„Gesunde Wege aus der Krise“ – Die Preisdumpingfalle

Das Thema Versandhandel polarisiert derzeit wie kein anderes: Die Liberalisierung des Arzneimittelversandes eröffnet ab Mitte Juni neue Absatzchancen für Apotheken, sagen die einen. Onlineapotheken nehmen in einem bereits angespannten wirtschaftlichen Umfeld den Apotheken Geschäft weg, warnen andere.

„Wichtig ist, dass gleiches Recht für alle gilt“, sagt Apothekerverbandspräsident Mag. pharm. Dr. Christian Müller-Uri. Für ihn bedeutet das, dass Beratung auch im Onlinehandel nötig ist. Im Ministeriumsentwurf zur entsprechenden Verordnung heißt es dazu: „Mangels nicht vorhandenen persönlichen Kontakts bei der Abgabe von Arzneispezialitäten durch Fernabsatz kann eine pharmazeutische Beratung nicht in gleicher persönlicher Form erfolgen wie in der Apotheke vor Ort. Als Ersatz dafür soll die durch die Verordnung vorgeschriebene Hinweispflicht auf eine kostenlose telefonische Beratungsmöglichkeit zu bestimmten Zeiten (etwa durch eine gebührenfreie Servicehotline) dienen.“ Dadurch ist der Versender verpflichtet, sicherzustellen, dass Kunden jederzeit durch einen Apotheker oder eine Apothekerin telefonisch oder per Mail beraten werden können. Ob das am Ende tatsächlich in der Verordnung stehen werde, sei abzuwarten, sagt Müller-Uri.

Er ist überzeugt, dass gerade die Beratungsleistung der Apotheken auch jener Punkt sein wird, der die Apotheken vor Geschäftseinbußen durch den Versandhandel schützt. „Das Vertrauen der Bevölkerung in die Apotheken ist deshalb so groß, weil wir die Menschen beraten“, sagt der Verbandspräsident. Das sieht auch der Vorstand des Instituts für Handel, Absatz und Marketing der Universität Linz, Univ.-Prof. Dkfm. Dr. Gerhard A. Wührer so: „Die Beratung ist sicherlich ein wichtiger Punkt und entscheidender Vorteil. Apotheker sind ja oft erste Ansprechpartner bei medizinischen Themen und nehmen eine arztähnliche Rolle ein. Sie empfehlen bei Symptomen Dinge, beraten oder raten eben zu einem Arztbesuch. Das geht im Internet nicht.“ Er rät deshalb auch, dass die Apotheken sich auf diese Stärken konzentrieren. Gleichzeitig warnt er davor, sich auf das Terrain zu begeben, wo der Onlinehandel zu punkten versuche – den Preis. Preisdumping bringe wenig, sagt Wührer. „Man sollte auch schauen, in welchen Indikationen im OTC-Geschäft der Versandhandel stark ist und wie groß dieses Segment ist.“ Wenn Beobachter davon ausgehen, dass der Versandhandel einen Marktanteil von maximal zehn Prozent erreiche, bedeutet das, dass es vor allem um einzelne Bereiche gehe und dort könne man dann nicht mit Preisdumping mithalten. „Da ist es besser, sich auf die eigenen Stärken zu konzentrieren.“ Er kenne gute Apotheker, die gute Verkäufer seien, und den Kunden dort abholen, wo er stehe. „Um die mach` ich mir keine Sorgen.“

Wirkliche Gefahr sieht Wührer vom Versandhandel nicht ausgehen. „Es gibt in Österreich eine flächendeckende Versorgung mit Apotheken. In zehn Minuten ist wahrscheinlich für jeden eine Apotheke erreichbar. Solange der Versandhandel es nicht schafft, am nächsten Tag zu liefern, hat er hier einen entscheidenden Wettbewerbsnachteil. An solchen Schwächen des Versandhandels kann man ansetzen, wenn man sich davor sorgt.“ Umgekehrt könne der Versandhandel aber auch eine Chance sein, sich zu spezialisieren oder neue Kundenschichten anzusprechen. „Man kann sich auch sagen, dass man in die neue Technologie einsteigt und sie zu seinem Vorteil nutzt.“

 

Verband setzt auf „Haari“ und auf Facebook-Aktion

Die Liberalisierung des Apothekenversandhandels wird den Fälschungsboom weiter anheizen, fürchtet man beim Apothekerverband. „Vielen Käufern von Online-Medikamenten ist die Gefahr, Fälschern aufzusitzen aber gar nicht bewusst. Sie bestellen aus Bequemlichkeit, wegen vermeintlicher Schnäppchen oder weil es Ihnen peinlich ist, in der Apotheke nach bestimmten Arzneimitteln zu fragen“, sagt Mag. pharm. Dr. Christian Müller-Uri.
Anfang Mai startet der Österreichische Apothekerverband daher die Kampagne „Fakes don’t care“ und begibt sich dafür in das soziale Netzwerk Facebook, in dem sich mittlerweile 3,2 Millionen Österreicher tummeln. Die zentrale Anlaufstelle der Kampagne ist die Facebook-Seite www.facebook.com/fakesdontcare. Diese Seite berichtet über Arzneimittelfälschungen, über Fälscherfabriken, über Aufgriffe von Kriminellen, aber auch über Apotheken-Services. Ihre Botschaft lautet: Fakes don’t care – but we do! Fälschungen helfen nicht – wir schon!

Ab 25. Juni wird ein Video zum Thema Fälschungen über die Facebook-Seite, über YouTube und als Kino-Spot verbreitet. Der Hauptdarsteller des Videos ist „Haari“. Er ist das Testimonial von www.facebook.com/fakesdontcare und hat auch eine Geschichte, die im Video erzählt wird.