Apotheker-Krone-Umfrage zeigt: Homöopathie polarisiert

 

Zwei von drei Apothekenkunden vertrauen auf Homöopathie. 750 Ärzte in Österreich haben ein Zusatzdiplom Homöopathie. Und doch ist die Methode seit jeher heftig umstritten. Der Entwurf einer Änderung des Ärztegesetzes mit einem Ärztevorbehalt für Alternativ- und Komplementärmedizin einerseits und die Einstellung eines Wahlfaches Homöopathie an der Medizinischen Universität Wien andererseits haben zu Jahresbeginn wie berichtet zu kontroversiellen Diskussionen in der Öffentlichkeit geführt. Die Diskussion entfachte sich weniger an den von Studenten heftig kritisierten Inhalten der ursprünglich als kritische Auseinandersetzung mit der Homöopathie gedachten Lehrveranstaltung als einmal mehr an der Homöopathie per se, ihrer Positionierung zur Schulmedizin. Wiens Patientenanwältin Dr. Sigrid Pilz forderte in der Folge sogar ein Verkaufsverbot homöopathischer Produkte. Denkbar ist für sie auch ein ergänzender Verpackungsaufdruck, dass Globuli oder Bachblüten keine Medikamente seien und ihre Wirksamkeit nicht belegt sei.

 

 

Umgekehrt betonten die Ärztegesellschaft für klassische Homöopathie, die Gesellschaft für Homöopathische Medizin und die Gesellschaft für Veterinärmedizinische Homöopathie in einem offenen Brief, dass man sich gegen den Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit verwahre. „Im Besonderen weisen wir darauf hin, dass die Homöopathie im Gegensatz zu sonstigen Behauptungen sehr wohl den aktuellen Standards und Kriterien der evidenzbasierten Medizin entspricht“, betonten sie in einem entsprechenden Schreiben an den Rektor der MedUni Wien, Univ.-Prof. Dr. Markus Müller. Es gebe vielmehr die Notwendigkeit, den Wirkmechanismus homöopathischer Arzneimittel intensiviert zu beforschen. In einer für Ärzte, Studierende und Patienten zur Unterzeichnung vorbereiteten Petition fordert man die medizinischen und veterinärmedizinischen Universitäten auf, die Lehre von komplementärmedizinischen Methoden, wie jener der Homöopathie, zu ermöglichen. Die Wirksamkeit der Homöopathie sehen die Gesellschaften „durch Patientenerfahrung, Expertise der Ärzteschaft und signifikante Studiennachweise vielfach belegt“. Unbekannt seien hingegen aber nach wie vor die Wirkmechanismen homöopathischer Arzneimittel. Dieser Umstand bestärke Gegner, grundsätzlich an der Wirksamkeit der Behandlung wie auch der Qualität der Studien zu zweifeln.

Eine groß angelegte Leserbefragung der Apotheker Krone zeigt insgesamt ein differenziertes Bild. Mehr als 1.000 Apotheker und Ärzte beantworteten Fragen zum persönlichen Einsatz von Homöopathie, der Nachfrage von Patienten und komplementärmedizinischen Methoden insgesamt. Die Ergebnisse decken sich dabei mit Umfragen von Meinungsforschungsinstituten bei Patienten zum Thema: Insgesamt wird der Einsatz von komplementärmedizinischen Methoden als Begleitung zu schulmedizinischen Therapien positiv beurteilt. Vor allem die erforderliche Zuwendung wird geschätzt. Nicht zuletzt deshalb zeigt sich auch ein differenziertes Bild bei der Frage, ob komplementäre Methoden künftig von den Krankenkassen erstattet werden sollen. 56 Prozent der Ärzte, aber nur 40 Prozent der Apotheker beurteilen eine Kassenerstattung positiv. Insgesamt kommen 81,9 Prozent der Rückmeldungen zu einer positiven Beurteilung von komplementären Methoden neben der Schulmedizin. Beim Thema Homöopathie sind es mit 73,5 Prozent allerdings weniger. Die von Patientenanwältin Pilz geforderte Kennzeichnung der Produkte als unwirksam lehnen 85 Prozent der Umfrageteilnehmer ab. Allerdings gaben auch 73 Prozent an, den Einsatz von Homöopathie in ihrer täglichen Praxis positiv zu sehen. Die einzelnen Antworten zeigen dennoch weiterhin ein polarisierendes Bild. Sie reichen von „Homöopathie gehört in die Rubrik Lifestyle, Entertainment und Nahrungsergänzungsmittel, sicher nicht in die Universität und die dort gelehrte Medizin“, über „Betrug am Patienten“ bis hin zu „steigert die Eigenverantwortung“ und „hilft bei fast allen Erkrankungen“.

Insgesamt spiegelt die Leserbefragung auch Umfragen von Meinungsforschungsinstituten in der Bevölkerung wider: Trotz Kritik innerhalb der wissenschaftlichen Community erfreut sich die Methode innerhalb der Bevölkerung steigender Beliebtheit. Während in den vorausgegangenen Jahren nur knapp 50 Prozent der Befragten angaben, die Homöopathie angewendet zu haben, setzten im Jahr 2017 bereits 62 Prozent aller Österreicher auf ein homöopathisch wirksames Medikament. Diesen steigenden Beliebtheitstrend bestätigt auch eine neue Analyse der Marktforschungsgesellschaft Spectra zum Tag der Homöopathie am 10. April: Heuer gaben sogar 71 Prozent der Österreicher an, dass sie schon einmal auf homöopathische Hilfe vertraut haben. Vor allem Frauen (80 Prozent) begeistern sich für entsprechende Medikamente.