch dieses Modell im Vergleich zu ähnlichen Regelungen in Deutschland bezüglich der Dotierung schlechter dasteht. Das Gehalt des jüngeren Arztes zahlt nämlich ausschließlich der Betreiber der Jobsharing-Praxis. Der Salzburger Standesvertreter: „In Deutschland bekommt der Arzt mit dem Kassenvertrag, in dessen Hausarztpraxis der jüngere mitarbeitet, pro Monat so an die 3.000 Euro von der Krankenkasse bezahlt. In den meisten europäischen Ländern werden die Gehaltskosten für den Ausbildungsarzt von der öffentlichen Hand oder den Krankenkassen übernommen.“