Allergie-Update: Risiken, Folgen und Maßnahmen

Was würde ein Allergiepatient sagen, wenn man ihm raten würde, den Geschirrspüler aus dem Haushalt zu entfernen, um seine Kinder vor Allergien zu schützen? Großes Staunen wäre wohl die Folge. Geht es nach einer neuen schwedischen Studie, ist dieser Ratschlag allerdings nicht so absurd, wie er zunächst klingt. Untersuchungen an 1.029 Kindern haben nämlich gezeigt, dass Geschirrabwaschen mit der Hand vorbeugend auf Allergien wirkt. Das Risiko für allergische Rhinitis und das atopische Ekzem war deutlich geringer als bei Kindern, in deren Familien stets die Spülmaschine verwendet wird. Erhoben wurden die jahrelangen Spülgewohnheiten bei schwedischen Familien mittels Fragebogen. Die Autoren vermuten, dass Kinder bei der händischen Reinigung über Teller, Löffel und Gabeln viel mehr Bakterien ausgesetzt sind als bei Geschirr, das in der Spülmaschine war.1

Übertriebene Hygiene im Haushalt gilt seit Langem als wesentlicher Einflussfaktor auf die Entstehung einer Allergie. Das gilt auch in Bezug auf Lebensmittel – natürlicher ist offenbar für die Vorbeugung besser als zu stark verarbeitet. In der besagten schwedischen Studie fand man beispielsweise heraus, dass das Allergierisiko bei Kindern reduziert war, deren Eltern Lebensmittel direkt bei Bauern kauften.1 Somit können sich die Anhänger der Hygiene­hypothese bestätigt fühlen. Sie ist ein Versuch, den deutlichen Anstieg von Allergien in den westlichen Industrieländern in den vergangenen fünf Jahrzehnten zu erklären. Die Kommission Umweltmedizin am Robert-Koch-Institut sieht die Hypothese als das „überzeugendste Modell zur Erklärung der Asthma- und Heuschnupfenepidemie“. Die Experten kritisierten in einer Stellungnahme aus 2014 allerdings, dass weitere lebensstilabhängige Faktoren nicht berücksichtig sind. Dazu zählen etwa die Verschiebung des Verzehrs bestimmter Fette, reduzierter Luftaustausch in Innenräumen durch bessere Isolierung, eine verstärkte Anreicherung von Schadstoffen in Räumen, veränderte Zusammensetzung von Außenluftschadstoffen sowie verringerte körperliche Aktivität.2

In der Apotheke ist die Pollenallergie ein sehr häufiges Thema. „Über das Jahr verteilt holen allerdings die Patienten mit Hausstaubmilbenallergie auf, da ja die Hausstaubmilbe das ganze Jahr ihre allergenen Ausscheidungen verteilt“, berichtet Mag. pharm. Harald Kolm, Apotheker aus dem siebenten Wiener Gemeindebezirk. Kolm sieht seinen Berufsstand in einer zentralen Rolle bei der Beratung zu Therapieergänzungen. Univ.-Doz. Dr. Felix Wantke, Facharzt für Pneumologie, Arzt für Allgemeinmedizin und Leiter des Floridsdorfer Allergiezentrums, sieht die Pollenallergie als Risikofaktor für die Entwicklung von Asthma bronchiale, nennt allerdings als eigentliche Hochrisikoallergene für Asthma die Hausstaubmilbe und die Katze. Die Standardtherapie bei Kindern mit Asthma bronchiale ist laut Wantke die Gabe eines inhalativen Beta-2-Mimetikums und, je nach Schwere des Asthmas, eines inhalativen Steroidpräparats. Alternativ kann ein Leukotrienantagonist gegeben werden. Wichtig sei die richtige Diagnose inklusive Allergietest und wiederholte Kontrollen der Lungenfunktion, um das Kind optimal zu behandeln, „denn es soll nur so viel Medikation gegeben werden, dass das Asthma bestens kontrolliert werden kann, damit das Kind keine Beschwerden hat.“

Aktuelles Projekt

Kann sich aus Asthma wiederum COPD entwickeln? „Es gibt bei älteren Patienten Mischformen aus Asthma und COPD, derzeit als ACOS ‚asthma COPD overlap syndrome‘ bezeichnet“, sagt Wantke. Apotheken bieten seit einiger Zeit Sauerstofftankstellen als Andockstellen für die von COPD-Patienten angewendeten mobilen Sauerstoffbehälter. „Die Idee hinter diesen Tankstellen ist, den möglichen Aktionsradius eines COPD-Patienten massiv zu erhöhen und damit dessen Lebensqualität zu steigern“, erklärt Kolm, der stolz ist, bei diesem von der Österreichischen Apothekerkammer unterstützten Projekt von Beginn an dabei zu sein. Dem Apotheker sind die Tankstellen ein Herzensanliegen. „Während ich den Sauerstoff-Auflade-Prozess überwachte, erzählte mir einmal ein Patient, mit COPD zu leben bedeutet, beim Gehen das Gefühl zu haben, einen Berg mit Eisenketten auf den Fußgelenken aufwärts zu gehen.“

Patienten mit Asthma und COPD sollten auch ein spezifisches Atemtraining absolvieren. Beate Krenek MSc., Fachbereichsleitung MTDG im Physikalischen Institut des Krankenhauses Hietzing, gibt Einblick in diese Trainingsstunden: „Die Betroffenen erfahren, wie sie sich im Notfall verhalten sollen.“ Außerdem werde die richtige Handhabung von Inhalationsgeräten trainiert und gelernt, wie man den Sekretabfluss fördern kann. Zusätzlich warten individuell angepasste Körperübungen. „Wenn der COPD-Patient zum Beispiel viel stiegensteigen muss, wird darauf trainiert. Dann gibt es noch ein Atemmuskeltraining, dabei wird das Zwerchfell trainiert“, so Krenek. Durchführen kann man solche Atemtrainings – die übrigens auch für Kinder mit Lungenerkrankungen empfohlen sind – entweder beim niedergelassenen Physiotherapeuten mit Spezialausbildung im Bereich Atemphysiotherapie oder im Rahmen einer Kur in einem REHA-Zentrum.

Maßnahmen gegen Allergien

Zur Wiederherstellung der Lebensqualität werden bei Allergiesymptomen Mastzellstabilisatoren, Anti-IgE-Antikörper, Glukokortikoide oder Antihistaminika eingesetzt. Die beiden Substanzen Loratadin und Cetirizin zeigen einen raschen Wirkeintritt und gute Verträglichkeit. Bei durch Allergene geröteten und tränenden Augen empfehlen sich homöopathische Tropfen. Hier zeichnet sich Augentrost dadurch aus, Entzündungstendenzen entgegenzuwirken.

Zur Unterstützung des Immunsystems dienen Extrakte aus Astragalus membranaceus, die idealerweise bereits vor dem Einsetzen von allergischem Schnupfen eingenommen werden, damit die Symptome weniger stark ausfallen. Am besten beginnt man schon vor der Allergiesaison mit der Einnahme, im die Immunabwehr gut vorzubereiten.

Eine spezifische Immuntherapie (SIT) ist indiziert, wenn eine konventionelle medizinische Behandlung der allergischen Rhinitis nicht ausreichend wirksam ist. Für die subkutane Immuntherapie (SCIT) werden native Allergenextrakte und polymerisierte Extrakte (Allergoide) verwendet. Durch die Polymerisation wird die Bindungsfähigkeit der IgE-Antikörper an die Allergoide vermindert, die T-Zell-Epitope und die immunogene Wirkung der Allergoide bleiben aber erhalten. Für die sublinguale Immuntherapie (SLIT) werden Präparate täglich und ganzjährig verabreicht.3 Ein Cochrane-Review hat gezeigt, dass die SCIT die Symptome der allergischen Rhinitis lindert und die Lebensqualität verbesserte.4 Diese Ergebnisse wurden in einer aktuellen Metaanalyse bestätigt.5 Die Wirksamkeit der SLIT wurde durch ein systematisches Cochrane-Review nachgewiesen, für das 25 Studien analysiert wurden. Auch nach Beendigung der Behandlung bleibt die Wirksamkeit der SIT in weiteren Allergiesaisonen bestehen. Dies konnte für bis zu 3 Jahre nach Absetzen der SCIT ermittelt werden, welche über einen Zeitraum von drei bis vier Jahren durchgeführt worden war, und bis zu 2 Jahre nach Beendigung der SLIT.3

 

Literatur:

1 Hesselmar B et al., Pediatrics 2015

2 Kommission Umweltmedizin am Robert-Koch-Institut, Jänner 2014

3 Borchard-Tuch C, ard medici 2015

4 Calderon M et al., Cochrane Database Syst Rev 2007

5 Meadows A et al., Health Technol Assess 2013