Arzneimittel und Alkoholkonsum: heikel, aber nicht immer unmöglich

Alkohol und Arzneimittel vertragen sich nicht – das ist die allgemeine Grundeinstellung. Mit der Empfehlung, während der Medikamenteneinnahme auf Alkohol zu verzichten, kann man daher nichts falsch machen; trotzdem ist diese Verallgemeinerung nicht gerade alltagsfreundlich. Besser ist es, gezielte Empfehlungen zu geben.

Ethanol und Cytochrom P450 → riskant

Ethanol wird nach oraler Aufnahme praktisch vollständig resorbiert. Etwa 30–60 Minuten nach der Ethanolaufnahme wird die höchste Blutalkoholkonzentration erreicht. Der Hauptteil des Alkohols wird in der Leber durch die Alkoholdehydrogenase zunächst zu Acetaldehyd und anschließend durch die Aldehyddehydrogenase zu Acetyl-Coenzym A metabolisiert, das in den Intermediärstoffwechsel eingeschleust oder zu Kohlendioxid und Wasser abgebaut wird. Besonders bei höheren Blutalkoholkonzentrationen wird Ethanol aber zusätzlich durch das mikrosomale ethanoloxidierende System (MEOS) in der Leber metabolisiert. An diesem System ist aber auch das Enzym Cytochrom P450-Subtyp-2E1 maßgeblich beteiligt. Daher kann der Abbau von Arzneistoffen, die ebenfalls durch CYP 2E1 abgebaut werden, verändert sein. Dies betrifft vor allem die Wirkstoffe Paracetamol und Isoniazid. Aber auch Vitamin A und Alkohol sind deshalb eine schlechte Kombination. Retinol und Retinsäure werden ebenfalls über CYP 2E1 abgebaut. Da die Alkoholwechselwirkung aber vorwiegend den CYP-450-Subtyp E betrifft, muss bei anderen NSAR nicht vollkommen auf Alkoholkonsum verzichtet werden. Ein Gläschen in Ehren kann daher durchaus erlaubt sein. Ein zeitlicher Abstand zur Tabletteneinnahme muss natürlich berücksichtigt werden.

Antibiotika und Alkohol → oft möglich

Erstaunlicherweise glauben die meisten Kunden, dass während einer Antibiotikatherapie striktes Alkoholverbot gilt. Für eine generelle Vorsicht bei allen Antibiotika gibt es aber keinen Grund. Wechselwirkungen sind, wenn, dann überhaupt nur mit den kaum mehr verwendeten Antibiotika Cefamandol und Griseofulvin beschrieben. Vorsicht erfordert jedoch Metronidazol, das ebenfalls die Aldehyddehydrogenase hemmen kann. In Kombination mit Alkohol steigt daher die Acetaldehyd-Plasmakonzentration. Kunden, die Metronidazol bekommen, sollten daher unbedingt auf die Alkoholunverträglichkeit hingewiesen werden.

Kombination mit oralen Antidiabetika → heikel

Während einer Behandlung mit oralen Antidiabetika vom Sulfonylharnstoff- oder Meglitinid-Typ sowie mit Insulin ist Alkohol in kleinen Mengen zu einer Mahlzeit erlaubt. Bei einer Therapie mit Metformin sollte Alkohol hingegen stark eingeschränkt werden, da Biguanide die Glukoneogenese ja verhindern und daher die Gefahr einer Laktatazidose besteht. Unspezifische Symptome dafür wären gastrointestinale Störungen wie Erbrechen, Durchfall und Bauchschmerzen, später auch Muskelschmerzen, Hyperventilation und Durst.

Methotrexat plus Alkohol → absolutes No-Go

Methotrexat ruft in Abhängigkeit von der Dosierung und der Therapiedauer ähnliche Leberschäden wie Alkohol hervor. Es gibt Hinweise auf ein erhöhtes Risiko bei regelmäßigem Alkoholgenuss. Während einer Methotrexat-Behandlung soll der Patient daher auf Alkohol verzichten; vor allem darf er diesen nicht regelmäßig konsumieren.

Alkoholwechselwirkungen mit Salben → Vorsicht!

Kaum jemand denkt an eine Wechselwirkung zwischen Alkohol und topischen Dermatika. Tatsache ist jedoch, dass die Kombination von Tacrolimus- oder Pimecrolimus-Salben mit bereits geringen Mengen Alkohol zu Flush, Juckreiz und Ödemen führen kann. Die Reaktion kann innerhalb weniger Minuten nach Alkoholkonsum auftreten und klingt nach etwa 1–2 Stunden von selbst wieder ab. Der Kunde sollte auf diesen möglichen Effekt unbedingt hingewiesen werden. Scheinbar tritt dabei auch ein Gewöhnungseffekt auf. Der Mechanismus dieser Wechselwirkung ist nicht bekannt.

Verstärkte zentral dämpfende Wirkung

Dass Alkoholkonsum während einer Behandlung mit zentral dämpfenden Pharmaka zu Sedierung, Benommenheit und verminderter Aufmerksamkeit führen kann, ist weithin bekannt. Dies kann aber auch für schwach sedierend wirkende Antihistaminika gelten. Für potenziell sedierende Serotonin-Reuptake-Hemmer und für neuere Antihistaminika wurde zwar in Studien keine verstärkte Wirkung durch Ethanol gefunden, dennoch sollte Alkohol in größeren Mengen vermieden werden. Dies gilt vor allem dann, wenn Antihistaminika abends eingenommen werden.

Kombination mit Dopaminagonisten → heikel

Mutterkornalkaloide sind zwar kaum noch im Handel, dennoch gibt es gerade magistrale Anfertigungen, die bei Kopfschmerzen und Migräne gerne eingesetzt werden. Die Kombination mit Alkohol kann Bauchschmerzen, Übelkeit sowie Hypotonie oder Hypertonie hervorrufen. Allerdings ist möglicherweise gerade die Blutdruckveränderung bei den Kopfschmerzpatienten erwünscht; empfohlen werden sollte jedoch möglichst ein Alkoholverzicht.

Alkohol und Nitrate → kontraindiziert

Moderater Alkoholkonsum wird gerne als protektiv im Hinblick auf kardiovaskuläre Krankheiten angesehen. Wesentlich dabei ist die Menge: Als risikoarm gilt ein gelegentlicher Konsum von maximal 12 g Ethanol für Frauen und die doppelte Menge für Männer. Anders sieht es bei Patienten unter Nitratbehandlung aus: Die Kombination von bereits kleinen Mengen Alkohol mit Nitraten führt logischerweise zu einer additiven Gefäßdilatation, wodurch das Risiko von orthostatischen Blutdruckabfällen steigt. Gefährlich ist dies besonders bei Hypertonikern, die bei Hochdruckkrisen mit Hilfe von Nitraten den Blutdruck senken müssen.