Pollenallergie: Diagnostik,Therapie und Prävention

Bei chronischer allergischer Rhinitis oder Rhinokonjunktivitis bestehen die Symptome über das gesamte Jahr. Die auslösenden Allergene sind Hausstaubmilben, Tierepithelien (Katze, Kleinnager) und seltener Schimmelpilze im Wohnraum. Auch hier kommt es zu wiederkehrenden Niesattacken, aber auch chronisch verlegter Nase. Insbesondere die behinderte Nasenatmung ist mit signifikanter Einbuße an Lebensqualität verbunden. Bei Schulkindern kann eine chronische Rhinitis zu schlechteren Schulerfolgen führen.
Asthma bronchiale betrifft heute bis zu 10% der Bevölkerung mit steigender Tendenz. Ungefähr 40% der Patienten mit allergischer Rhinitis entwickeln Asthma bronchiale. Kardinalsymptome von Asthma bronchiale sind Giemen, Husten in Ruhe, Husten bei Belastung oder bei Kontakt zu kalter Luft. Des Weiteren tritt anfallsartige Atemnot auf, sowohl bei Allergenkontakt als auch mehrere Stunden nach Allergenexposition (allergische Spätreaktion). Asthma bronchiale ist zu 70% allergischer Ursache, die wesentlichsten Auslöser sind Katzen und Hausstaubmilben.

 

Wichtiges Wissen schnell vermittelt

  • Allergische Erkrankungen sind häufig. Sie treten vor allem bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf. Allergien können aber auch ältere Menschen betreffen, wobei auch im Alter Neusensibilisierungen vorkommen.
  • Ein erhöhtes Gesamt-IgE kann ein Hinweis auf eine Allergie sein. Auch bei „normalem“ Gesamt-IgE kann eine Allergie bestehen. Ein erhöhtes Gesamt-IgE ohne Beschwerden ist ein häufiger Befund, der keiner akuten Intervention bedarf, allerdings beobachtet werden sollte.
  • Positiver Allergietest ohne Klinik: allergische Sensibilisierung, keine Therapie nötig.
  • Positiver Allergietest mit Klinik: allergische Erkrankung, Therapie nötig.
  • Die allergische Rhinitis ist ein Risikofaktor für die Entwicklung von Asthma bronchiale.
  • Die spezifische Immuntherapie ist die einzige kausale/präventive Therapie der Typ-1-Allergie.

Diagnostik bei allergischer Rhinitis

Die Diagnose stützt sich auf drei Säulen und sollte bei Allergieverdacht unverzüglich durchgeführt werden.

  1. Anamnese: Art der Symptome, tages- und jahreszeitliche Schwankungen der Symptome, Haltung von Haustieren, Berufsanamnese und Familienanamnese bezüglich Allergien. Eine gute Anamnese gibt zumeist einen klaren Hinweis auf die auslösenden Allergene.
  2. Hauttestung: Der Hautpricktest ist ein hochsensitives, risikoloses und kostengünstiges Diagnoseverfahren, welches durch eine alleinige Blutabnahme nicht zu ersetzen ist. Ein Hautpricktest kann sinnvollerweise ab dem sechsten Lebensmonat (Lebensmittelallergie) durchgeführt werden. Das Ergebnis des Pricktests kann durch die Einnahme von Antihistaminika oder Antidepressiva verändert beziehungsweise unterdrückt werden.
  3. Spezifische IgE-Antikörper im Blut: Der Nachweis von spezifischem IgE dient der weiteren Festigung der Diagnose. Bei positivem Pricktest muss der In-vitro-Test nicht automatisch auch positiv sein! Die meisten Tests verwenden nach wie vor Gesamtextrakte, die Major- und Minorallergene enthalten. Die moderne In-vitro-Diagnostik basiert zunehmend auf definierten, meist rekombinant hergestellten Einzelmolekülen. Mit deren Hilfe können die Relevanz einzelner Allergenquellen, wahrscheinliche Kreuzreaktionen sowie der potenzielle Schweregrad klinischer Überempfindlichkeitsreaktionen besser vorhergesagt werden („komponentenbasierte Allergiediagnostik“). Ein weiterer Vorteil könnten die verbesserte Indikationsstellung für die Immuntherapie sowie die Möglichkeit eines spezifischen serologischen Monitorings der dabei erzielten immunologischen Effekte sein.
  4. Tritt während der Allergensaison Atemnot auf, sollte sofort ein Lungenfunktionstest durchgeführt werden. Eine normale Lungenfunktion außerhalb der Allergiesaison schließt Asthma bronchiale nicht aus. Viele Patienten mit saisonaler allergischer Rhinitis entwickeln eine bronchiale Hyperreaktivität und leiden daher „nur“ an saisonalem Asthma.

Symptomatische Therapie der allergischen Rhinitis

Entsprechend den ARIA-Guidelines wird die allergische Rhinitis in intermittierende und persistierende Rhinitis eingeteilt. Zusätzlich teilt man nach Schweregrad (leicht, mittel, schwer) ein, wobei meiner Ansicht nach die nächtliche Beeinträchtigung mit Schlafstörungen und begleitenden Komplikationen wie Tagesmüdigkeit, verminderter Konzentrationsfähigkeit oder Leistungsknick besonders gravierend ist.
Nach Stufenplan (s. Tab.) ist die erste therapeutische Maßnahme die Allergenvermeidung. Diese ist mit Ausnahme des Meidens von Haustieren zumeist nicht möglich. Der nächste Schritt besteht in der Gabe eines nichtsedierenden Antihistaminikums, der Gabe von topischen (nasalen) Steroiden. Diese Therapie ist sowohl für Erwachsene als auch für Kinder ab sechs Jahren geeignet. Die topischen Steroide eignen sich besonders für die Therapie der persistierenden Rhinits mit vorherrschender nasaler Obstruktion. Von der Verwendung sedierender Antihistaminika der ersten Generation sollte Abstand genommen werden.

 

 

Eine spezifische Immuntherapie kann ab zwei symptomatischen Saisonen bei mittlerem bis hohem Leidensdruck begonnen werden, wenn die symptomatische Therapie zur Symptombekämpfung nicht ausreicht. Bei Risikokindern mit positiver Familienanamnese für Allergien ist aus präventiver Sicht ein früherer Beginn sinnvoll. Die besten Resultate werden bei monosensibilisierten Patienten (z.B. Birken- oder Gräserpollen) erzielt.
Nicht zu vernachlässigen ist die Tatsache, dass bis zu 40% der Patienten mit allergischer Rhinitis auch an Asthma leiden. Die optimale Therapie der Nase ist ein essenzieller Schritt zu einer adäquaten Asthmakontrolle und darf keinesfalls vergessen werden. Patienten mit Rhinitis und Asthma bronchiale haben die schlechteste Lebensqualität.

 

 

Kausale Therapie der allergischen Rhinitis und Asthmaprävention

Die einzig kausale Therapie der Typ-I-Allergie stellt nach wie vor die spezifische Immuntherapie dar. Die Immuntherapie kann nicht nur bei allergischer Rhinitis bis zu 90% Symptomreduktion erzeugen, sie kann auch die Entstehung beziehungsweise die Progression von Asthma bronchiale bremsen. Nach wie vor sollte der subkutanen Immuntherapie gegenüber der sublingualen Applikation der Vorzug gegeben werden. Allerdings zeigen die neuen sublingualen Hochdosispräparate („Allergentabletten“ gegen Gräser oder Hausstaubmilben) vergleichbar gute Resultate wie die subkutanen Präparate.
Die spezifische Immuntherapie bietet sich für Patienten mit Rhinokonjunktivitis sowie Patienten mit Rhinokonjunktivitis und leichtgradigem allergischen Asthma (FEV1-Wert > 70%) an. Ab einer Beschwerdedauer von zwei Jahren, bei schwieriger Allergenkarenz, positiver Familienanamnese und einem Alter ab fünf Jahren sollte die Therapie erwogen werden. Voraussetzungen für eine spezifische Immuntherapie sind neben der entsprechenden spezifischen Beschwerdeanamnese ein positiver Hautpricktest und positive spezifische IgE-Antikörper.

Allergieprävention

Präventive Maßnahmen zur Allergievermeidung sind leider bisher nicht verfügbar. Wohl gibt es die Berichte, dass Kinder, die am Bauernhof aufgewachsen sind und unpasteurisierte Milch getrunken haben, weniger Allergien als Stadtkinder entwickeln. Es wird zunehmend bekannt, dass Darmkeime die Entwicklung von Allergien steuern können; therapeutische oder präventive Ansätze gibt es aber noch nicht. Letztlich ist das Zusammenspiel aus Epigenetik, Genetik und Umweltfaktoren für die Entwicklung von Allergien entscheidend.

Zusammenfassung

Aufgrund der Häufigkeit von allergischen Erkrankungen ist eine frühzeitige Allergiediagnostik bei Rhinokonjunktivitis unumgänglich. Die Diagnostik besteht aus Anamnese, Hautpricktest, Bestimmung der spezifischen IgE-Antikörper im Blut und bei Husten oder Atemnot auch der Lungenfunktion. Je nach Beschwerdeausmaß wird die Behandlung von symptomatischer Therapie mit Antihistaminika und topischen Steroiden bis hin zur spezifischen Immuntherapie gehen. Die subkutane Immuntherapie sollte frühzeitig erwogen werden, da sie das Voranschreiten der Rhinitis und mitunter die Entwicklung von Asthma bronchiale verhindern kann.

 

Tipps für das Patientengespräch
von Univ.-Doz. Dr. Felix Wantke

Da allergische Erkrankungen häufig sind, sollte bei allergietypischen Beschwerden auch an eine Allergie gedacht werden. Im Sinne des Patienten ist auch eine versuchsweise Therapie mit einem Antihistaminikum oder topischen Steroid ohne aktuellen Allergietest sinnvoll, denn ein Ansprechen der Therapie bestätigt den Verdacht. Den Allergietest kann man auch nach der Saison nachholen.

Einige Patienten mit allergischer Rhinitis klagen während der Pollensaison über Atemnot. Die Atemnot kann einerseits durch die Rhinitis bedingt sein, andererseits kann es sich auch um Asthma bronchiale handeln. Daher sollte man bei symptomatischen Patienten unverzüglich einen Lungenfunktionstest durchführen oder den Patienten zum Pneumologen überweisen.

Ist trotz symptomatischer Therapie keine Beschwerdefreiheit zu erzielen, so besteht die Indikation zur spezifischen Immuntherapie. Auch Asthmatiker, soweit sie klinisch stabil sind, können immuntherapiert werden. Die Durchführung der spezifischen Immuntherapie ist einfach, solange man sich an den Impfplan hält, den Patienten vor jeder Impfung ein Antihistaminikum gibt und die 20-minütige Wartezeit nach der Impfung einhält. Bei Asthmatikern ist auf penible Asthmakontrolle, insbesondere während der Aufdosierungsphase, zu achten.