Ordnung für Wahlarzt-Honorarersatz!

Jede Krankenkasse mit einer eigenen Honorarordnung und teilweise unterschiedlichen Leistungen. Was in Österreich bei den Versicherten ohne Wahlmöglichkeit ihrer Krankenkasse auf Unverständnis stoßen kann, wirkt sich offenbar teilweise noch krasser beim Kostenersatz der Wahlarzthonorare aus. Das hat jetzt die steirische Ärztekammer inklusive der steirischen Arbeiterkammer (AK) auf die Barrikaden getrieben.
„Wir haben das Problem schon vor einiger Zeit aufgegriffen. Es eine Klage eines Patienten. Der Prozess ging in erster und zweiter Instanz verloren. Aber jetzt gibt es zu diesem Thema eine einstimmige Entschließung der AK Steiermark. Sie hat sich der Angelegenheit angenommen“, sagte der Vizepräsident der steirischen Ärztekammer, Dr. Martin Millauer, gegenüber der Ärzte Krone. Er ist Wahlarzt in Stainz.
Darum geht es: Auch in der Steiermark sind in den vergangenen Jahren die Wahlärzte immer bedeutsamer für die Versorgung der Patienten in der niedergelassenen Praxis geworden. Dr. Martin Millauer, Wahlarztreferent in der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK): „Wir haben in der Steiermark rund 970 niedergelassene Kassenärzte und 640 hauptberufliche Wahlärzte. Ich bin als Internist einer davon und betreue ein Einzugsgebiet von rund 13.00 Patienten. Während die Wiener Gebietskrankenkasse (GKK) beispielsweise 80% der Wahlarzthonorare refundiert, sind es bei der steirischen GKK nur 30%.“ Das sei eindeutig ungerecht.
Speziell geht es dabei um die Rückerstattung des Anteils für die limitierten Leistungen. Der steirische Wahlärztevertreter und Kammer-Vizepräsident führte ein Beispiel an: „Der GKK-Tarif für das ‚ärztliche Gespräch‘ in der Steiermark beträgt 13,37 Euro. Weil die Leistung aber limitiert ist, beträgt der Rückersatz nicht 80% dieser 13,37 Euro, sondern zum Beispiel in der Allgemeinmedizin nur 1,92 Euro. 11,45 Euro müssen steirische GKK-Versicherte selbst bezahlen. Für Wiener GKK-Versicherte sind es aber nur 2,64 Euro – auch wenn sie in der Steiermark zum Arzt gehen – und für SVA-Versicherte 3,49 Euro.“
In der Steiermark wird zu dieser Problematik auch ein besonders krasses Beispiel herumgereicht: Im Rahmen der Rückerstattung einer Honorarnote von 100 Euro erhielt ein GKK-Versicherter ein Schreiben, in dem ihm die Überweisung von 1,30 Euro als Ersatz bestätigt wurde. Das ist jedenfalls weniger als der Brief für den Versicherten an die Krankenkasse und das Rückporto durch die steirische GKK kostet. Und schließlich sind da auch noch die Managementkosten für den Honorarersatz. Das ist ohne Zweifel ein Verlust für alle Beteiligten.

Unterschiedliche Situation je nach Bundesland und Kasse

Wie so ziemlich alles ist auch hier die Situation im österreichischen Gesundheitswesen sehr extrem verworren und uneinheitlich. Millauer: „In Tirol (TGKK; Anm.) ist die Problematik ähnlich gelagert wie bei uns in der Steiermark, ebenso im Burgenland. In Oberösterreich ist die Situation zum Beispiel wesentlich besser.“ Damit nicht genug, wie der Standesvertreter erklärte: „Die BVA ersetzt 90%, ebenso die SVA, die Eisenbahnerversicherung 85%.“
Bei der steirischen Ärztekammer ist man sich jedenfalls mit dem Vizepräsidenten der steirischen AK, Franz Gosch, einig: „Gerechtigkeit muss sein. Das ist der Slogan der Arbeiterkammer. Dem fühle ich mich verpflichtet.“ Das Versicherte mit gleichen (Zwangs-)Beiträgen „unterschiedliche und teils erbärmlich schlechte Rückersätze bekommen“, sei nicht mehr zu akzeptieren. So wurde eine Unterschriftenaktion samt Internet-Auftritt(www.GePad.at) gestartet. Rund 10.000 Unterstützungserklärungen gibt es bereits.
In der Steiermark gibt es dazu auch eine einstimmige Entschließung des sozialpolitischen Ausschusses der Arbeiterkammer. „Aber es gibt keine Reaktion der Gebietskrankenkasse und keine Beseitigung dieser Ungerechtigkeit“, sagte AK-Vizepräsident Gosch.

Andere Sichtweise in Niederösterreich

Eine andere Sichtweise dazu kommt aus Niederösterreich. Dr. Christoph Reisner MSc, Präsident der Ärztekammer für NÖ und Wahlarztreferent, äußerte Verständnis bezüglich der reduzierten Rückerstattung von Wahlarzthonoraren bei den limitierten Leistungen. Immerhin könnten diese ja auch von Wahlärzten öfter als von Vertragsärzten verrechnet werden: „Da gibt es bei uns eine Formel. Bei jenen Leistungen, bei denen die Kassenärzte die Frequenzen überschreiten, wird ein Rückerstattungssatz errechnet.“ Dadurch erfolge die Rückerstattung eben analog zur Begrenzung bei den Kassenärzten. Reisner nannte ein Beispiel: „Bei vaginalen Ultraschall beim Gynäkologen gibt es beispielsweise in Niederösterreich nur 20% Rückersatz.“ So sei das eben – und mit Berücksichtigung der Situation der Gebietskrankenkasse auch verständlich. „Wir weisen auf diesen Umstand natürlich auch in unseren Seminaren für Wahlärzte hin“, so Reisner. Der niederösterreichische Ärztekammerpräsident sieht den Kostenrückersatz nicht als Hauptthema: „Ein Patient geht zum Wahlarzt, da er die gewünschte Leistung – meist Zeit – im öffentlichen Gesundheitssystem nicht erhält.“
Freilich, die steirische Ärztekammer hat laut Millauer bereits mehrere Vorschläge unterbreitet, wie man das Problem lösen könnte: „Man könnte leicht den ‚idealtypischen‘ Wahlarzt berechnen und danach abrechnen. Vorgeschlagen haben wir auch die elektronische Saldierung der Honorarnoten. Aber das wurde abgelehnt.“
Ohne Zweifel verzichten Versicherte auch auf den Rückersatz von Wahlarzthonoraren, wenn es um kleine Beträge geht. Das ist ein Gewinn für die Krankenkassen. In der Steiermark machen die Wahlarzthonorar-Rückerstattungen 2% des GKK-Budgets und 12% der Aufwendungen für ärztliche Leistungen aus. Keine offizielle Stellungnahme gab es dazu vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger.
Im Endeffekt könnte auf diesem Gebiet wieder einmal die Fragmentierung des österreichischen Gesundheitssystems – dieses Mal im niedergelassenen Bereich – das wahre Problem sein. „Die Rückersätze durch die Kassen sind minimal und nicht zu durchschauen. Die Kasse kassiert Beiträge, verbessert an der Zahl und dem Angebot der Kassenärzte nichts und hält das Kassenarztsystem durch geringe Rückersätze des Konkurrenzmodells Wahlarzt weiterhin am Leben. Jedenfalls nicht durch eine Verbesserung des Kassenangebots“, stellte ein oberösterreichischer Arzt und langjähriger Standesvertreter fest. Die Patienten haben das Nachsehen.