Leberzirrhose: Erkrankungskomplikationen beherrschbar

Die wesentlichen Komplikationen der Leberzirrhose ergeben sich durch die Komplikationen der portalen Hypertension wie Varizenblutung, Aszites, spontan bakterielle Peritonitis, hepatorenales Syndrom oder hepatische Enzephalopathie.

Varizenblutung

Während vor 30 Jahren durch konservative Therapiemethoden, Implantation einer Sengstaken-Sonde und die ersten endoskopischen Therapieverfahren wie Sklerosierung der Ösophagusvarizen die Mortalität einer aktiven Varizenblutung im Bereich von 30–50 % lag, konnte durch die multimodale Therapie diese Mortalität einer Initialblutung deutlich unter 20 % gesenkt werden.

Management der akuten Varizenblutung: Wenn Patienten mit Verdacht auf Varizenblutung und Hämatemesis eingeliefert werden, sollte sobald wie möglich eine medikamentöse Therapie mit vasoaktiven Medikamenten zur Supprimierung des Splanchnikusblutflusses und somit der Varizen begonnen werden. Diesbezüglich sind zwei Substanzen in Verwendung: Somatostatin als Perfusor mit6 mg/50 ml mit 4,2 ml/h und einem Bolus von 500 µg sowie Terlipressin als Perfusor mit 6 Ampullen/50 ml > 3 ml/h intravenös (= 1,44 mg in vier Stunden) oder 1–2 mg intravenös alle vier Stunden. Zeitgleich soll eine antibiotische Therapie begonnen werden, Chinolone oder Amoxicillin + Clavulansäure sind dabei am besten untersucht und senken Mortalität und Reblutungswahrscheinlichkeit, aber vor allem die bakteriellen Infektionen im Rahmen der Blutung mit einer „number needed to treat“ von 5.
Die Blutungstillung wird in erster Linie endoskopisch durchgeführt. Diese sollte innerhalb der ersten zwölf Stunden nach Beginn der Blutungssymptome erfolgen: bei Ösophagusvarizen mit Gummibandligatur, bei Fundusvarizen in erster Linie mit Histoacryl®-Injektion. Dies ermöglicht bei einem Großteil der Patienten eine erfolgreiche Stillung. Sollte diese nicht oder nur kurzfristig wirksam sein, ist ein zweiter endoskopischer Therapieversuch indiziert. Sollte die Blutstillung (abermals) nicht erfolgreich sein, hat zur Überbrückung die Implantation eines Danis-Stents (ein selbstexpandierender, wiederentfernbarer Stent, der ohne endoskopische oder radiologische Hilfe gesetzt werden kann) aufgrund der Möglichkeit, weiter zu endoskopieren oder den Patienten enteral zu ernähren, die Sengstaken-Sonde abgelöst. Eine rasche TIPS-Implantation, mit oder ohne vorhergehende Danis-Stent-Implantation, führt in hohem Maße zur endgültigen Blutstillung und ist gleichzeitig eine gute Sekundärprophylaxe gegen eine neuerliche Blutung. Chirurgische Verfahren kommen als Rescue-Methoden in Frage.

Blutungsprophylaxe: Entscheidend in der Prognose der Patienten mit Leberzirrhose ist nicht alleine das Stillen der aktiven Blutung, sondern auch das Verhindern einer erstmaligen oder neuerlichen Varizenblutung: Unbehandelt liegt das Risiko einer neuerlichen Blutung innerhalb des ersten Jahres bei > 60 %.
In der Primärprophylaxe sollten die therapeutischen Überlegungen entweder die Therapie mit einem nichtkardioselektiven Beta-blocker (Propranolol, mind. 80 mg Tagesdosis oder Carvedilol, mind. 6,25 mg Tagesdosis) und/oder die prophylaktische Varizenligatur beinhalten. Der Vorteil der Betablocker liegt vor allem in den zusätzlichen positiven Effekten der Pfortaderdrucksenkung auf Aszitesbildung, Enzephalopathie und Auftreten einer spontan bakteriellen Peritonitis.
In der Sekundärprophylaxe ist die Kombination aus Ligatur und Betablockern in den aktuellen Konsensus-Guidelines die Methode der Wahl. Allerdings hat die „Early TIPS“-Studie, publiziert im „New England Journal of Medicine“ 2010, gezeigt, dass die früh (innerhalb von 72 Stunden) durchgeführte TIPS-Implantation einen signifikanten Vorteil hinsichtlich Reblutung und Mortalität gegenüber der in den Guidelines propagierten Kombinationstherapie von Betablockern und Ligatur hat.
Zudem besteht die Möglichkeit, eine mittels indirekter Pfortaderdruckmessung gesteuerte Blutungspropyhlaxe durchzuführen. Der Benefit dieses Konzepts hinsichtlich Reblutung und Überleben gegenüber der aktuellen Standardkombinationstherapie ist in randomisierten Studien schon in Abstract-Form belegt. Die Reblutungswahrscheinlichkeit ist für Responder auf Betablocker (Druckabfall um mindestens 20 % im Vergleich zu Ausgangsmessung oder auf weniger als 12 mmHg Lebervenendruckgradient) in den meisten Studien noch niedriger als für Patienten nach TIPS-Implantation.

Aszites

Die Säulen der Aszitestherapie stellen nach wie vor eine Kochsalzrestriktion (100 % auf > 2 mg/dl) dar, in weiterer Folge die diuretische Therapie mit einem Spironolacton (bis 400 mg Tagesdosis) sowie Furosemid (bis 160 mg Tagesdosis). Hyponatriämie (Na+-Abfall > 10 mmol/l auf < 125 mmol/l) oder eine Kaliumentgleisung ( 6 mmol/l) sind dabei mögliche Probleme, weshalb eine Steigerung oft nicht möglich ist. 10 % der Patienten gelten als „therapierefraktär“, definiert entweder durch fehlende Gewichtsabnahme (> 0,8 kg innerhalb von vier Tagen), fehlende Steigerung der Natriumausscheidung, ein frühes Aszitesrezidiv innerhalb von 2–3 Wochen oder punktionspflichtiger Aszites öfter als 1/Monat.
Für diese Patienten ist die TIPS-Implantation die Methode der Wahl, sofern der Child-Pugh-Score nicht > 12 ist, keine spontanen Enzephalopathieepisoden auftreten, keine spontan bakterielle Peritonitis zum Zeitpunkt der Implantation aufgetreten ist, keine Rechtsherzbelastung in der Echokardiografie vorliegt und zudem keine komplette Pfortaderthrombose in einer CT-Angiografie nachgewiesen werden kann. Alternativ bleibt dann nur die Lebertransplantation oder chirurgische Verfahren, wie zum Beispiel Denver-Shunts.

Spontan bakterielle Peritonitis (SBP)

Einer der häufigsten Gründe für eine Dekompensation bei Leberzirrhose, vor allem bei therapierefraktären Aszites, ist die spontan bakterielle Peritonitis. Bei Vorliegen einer Zirrhose sollte deshalb bei jeder Aufnahme, wenn Aszites besteht, eine diagnostische (und gegebenenfalls therapeutische) Aszitespunktion erfolgen, da bei 20 % aller Zirrhotiker eine SBP besteht. Von diesem Kollektiv haben 50 % schon bei Aufnahme eine SBP, 50 % entwickeln eine SBP während des Aufenthaltes. Wichtig ist es, Kulturen aus dem Aszites in Blutkulturmedien abzufüllen und gleichzeitig Blutkulturen und Zellzahl/Differenzialblutbild zu bestimmen. Ein ANC > 250/µl ist diagnostisch. Antibiotika werden bei Überschreitung empirisch gegeben. Cephalosporine der 3. Generation (zum Beispiel Cefotaxim) oder Amoxicillin + Clavulansäure sind indiziert und deren Wirkung am besten belegt. Nach zwei Tagen sollte eine neuerliche Blutabnahme erfolgen, ein Abfall um weniger als 25 % des Ausgangs-ANC gilt als Therapieversagen. Sowohl für die Primär-, besonders aber für die Sekundärprophylaxe einer SBP gibt es gute Daten, allerdings führt eine generelle Handhabung unwiderruflich zum Anstieg der Resistenzen, weshalb diese Strategien Patienten mit hohem Risiko vorbehalten sein sollte. Chinolone oder Rifaximin sind validierte Antibiotika in der Prophylaxe, ein Aszitesprotein < 10 mg/l ist Voraussetzung. Betablocker sollten nach einer SBP-Episode abgesetzt werden.

Nierenversagen/hepatorenales Syndrom

Komplikationen der Leberzirrhose wie Varizenblutung, spontan bakterielle Peritonitis, akute alkoholische Fettleberhepatitis oder eine vollständige Aszitespunktion ohne Volumenexpansion mit Albumin können in 5–30 % ein akutes Nierenversagen hervorrufen. Beim hepatorenalen Syndrom werden zwei Typen unterschieden: Typ 1 ist das akute, schwere Nierenversagen, das mit mehr als 90 %Mortalität nach sechs Monaten vergesellschaftet ist, währendTyp II vorwiegend durch den diuretikaresistenten Aszites klinisch bestimmt ist. Die Suche nach Infektionsquellen, Pausieren von kaliumsparenden Diuretika, nur geringe Flüssigkeitssubstitution (1l/Tag),Vasokonstriktoren (Vasopressin/Glycylpressin 0,5–2 mg/4 h oder Noradrenalin 0,5–3 mg/h) in Kombination mit Albumin intravenös sind die Grundpfeiler der Therapie. Die Lebertransplantation, extrakorporale Therapieverfahren bei Typ I beziehungsweise TIPS bei Typ II des HRS sind bei Versagen der vasokonstriktorbasierten Therapie oft der letzte Ausweg.

Hepatische Enzephalopathie

Die oft vernachlässigte Diagnostik beinhaltet neben dem Zahlenverbindungstest (Reitan-Test) als kostengünstigste Methode vor allem die Objektivierung mittels kritischer Flimmerfrequenz (CFF). Diese ist in Österreich jedoch meist nur in Schwerpunktzentren vorhanden.
Therapeutisch wurde das Spektrum gerade in den letzten Jahren maßgeblich erweitert. Der Mythos des Effekts proteinarmer Ernährung wurde hingegen zu Grabe getragen. Neben Flüssigkeit, Lactulose (1–3 EL/Tag), L-Ornithin-L-Aspartat (9–18 g Tagesdosis) konnte vor allem für Rifaximin (3-mal 400 mg/Tag) durch die gut mikrobiotamodulierenden Eigenschaften ein signifikanter Erfolg in Therapie und Prophylaxe der Enzephalopathie belegt werden. Erfolgsversprechend scheinen auch der Einsatz von Probiotika sowie der interventionell-radiologische Verschluss spontaner portosystemischer Shunts.

Vorstellung zur Lebertransplantation

Bei Patienten jünger als 70 Jahre ± Hepatom innerhalb der Mailand-Kriterien (1 Herd 15 beziehungsweise einem Child-Pugh-Score > 8muss die Möglichkeit und Sinnhaftigkeit einer Lebertransplantation evaluiert werden. Die Schweregradeinschätzung mittels Scores ist allerdings für eine Listung nicht immer ausreichend beziehungsweise zielführend. Fluktuationen der Laborparameter, zum Beispiel bei alkoholischer Lebererkrankung oder Virushepatitis (vor allem Hepatitis B) sowie Indikationen zur Transplantation, die durch den MELD-Score nicht entsprechend gewichtet werden, sind dafür verantwortlich. Dazu gehören zum Beispiel Pruritus, hepatopulmonales Syndrom, portopulmonale Hypertension, Zystenleber, cholangio-zelluläres Karzinom oder hepatische Enzephalopathie.

Quelle: Update Universum Innere Medizin 9/13

 

Wissenswertes für die Praxis

Bei Patienten mit Leberzirrhose:

  • Alle 6 Monate Ultraschall, Abdomen und Alpha-1-Fetoproteinzum Hepatomscreening
  • Bei Patienten mit Varizen: Blutungsprophylaxe mit nichtkardioselektiven Betablockern: Carvedilol mit 6,25–12 mg tgl. hilft besser als Propranolol 80 mg tgl. (40 mg, 1-0-1) und wird zudem besser vertragen
  • Gastroskopie zum Varizenscreening alle 2–3 Jahre
  • Bei Aszites: salzarme Kost, Diuretika der Wahl sind Spironolacton (max. 400 mg Tagesdosis) und Furosemid (max. 160 mg Tagesdosis) in Kombination