Neues aus der Blutdruckforschung

Die Forschung zu Bluthochdruck und dem Einfluss auf kardiovaskuläre Erkrankungen läuft weltweit auf Hochtouren. Die jährlichen Meetings der European Society of Hypertension (ESH) sind daher stets das ideale Forum, den State-of-the-Art zu präsentieren und Diskussionen zu aktuellen Forschungsarbeiten durchzuführen. Auch beim 25. European Meeting on Hypertension and Cardiovascular Protection in Mailand wurden wieder zahlreiche neue Erkenntnisse und spannende Untersuchungsergebnisse vorgestellt.
Der Vergleich zwischen der Messung zu Hause vs. einer ambulanten Messung zeigte in einer chinesischen Studie den bekannten Weißkitteleffekt. Bei älteren Menschen, gleichgültig ob sie zuvor bereits gegen Bluthochdruck behandelt wurden oder nicht, war der Effekt stärker ausgeprägt. Männer messen zu Hause seltener den Blutdruck als Frauen, der Weißkitteleffekt ist allerdings nicht geschlechtsspezifisch. Ein anderes interessantes Detail zur Blutdruckmessung ging aus dem Highcare Alps Project hervor. Hier untersuchte man die Messgenauigkeiten in verschiedenen Höhen. Die Unterschiede waren kleiner als angenommen. Die signifikante Abweichung zwischen Messung auf dem Meeresspiegel und größer Höhe betrug nie mehr als 4 mmgHg. Klinisch relevante Unterschiede zwischen Messmethoden gab es keine.
Die morgendliche Messung des Blutdrucks zu Hause hat einer Studie zu Folge eine hohe Aussagekraft auf kardiovaskuläre Ereignisse. Das Auftreten von Schlaganfällen war bei einem morgendlichen Blutdruck von 145–155 mmHg signifikant erhöht verglichen mit einem Wert von < 125 mmHg. Bei Messung des Blutdrucks an den beiden Oberarmen werden vor allem bei Hypertonikern oftmals signifikante Unterschiede festgestellt. Eine Metaanalyse, für die sieben große Studien seit 2012 herangezogen wurden, zeigt die schlechte Prognose solcher Patienten. Übersteigt die Inter-Arm-Differenz 10 mmHg, sind die kardiovaskuläre Mortalität sowie die Gesamtsterblichkeit erhöht.

Einfluss von Lebensstilfaktoren

Applikationen für den Freizeitsport sind heute gefragter denn je und an Body-Monitoringgeräten kommt man in Elektronikgeschäften kaum noch vorbei. Diesen Trend können auch Gesundheitsberufe in ihrer täglichen Praxis bei Aufklärungen und zur Therapiebegleitung nutzen. Tägliches Gehen verringert den systolischen Blutdruck, wie man in einer französische Studie feststellte. Zu diesem Zweck wurde ein Datenpool aus 19.000 Personen analysiert, die allesamt Aktivitätstrackern und drahtlosen Blutdruckmessgeräten besaßen und diese in ihrer Freizeit nutzten. Analysen zeigten eine inverse Assoziation zwischen der Zahl der täglich gegangenen Schritte und dem systolischen Blutdruck sowie zwischen der Anzahl der Tage, an denen Bewegung gemacht wurde und dem systolischen Blutdruck. Dies galt für beide Geschlechter. Einen Effekt auf die vaskuläre Funktion übten in einer Studie mit jungen Probanden tägliche 45-minütige Aerobic-Einheiten aus. Schon nach vier Wochen sank der Blutdruck signifikant. Effektiv in der Senkung eines erhöhten Blutdrucks erweisen sich auch Programme zum Stress-Management und zu Lebensstiländerungen.
Interessant sind einige Aspekte, die bezüglich Nahrungsmittelinhaltsstoffen vorgestellt wurden. Bei Probanden im Alter von 18–45 Jahren, die an Hypertonie litten, war der Kaffeekonsum linear mit kardiovaskulären Ereignissen assoziiert. Dies galt für moderate Kaffeetrinker (ein bis drei Tassen pro Tag) ebenso wie für starke Kaffeetrinker (mehr als drei Tassen pro Tag). Die Studienautoren empfehlen jungen Bluthochdruckpatienten eine Reduktion des Kaffeekonsums. Inwieweit andere Lebensstilfaktoren die Gesundheit beeinträchtigten, ging nicht hervor. Eine andere Studie wiederum zeigte einen negativen Zusammenhang zwischen dem arteriellen Blutdruck und Koffein-, Paraxanthin- und Theophyllinausscheidung. Die Ergebnisse dieser Studie legten nahe, dass Koffein und seine Metaboliten den Blutdruck senken können, indem sie die Gefäßsteifigkeit reduzieren. Wenig erfolgreich hingegen war eine achtwöchige Studie, in der den Teilnehmern mit leichtem Bluthochduck täglich 20 g einer Flavanol-reichen Schokolade verabreicht wurden. Es gab keine signifikanten Änderungen des Blutdrucks oder der vaskulären Funktion.
Die Inzidenz von Bluthochdruck liegt in Populationen mit hoher Salzaufnahme über jener von Populationen mit niedrigerem Konsum. Japanische Wissenschaftler ermittelten bei einer täglichen Aufnahme von mehr als 9 g bei Männern und über 7,5 g bei Frauen eine Hazard Ratio von 1,25. Bei den angegebenen Werten 9 g und 7,5 g handelt es sich um Empfehlungen des japanischen Gesundheitsministeriums für die Kochsalzzufuhr. In Europa hat der Gesetzgeber 6 mg pro Tag als Referenzwert festgelegt. Unabhängig von der Höhe der Zufuhr stellten japanische Wissenschaftler fest, dass auch die jährliche Veränderung des Salzkonsums mit dem Auftreten von Bluthochdruck korreliert. Eine Zunahme der Salzaufnahme führt also unabhängig von der Aufnahme im Zeitraum davor zu einer Erhöhung des Risikos für Bluthochdruck. Schon kleine Differenzen wirken sich signifikant aus.

Aktuelle Forschung zu Risikofaktoren

Erhöhte inflammatorische Marker wie das C-reaktive Protein (CRP) und Interleukin-6 (IL-6) sind als kardiovaskuläre Risikofaktoren bekannt. Im Rahmen einer Studie aus Südafrika identifizierte man suPAR (soluble urokinase plasminogen activator receptor) als Risikomarker für Mortalität allgemein sowie für kardiovaskuläre Mortalität. Eine spanische Studie ergab wieder einmal den Beweis für den Zusammenhang zwischen Harnsäure und systolischem Bluthochdruck, diesmal bei jungen männlichen Probanden. Im Vergleich zu normotensiven Probanden zeigten sich bei hypertensiven Teilnehmern auch signifikante Harnsäurewerte. Der Zusammenhang besteht unabhängig von anderen Stoffwechselfaktoren.
Diabetes mellitus ist bei gleichzeitigem Auftreten von Bluthochdruck mit einer höheren Inzidenz von asymptomatischer Carotisstenose und schwerwiegenden kardiovaskulären Ereignissen assoziiert. Empagliflozin reduzierte bei Dosierungen von 10 mg und 25 mg signifikant den systolischen Blutdruck von Diabetes-Typ-2-Patienten. In einer anderen 24-wöchigen Studie zeigte Empagliflozin in diesen Dosierungen positive Effekte auf den Blutdruck, arterielle Gefäßsteifigkeit und vaskuläre Resistenz. Der systolische Blutdruck sank um 3,6 mmHg, der diastolische um 1,3 mmHg.
Die linksventrikuläre diastolische Funktion bei übergewichtigen Patienten mit arterieller Hypertension wurde durch eine Kombination des ACE-Inhibitors Lisinopril mit dem Calciumantagonisten Amlodipin (L+A) verbessert. Dies galt auch für die Kombination aus Perindopril plus Amlodipin (P+A), allerdings war die L+A-Behandlung stärker assoziiert mit der Verbesserung des E/Em Verhältnisses und damit auf Senkung des LV-Füllungsdruckes.
Abseits des Blutdrucks wurden auf dem ESH-Kongress auch die Ergebnisse einer Studie festgestellt, in der man Vitamin D an Patienten der Rheumatoiden Arthritis (RA) mit einem Mangel an eben diesem Vitamin verabreichte. Die Supplementierung zeigte nach zwölf Wochen Wirkung und führte zu reduzierten Symptomen der RA und verbesserten Entzündungswerten. Damit könnte Vitamin D auch das kardiovaskuläre Risiko dieser Patientengruppe reduzieren.