Ärzte und Apotheker müssen um ländlichen Raum kämpfen

„Wir dürfen den ländlichen Raum und die Versorgung der Menschen nicht aufgeben, wenn es wirtschaftlich schwierig ist. Wir müssen gemeinsam darum kämpfen und uns engagieren“, forderte Dr. Herwig Lindner, Erster Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Präsident der steirischen Ärztekammer, die Apotheker bei der Eröffnung der diesjährigen wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltung in Schladming auf. Spardruck einerseits und die demografische Entwicklung anererseits würden dazu führen, dass sich immer weniger Interessenten für Allgemeinpraxen und Apotheken am Land finden. Auch Mag. pharm. Dr. Ulrike Mursch-Edlmayr, Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer, betonte den Wunsch zur Zusammenarbeit.

Gleichzeitig lobt sie allerdings auch das Regierungsprogramm von ÖVP und FPÖ. Immerhin würden die Apotheker darin gleich mehrfach genannt. „Wir sind sehr zufrieden damit und haben Arbeitsgruppen gebildet. Wir werden die Überschriften mit Leben erfüllen“, sagte Mursch-Edlmayr. Es gehe im Programm um Aufgaben für ein gesteigertes Gesundheitswissen in der Bevölkerung, für Prävention, für die Versorgung chronisch Kranker, um die Polypharmazie und die Klinische Pharmazie“, sagte die Präsidentin. Wie sie die Überschriften der Regierung mit Leben füllen will, ließ sie noch offen und betonte wiederholt, dass man an neuen Konzepten arbeite. „Unsere Arbeitsgruppen werden zu den einzelnen Themen Projekte und Programme erstellen.“ Man sehe sich jedenfalls als wichtiger Erstansprechpartner für Gesundheitsfragen und will bei der Information und Führung von Patienten einen Beitrag leisten. „Wir sind eine Erstanlaufstelle. Es geht um betreute Selbstmedikation und die Triage der Patienten. Jene Patienten, die einen Arzt brauchen, sollen möglichst schnell zum Arzt kommen; und jene, die keinen Arzt brauchen, sollen nicht die Ordinationen verstopfen“, sagte Ulrike Mursch-Edlmayr.

Problematisch sei bei allen diesen Anforderungen, die von der Politik an die österreichische Apothekerschaft gestellt werden, die wirtschaftliche Situation. „Die Krankenkassenumsätze steigen, aber die Ertragslage der Apotheken verschlechtert sich.“ 2017 seien die Umsätze der Apotheken um 4,2 Prozent auf 2,797 Milliarden Euro gestiegen, teilte der Apothekerverband am Rande der Tagung mit. Das derzeitige System der Honorierung bringe aber eine immer schlechtere Situation mit sich: 2017 betrug die Marge laut Apothekerverband noch knapp 15 Prozent. Dabei müsse man bedenken, dass in einer Apotheke 13–14 Prozent allein die Personalkosten ausmachen, sagte der Präsident des Apothekerverbandes, Mag. pharm. Jürgen Rehak.

Im Apothekerverband hat man Zahlen zusammengetragen, welche den negativen Effekt von degressiven Margen belegen sollen. Demnach betrug die Steigerung der Umsätze mit Kassenrezepten von 2009 bis 2016 rund 23 %. Die Inflationsrate belief sich in diesen Zeitraum auf 16 %. Der Zuwachs an Vergütung der Apotheken betrug nur 4 %. Gleichzeitig steigen die Kosten. Dazu kommt der Preisdruck der Krankenkassen auf Arzneimittel, was dazu führe, dass die erzielten Spannen weiter sinken. Rehak erneuerte deshalb seine Linie, Alternativen zum Spannensystem entwickeln zu wollen. „Wir haben früher noch über die Spannen für Apotheken verhandelt. Jetzt wird nur noch mit der pharmazeutischen Industrie gesprochen – und wir haben den Schaden.“ Man wolle Anfang 2019 mit Vorschlägen an den Hauptverband der Sozialversicherungsträger herantreten.

Anfang April will die Standesvertretung zudem eine neue Öffentlichkeitskampagne starten, die Patienten in den ­Mittelpunkt stellt. Die Themen: richtige Einnahme von Medikamenten, Wechselwirkungen, Gewährleistung der Fälschungssicherheit von Arzneimitteln und die 24-Stunden-Bereitschaftsdienste in den Apotheken an jedem Tag des Jahres.

 

Antibiotikaresistenzen als zentrales Thema

Infektionskrankheiten und ihre vielschichtigen Auslöser – Bakterien, Viren, Pilze und andere Krankheits­erreger – zählen zu den großen Herausforderungen im Gesundheitswesen. Die 51. Wissenschaftliche Fortbildung der Österreichischen Apothekerkammer in Schladming widmete sich diesem Themenkomplex und zeigte den Status quo bei Infektionskrankheiten, Antibiotika und Antibiotikaresistenzen auf. Neue ansteckende Krankheiten treten auf, tödliche Erkrankungen, die als beinahe ausgerottet galten, kehren zurück, und Antibiotikaresistenzentwicklungen nehmen zu. Diese Entwicklung mache ein umfassendes pharmazeutisches Wissen, eine kontinuierliche Fort- und Weiterbildung und regelmäßige Updates in der Antibiotikatherapie erforderlich, betonten die Referenten.
Die Behandlung von Infektionskrankheiten hängt stark vom jeweiligen Krankheitsbild und vom Erreger ab. „Infektionskrankheiten haben einen bedeutenden, aber häufig unterschätzten Einfluss auf die Gesellschaft, auf Wirtschaft, auf Demografie und Entwicklung. Nanotechnologie und Genmanipulation sind im Bereich der Infektiologie jedoch noch Zukunftsmusik. Gerade deshalb braucht es zurzeit im Gesundheitswesen mehr denn je einen multidisziplinären Ansatz mit Experten, wie Apotheker, die den sachgerechten Einsatz von Antiinfektiva durch ihre Expertise fördern“, betonte Mag. pharm. Dr. Doris Haider, Tagungspräsidentin und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft österreichischer Krankenhausapotheker.