Rumoren in der Ärztekammer

Die Standesvertretung der Ärzt:innen kommt derzeit nicht zur Ruhe. Zuletzt meldete sich der Präsident der Wiener Ärztekammer und der ÖÄK, MR Dr. Johannes Steinhart, in der Causa um mutmaßliche Missstände in einer Firma der Wiener Ärztekammer zu Wort und ging auch mit seiner eigenen Fraktion, der ÖVP-nahen „Vereinigung Österreichischer Ärzte“, ins Gericht. In einem Brief an seine Kammer-Fraktion attackierte Steinhart seine eigenen Fraktionskolleg:innen. Er ortete den Versuch, „mich persönlich zu diffamieren“, indem „Halb- und Unwahrheiten“ an Medien weitergegeben worden seien.

„Schlechter Stil“

Es sei dies ein „schlechter Stil und ein unsere Fraktion und die gesamte Ärztevertretung schädigendes Verhalten“, hieß es in dem Schreiben. Es sei ein unfertiger Zwischenbericht eines Anwalts zur Causa der Ärztekammerfirma Equip4Ordi an die Medien weitergeleitet worden, zu dem noch nicht alle darin Vorkommenden befragt worden seien. Eine weitere Unwahrheit sei, dass er nicht zur Aufklärung beigetragen und sich zu den Vorwürfen nicht geäußert habe. Steinhart war zuletzt wegen gesundheitlicher Probleme in Spitalsbehandlung. Mehrere Medien hatten berichtet, dass Erik Randall Huber, Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte und selbst Mitglied der Vereinigung Österreichischer Ärzte, kritisiert habe, dass Steinhart für Fragen zur Aufklärung der Causa nicht erreichbar sei.

Mehrfache Prüfung

Dieser weist das zurück. Die Agenda einiger Kolleg:innen sei eindeutig. „Sie nützten eine angebliche Malversation in einer aus der Ärztekammer ausgelagerten GmbH für eine gezielte Intrige gegen meine Person“, so Steinhart. Deren Ziel aus seiner Sicht: „Sie wollen die Vereinigung dominieren und gemeinsam mit Verbündeten aus anderen Fraktionen die Kammerführung übernehmen. Und dafür nehmen sie bereitwillig in Kauf, die Kammer öffentlich zu beschädigen und politisch zu schwächen.“ Steinhart versichert, dass er sich im Zusammenhang mit der Equip4Ordi persönlich immer nach bestem Wissen und Gewissen verhalten habe. „Und ich trete ausdrücklich und kompromisslos dafür ein, die Vorwürfe zu untersuchen und lückenlos aufzuklären.“ Inzwischen prüfe die Aufsichtsbehörde (die Wiener Magistratsabteilung 40), die Staatsanwaltschaft und der Rechnungshof: „Lassen wir sie unbeeinflusst ihre Arbeit machen.“

Untersuchungsausschuss

Die Standesvertretung hat ihrerseits einen Untersuchungsausschuss eingesetzt. Die Ärztekammer selbst hat gegen die beiden Ex-Geschäftsführer und einen Mitarbeiter der Kammer Anzeige erstattet, es geht um den Vorwurf der Untreue beziehungsweise der Begünstigung. Leiten wird den Untersuchungsausschuss der Kurien-Mandatar Andreas Schindl, von der oppositionellen Liste „Kammer Light“. Laut Radiosender Ö1 wurde auch beschlossen, dass die weitere Aufklärung hinter verschlossenen Türen erfolgen soll und Kurienobmann Erik Randall Huber darüber nicht mehr nach außen kommunizieren dürfe.

Rückendeckung

Das ÖÄK-Präsidium hat sich zuletzt allerdings demonstrativ hinter Präsident Johannes Steinhart gestellt. „Der ÖÄK-Präsident genießt unser uneingeschränktes Vertrauen“, sagte Harald Schlögel, 1. Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer, stellvertretend für die übrigen Präsidiumsmitglieder. „Zudem weisen wir deutlich auf die für alle Beteiligten geltende Unschuldsvermutung hin.“ Die unabhängigen Behörden, die sich aktuell mit der Angelegenheit befassen, sollten in Ruhe ihrer wichtigen und begrüßenswerten Aufklärungsarbeit nachgehen können, so Schlögel, der darauf verwies, dass man aus diesem Grund keinen weiteren Kommentar zur Causa abgeben werde.

Streit in Niederösterreich

Schlögel steht als Präsident der NÖ-Ärztekammer allerdings selbst in der Kritik. Die Vizepräsidentin und Kurienobfrau der niedergelassenen Ärzt:innen und Fraktionsführerin der Vereinigung Niederösterreich, Martina Hasenhündl, zeigte sich „erbost über die Reformunwilligkeit und den Kurs von Präsident Harald Schlögel“ und legte ihre Funktionen zurück. „Nach den Ärztekammerwahlen im Mai 2022 bin ich mit meiner Fraktion, der Vereinigung Niederösterreich (vormals #RELOAD), in eine Reformkoalition eingetreten. Das gemeinsam formulierte Ziel hieß: die Kammer in eine transparente, agile, dem Wohl der niederösterreichischen Ärzteschaft verpflichtete Interessenvertretung zu verwandeln. Leider hat die Mehrheitsfraktion, der Ärzteverband NÖ unter ÄK-Präsident Dr. Harald Schlögel, den Reformweg recht schnell verlassen. Sie stellt sich gegen wichtige Reformschritte und ist nicht bereit, die Intransparenz und Behäbigkeit der vergangenen Kammerperioden abzuschaffen. Die Kurie tut viel zu wenig, um die Interessen der niedergelassenen Ärzteschaft in Niederösterreich wirksam voranzutreiben“, schreibt Hasenhündl in einer Aussendung. Der Ärzteverband NÖ scheue sich anscheinend, gegenüber Verhandlungspartnern kantiger aufzutreten.

Honorarverhandlungen

Hasenhündl wirft dem bisherigen Koalitionspartner unter anderem vor, bei den Honorarverhandlungen mit der ÖGK in die Knie gegangen zu sein und schon im Vorfeld 2,8 Prozent akzeptiert zu haben. Sie „habe das Verhandlungsergebnis nur unter Protest zur Kenntnis genommen, darf seither aber als Kurienvorsitzende den berechtigten Unmut der Kassenärztinnen und -ärzte ausbaden“, ärgert sich Hasenhündl. Schlögel weist die Kritik zurück. Er habe sich immer um größtmögliche Information, Lösungen und Reformschritte bemüht.