Patient mit Vorhofflimmern − Nierenkolik ohne Nierenstein

Bei einem 54-jährigen Patienten bestand seit zwei Jahren ein paroxysmales idiopathisches Vorhofflimmern. Zunächst wurde zur Stabilisierung des Sinusrhythmus eine Therapie mit einem Betablocker eingeleitet, der aber keine zufrieden stellende Wirkung entfaltete. Daraufhin erfolgte die Umstellung auf ein Klasse-I-C-Antiarrhythmikum, nämlich zweimal 100 mg Flecainid. Darunter war der Patient von Seiten des Herzens vollkommen beschwerdefrei, d.h. Anfälle von Vorhofflimmern traten nicht mehr auf. Bei einem CHADS2-Score von 0 Punkten wurde keine Antikoagulation eingeleitet.

 

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Plötzlicher Flankenschmerz mit Hämaturie

Als der Patient über einen plötzlich einsetzenden rechtsseitigen krampfartigen Flankenschmerz klagte, wurde zunächst an eine Nephro- bzw. Urolithiasis gedacht. Dafür sprach auch die Makrohämaturie. Sonografisch ergab sich jedoch kein Hinweis für einen Nierenstau. Daraufhin wurde ein CT-Abdomen angefertigt. Hier zeigten sich keilförmige Areale mit fehlender Kontrastierung im Bereich der rechten Niere i.S. partieller Niereninfarkte rechts, als deren Ursache Embolien bei Vorhofflimmern angenommen werden mussten. Es wurde sofort eine Antikoagulation beginnend mit einem NMH in therapeutischer Dosierung, überlappend mit einem Vitamin-K-Antagonisten eingeleitet.

Seltenes Ereignis

Die kardiogene Embolisierung der Nieren bei Vorhofflimmern ist im Vergleich zu einer Hirnembolie sicherlich ein sehr seltenes Ereignis. Betroffene Patienten klagen über einen akuten Flankenschmerz oder einen diffusen Abdominalschmerz. Zusätzlich können Fieber, Übelkeit und Erbrechen auftreten. Laborchemisch findet sich meist eine Erhöhung von LDH, Kreatinin und der Leukozytenzahl. Darüberhinaus besteht eine Mikro- oder sogar Makrohämaturie und Proteinurie. Das Krankheitsbild wird nicht selten als typische Nierenkolik bei Nephro- bzw. Urolithiasis verkannt oder wegen der unspezifischen Symptomatik gar nicht oder erst verzögert diagnostiziert. Die diagnostischen Verfahren der Wahl sind die Duplexsonografie und das CT. Nach Diagnosestellung muss unverzüglich eine Antikoagulation eingeleitet werden. In Einzelfällen sollte auch eine Thrombolyse oder eine perkutane radiologische Intervention diskutiert werden.

Fabula docet

Bei plötzlich einsetzenden Flankenschmerzen oder diffusen Bauchschmerzen sollte insbesondere bei Patienten mit bekanntem Vorhofflimmern auch an eine Nierenarterienembolie gedacht und eine weiterführende Diagnostik mittels Duplexsonografie und/oder CT veranlasst werden. Ein solches Ereignis kann auch bei Patienten auftreten, bei denen subjektiv unter einem Antiarrhythmikum vermeintlich ein stabiler Sinusrhythmus erreicht wurde und bei denen primär nach individueller Risikostratifizierung nach dem CHADS2-Score keine Indikation für eine dauerhafte Antikoagulation gesehen wurde.