Mehr als Prävention: Internistische Sportheilkunde

Wer sich viel bewegt, leidet seltener unter Hypertonie, verbessert sein Risikoprofil und vermindert dadurch die Rate an kardiovaskulären Ereignissen.1 Bewegung wirkt sich aber auch positiv auf bereits vorliegende internistische Erkrankungen aus. Aktuelle Evidenz und Trainingsempfehlungen für Patienten mit COPD, Herzinsuffizienz oder Vorhofflimmern sind im Folgenden zusammengefasst.

COPD

Die Datenlage zeigt einen starken positiven Effekt von pneumologischer Rehabilitation und Trainingstherapie bei Patienten mit COPD.2, 3 Der größte Benefit lässt sich bei Patienten mit moderatem und schwerem Erkrankungsstadium erzielen, es profitieren aber auch jene in weniger fortgeschrittenen Stadien.4 Ein unmittelbarer Start der Rehabilitation nach Hospitalisierung aufgrund einer akuten Exazerbation hat sich als sicher und effektiv erwiesen. Nicht nur die Rehospitalisierungsrate (p = 0,002), sondern auch die Mortalität (p = 0,02) konnte signifikant gesenkt werden.5 Diese Wirkung konnte bisher noch bei keiner medikamentösen Therapien für COPD gezeigt werden.6 Für das Trainingsprogramm wird eine Kombination aus Ausdauer- und Krafttraining empfohlen. Dabei soll eine lokale muskuläre Ausbelastung der trainierten Muskulatur erreicht werden.7 In einer Metaanalyse mit 750 COPD-Patienten konnte für ein kombiniertes Training im Vergleich zum alleinigen Ausdauerprogramm eine signifikant größere Verbesserung der Lebensqualität (p = 0,005) und Beinkraft (p < 0,001) gezeigt werden.8 Neuere Daten einer randomisierten kontrollierten Studie weisen zudem darauf hin, dass insbesondere bei fortgeschrittener COPD die Patienten von einem Intervalltraining profitieren können.9

Herzinsuffizienz

Auch bei Patienten mit Herzinsuffizienz kann körperliches Training die Leistungsfähigkeit und die gesundheitsbezogene Lebensqualität verbessern. Ein Cochrane Review mit 33 Studien und insgesamt 4.740 Patienten zeigte, dass durch körperliches Training eine Reduktion der Hospitalisierungen, eine Verbesserung der Lebensqualität sowie ein Trend zur Mortalitätssenkung erreicht werden kann. In den großen randomisierten Studien gab es bei Patienten mit Herzinsuffizienz kein Signal für ein Sicherheitsproblem durch körperliches Training. Es gibt demnach eine eindeutige Empfehlung für regelmäßiges Ausdauertraining. Wie dieses Training genau aussehen soll, hängt von den individuellen Limitationen des Patienten ab. Als Faustregel gilt: mindestens 20 Minuten 3-mal pro Woche. Der Patient sollte dabei mittelgradig außer Atem sein, sich aber nicht in die völlige Erschöpfung treiben, sondern die Intensität entsprechend reduzieren oder pausieren.10

Vorhofflimmern

Der Zusammenhang zwischen Sport und Vorhofflimmern (VHF) ist vielschichtig und noch nicht vollständig geklärt. Körperliche Bewegung bei Patienten mit VHF hat einen antiarrhythmischen Effekt und kann zu einer verbesserten Lebensqualität beitragen. Durch regelmäßige Bewegung kommt es zu einer Reduktion der sympathischen Aktivität, Verbesserung der systolischen und diastolischen Funktion und zur Verkleinerung des linken Vorhofs.11, 12 Bei VHF-Patienten reduziert regelmäßige Bewegung die Häufigkeit von VHF-Episoden und verbessert die Lebensqualität.11 Eine Studie aus Norwegen untersuchte bei 51 Patienten mit nichtpermanentem VHF den Benefit von 12 Wochen regelmäßigem Intervalltraining. Es zeigte sich eine Reduktion von VHF-Episoden um die Hälfte, eine verbesserte Lebensqualität und ein Trend zu einer geringeren Hospitalisierungs- und Kardioversionsrate.13 Derzeit liegt noch nicht die nötige Evidenz vor, um spezifische Empfehlungen zu Intensität und Art der körperlichen Betätigung bei Patienten mit VHF zu formulieren. Aktuell gelten daher die allgemeinen Empfehlungen von mindestens 150 Minuten moderater Bewegung oder 75 Minuten intensivem Training pro Woche.14, 15 Bestehende strukturelle Herzerkrankungen oder andere einschränkende Komorbiditäten sollen dabei berücksichtigt werden.

Diabetes

In allen Leitlinien stehen Lebensstilmodifikationen an erster und oberster Stelle in der Behandlung des Typ-2-Diabetes. Bereits vor 15 Jahren konnte in großen Studien gezeigt werden, dass durch eine intensive Lebensstilmodifikation im Sinne einer Gewichtsreduktion und Steigerung der körperlichen Aktivität bei mehr als der Hälfte der Patienten eine gestörte Glukosetoleranz rückgängig gemacht werden kann. Auch in der DIRECT-Studie16 führte ein radikales Gewichtsreduktionsprogramm bei Diabetespatienten zu einem nachhaltigen Therapieerfolg. In der Interventionsgruppe konnte bei 46 % der Patienten nach einem Jahr eine Diabetesremission erreicht werden. Bei einer Gewichtsreduktion von 0–5 kg erreichten 7 % eine Diabetesreduktion. Bei über 15 kg Gewichtsabnahme hatten dagegen 86 % der Patienten eine komplette Diabetesremission. Dass sich durch Spazierengehen ein positiver Effekt auf das koronare Risiko bei Älteren mit Diabetes erzielen lässt, zeigte eine weitere rezente Studie.17 Jene Personen mit einer Diabeteserkrankung, die täglich mehr als 2,4 km zu Fuß absolvierten, konnten ihr Risiko für eine koronare Herzerkrankung auf das eines Gesunden reduzieren. Mit zunehmender Gehdistanz nahm die Risikoreduktion bei Diabetespatienten weiter zu.

1 Andersen K et al., Eur Heart J 2013; 34(47):3624–31

2 Ries AL et al., Chest 2007; 131:4S–42S

3 McCarthy B et al., Cochrane Database Syst Rev 2015; 2: CD003793

4 Kenn K et al., Transplantation 2015; 99:1072–7

5 Puhan MA et al., Cochrane Database Syst Rev 2011: CD005305

6 Gillissen A et al., Dtsch Arztebl Int 2016; 113:311–6

7 Fisher J et al., Medicina Sportiva 2011; 15:147–62

8 Liao WH et al., Respir Care 2015; 60:1130–45

9 Gloeckl R et al., J Heart Lung Transplant 2012; 31:934–41

10 Mörtl D et al., Ärzte Krone 2018; 18:10–12

11 Elliott AD et al., Heart Rhythm 2017; 14(11):1713–20

12 Morseth B et al., Eur J Prev Cardiol 2018; 25(6):624–36

13 Malmo V et al., Circulation 2016; 133(5):466–73

14 Kirchhof P et al., Eur Heart J 2016; 37(38):2893–2962

15 Piepoli MF et al., Eur Heart J 2016; 37(29):2315–81

16 Lean et al., Lancet 2018; 391(10120):541–551

17 Kimata C et al., Geriatrics (Basel) 2018; 3(2)