Nachfolgepraxis: Modell mit Mängeln

Wunderschönes Modell: Um eine Neubesetzung von Ordinationen in der Kassenmedizin zu gewährleisten, geeignete Nachfolger mit entsprechender Vor-Ort-Erfahrung zu haben und gleichzeitig dem Übergebenden, lang gedienten (Allgemein-)Mediziner zu garantieren, dass sich Engagement und Investitionen bis zuletzt auszahlen, handelten die Ärztekammern das Modell der Nachfolgepraxis aus.
Mittlerweile ist die Sache gut etabliert. Dr. Harald Breitfuß, Allgemeinmediziner und Landarzt in Flachau, schildert seine Erfahrungen: „Ich bin gebürtiger Mühlbacher (Salzburg, Anm.) und hatte in Innsbruck studiert. Nach Praxisvertretungen wollte ich die niedergelassene Praxis.“
Es begann mit einer Vertretung bei Dr. Rudolf Kirchner, viele Jahre lang „der“ Hausarzt von Flachau und Umgebung, im Winter zusätzlich ständig in der Versorgung der mannigfachen Probleme der Skitouristen (natürlich bis hin zur Unfallmedizin) tätig. Breitfuß: „Im Sommer 2008 hat mir Dr. Kirchner dann einen Jobsharing-Vertrag angeboten. Wir wollten das ein Jahr lang einmal ausprobieren.“
Das Ziel: dann eventuell eine Übergabepraxis drei Jahre lang gemeinsam zu führen. Die erste Hürde, so der nunmehrige Nachfolger in Flachau: „Die Übergabepraxis muss neu ausgeschrieben werden. Ich habe versucht, möglichst viele Punkte zu bekommen. Es hat dann geklappt.“
Ein Faktum, das ein Schlaglicht auf die gegenwärtige Situation bei der Nachbesetzung von Landarztordinationen wirft: „So groß war das Interesse der Kollegenschaft gar nicht.“ Wichtig, so Breitfuß: „Dr. Kirchner und ich haben einen privatwirtschaftlichen Vertrag unterzeichnet, in dem alle wichtigen Punkte wie Arbeitsaufteilung, Finanzielles, Übergabemodalitäten etc. exakt festgelegt wurden.“
Dann ging’s ans gemeinsame Arbeiten. Hier gab es in Salzburg aber deutliche Einschränkungen. Der Allgemeinmediziner: „Erstens gelten alle Limitierungen des Kassenvertrages für einen Arzt in der jeweiligen Praxis, andererseits darf die Honorarsumme nur um maximal 10% steigen. Es gibt also ein weiteres, progressives Limit. Ich habe natürlich als junger Arzt mit Ausblick auf die zu übernehmende Stelle möglichst viel gearbeitet und auch neue Dinge, zum Beispiel den Ultraschall, hereingebracht.“ Hinzu kam, dass in der Umgebung durch die Neubesetzung einer Landarztstelle plötzlich auch noch „von außen“ Patienten dazukamen. Fazit, so Breitfuß: „Durch die Limitierungen haben wir viele Patienten quasi kostenlos behandelt. Und ich erhielt Anfang 2013, als ich die Praxis dann voll übernahm, eine saftige Rückforderung der Salzburger Gebietskrankenkasse – und zwar für 2012, als wir noch zu zweit gearbeitet hatten. Außerdem sind gerade jetzt am Anfang, meine Belastungen durch Kreditaufnahme etc. besonders hoch.“
Unterstützung erhielt der Flachauer Allgemeinmediziner von der Ärztekammer. Auch bei der Salzburger GKK fand man bei den Verhandlungen Verständnis. In Zukunft soll über Übergangspraxen kein Damoklesschwert mehr hängen. Und Breitfuß meint: „Mittlerweile gehen die Honorarumsätze der Praxis wieder zurück. Ich arbeite jetzt eben allein.“
Gute Erfahrungen macht man mit einem ähnlichen Modell in Oberösterreich. „Bei uns ist das streng geregelt. Zumeist läuft eine Nachfolge-Gruppenpraxis ein Quartal, manchmal auch länger“, sagte Dr. Wolfgang Ziegler von der Kurie der niedergelassenen Ärzte in Oberösterreich.
Mag. Martin Keplinger vom Kammeramt der OÖ Ärztekammer: „Die Nachfolge-Gruppenpraxis ‚rennt‘ bei uns gewaltig und ist eine Win-win-Situation für beide Partner. Im Vorjahr wurden in Oberösterreich 53 Nachfolgepraxen ausgeschrieben. Am häufigsten laufen sie drei Monate, möglich ist das aber bis zu 36 Monate. Der Juniorpartner bekommt in Oberösterreich ein Gehalt von der Gebietskrankenkasse.“