Behandlung und Rehabilitation bei Schizophrenie

Medikamentöse Behandlung

Die medikamentöse First-line-Therapie von schizophrenen Psychosen sind atypische Antipsychotika. Zu den in Österreich gebräuchlichsten Wirkstoffen dieser Klasse gehören Amisulprid, Aripiprazol, Olanzapin, Paliperidon, Quetiapin, Risperidon, Ziprasidon und seit Kurzem auch Cariprazin.

Da die Wahrscheinlichkeit, einen Rückfall zu erleiden, ohne antipsychotische Medikation etwa viermal höher ist als mit Medikation, wird nach einer ersten psychotischen Episode eine zumindest einjährige Rezidivprophylaxe nach Abklingen aller Symptome empfohlen. Wenn bereits mehrere psychotische Episoden erlebt wurden, sollte die Prophylaxe 2 bis 5 Jahre dauern.Zu den Nebenwirkungen von Antipsychotika gehören extrapyramidale Symptome wie Rigor, Tremor, Akathisie und teils irreversible Spätdyskinesien, die aber bei den atypischen Antipsychotika viel seltener auftreten, während sie bei den älteren, typischen Antipsychotika häufig beobachtet werden. Aus diesem Grund sollten diese älteren Substanzen nur mehr in Ausnahmefällen verordnet werden. Bei allen Antipsychotika können Sedierung, orthostatische Dysregulation, metabolische Effekte, Prolaktinerhöhung, Blutbildveränderung (Leukopenie, Agranulozytose), EKG-Veränderungen (Verlängerung der QT-Zeit) und Senkung der Krampfschwelle auftreten.

Im Rahmen einer akuten Psychose kann es auch zu ausgeprägten Unruhezuständen oder Schlafstörungen kommen. In diesen Fällen sind zusätzlich zu den Antipsychotika auch anxiolytisch und schlafanstoßend wirkende Medikamente erforderlich. Diese Substanzen haben prinzipiell das Risiko, dass sich eine Abhängigkeit entwickelt. Aus diesem Grund sollen diese Psychopharmaka – sofern möglich – nur für kurze Zeiträume gegeben werden. Wie bei jeder längerfristigen Medikation sind Kontrollen wichtiger Laborparameter und des EKG zu empfehlen. Neben den Fachärzt:innen für Psychiatrie sind hier auch Ärzt:innen für Allgemeinmedizin gefordert, die in vielen Fällen kontinuierliche Ansprechpersonen für alle Gesundheitsfragen sind.

Psychotherapeutische Interventionen

Internationaler Standard in der Psychotherapie von schizophrenen Psychosen ist die kognitive Verhaltenstherapie, was auf die hohe wissenschaftliche Evidenz zu deren Wirksamkeit zurückzuführen ist. Generell wird empfohlen, die folgenden Prinzipien bei der Psychotherapie der Schizophrenie einzuhalten: umfassende Information der Erkrankten über ihre Krankheit (siehe Psychoedukation), Ausgewogenheit zwischen Über- und Unterforderung, Klarheit und Einfachheit der Kommunikation sowie über längere Zeiträume kein Wechsel der therapeutischen Bezugspersonen.

Kommunikationsstil des sozialen Umfeldes

Angehörige, die lernen, ihre Kommunikation an die Bedürfnisse des Schizophreniekranken anzupassen (low expressed emotions), können dazu beitragen, den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen. Zahlreiche Studien konnten positive Effekte nachweisen, die sich sowohl bei den Patient:innen (z. B. weniger Rückfälle, weniger Spitalsaufnahmen) als auch bei den Angehörigen (z. B. verbesserte Bewältigungsmechanismen) zeigten. Einige Autor:innen berichteten, dass der Effekt der Interventionen bei Angehörigen etwa 9-mal so hoch ist wie die Wirksamkeit von Aspirin zur Vermeidung von Herzinfarkten. Einem möglichen Missverständnis muss allerdings vorgebeugt werden: Die Tatsache, dass sich der Kommunikationsstil auf die Patient:innen positiv auswirkt, bedeutet nicht, dass das Verhalten der Familie an der Entstehung der Schizophrenie ursächlich beteiligt ist.

Psychoedukation für Kranke und ihre Angehörigen

Fehlendes Wissen oder falsche Vorstellungen über Schizophrenie können bei den Erkrankten und deren Angehörigen zu Unsicherheit und Widerstand gegen die Behandlung und Rehabilitation führen. Zahlreiche Studien konnten zeigen, dass strukturierte Informationsvermittlung über den Verlauf, die Ursachen, den Umgang mit eventuellen Rückfällen sowie die Möglichkeiten von Behandlung und Rehabilitation sich günstig auf die Compliance auswirken. Dies wiederum reduziert das Risiko von Rückfällen und erhöht die Chancen auf berufliche und soziale Wiedereingliederung. Eine offene Kommunikation kann Vertrauen fördern und Unsicherheiten reduzieren.

Arbeit

Internationale Studien zeigen, dass Menschen, die unter Schizophrenie leiden, oft nicht oder nur eingeschränkt berufstätig sind. Nach einem längeren Krankenstand fällt es vielen schwer, sofort wieder Vollzeit zu arbeiten. Ein Vollzeit-Einstieg ins Arbeitsleben führt oft zu Überforderung, der im schlimmsten Fall zu Jobverlust oder einem Krankheitsrückfall führen kann. Seit 2017 gibt es das sogenannte Wiedereingliederungsteilzeit­gesetz, das es Menschen, deren Berufstätigkeit für zumindest 6 Wochen durch einen Krankenstand unterbrochen ist, durch eine vorübergehende Reduktion der Wochenarbeitszeit den ­Wiedereinstieg ins Arbeitsleben erleichtert. Auf diese Weise kann es gelingen, Schritt für Schritt ins Arbeitsleben zurückzukehren. Die Wiedereingliederungsteilzeit dauert üblicherweise zwischen einem und sechs Monaten. Während dieser Zeit kann die ­Wochenarbeitszeit um mindestens ein Viertel und maximal die Hälfte der ursprünglichen Normalarbeitszeit reduziert werden. Neben dem Entgelt aufgrund der beruflichen Tätigkeit steht den Arbeitnehmer:innen ein Wiedereingliederungsgeld aus der Krankenversicherung zu. Unterstützende Begleitung beim (Wieder-)Einstieg ins Arbeitsleben kann auch die Arbeitsassistenz leisten.

Wohnen

Jene Kranken, deren Erkrankung einen eher ungünstigen Verlauf nimmt, haben immer wieder Probleme, ohne fremde Hilfe in der eigenen Wohnung zurecht zu kommen. Studien zeigen, dass aus diesem Grund überdurchschnittlich viele Erkrankte bei der Herkunftsfamilie leben, was für die Entwicklung einer selbständigen Alltagsbewältigung manchmal ungünstig ist. In den letzten 4 Jahrzehnten haben sich daher unterschiedlichste Formen von unterstütztem Wohnen für Menschen entwickelt, die aufgrund einer Schizophrenie Schwierigkeiten im Alltag haben. Die verschiedenen Formen von unterstütztem Wohnen unterscheiden sich durch die Intensität der Betreuung und Art der Einrichtung (z. B. Wohnheim, betreutes Übergangswohnen, Wohngemeinschaft). Viele Erkrankte wollen aber weder bei den Eltern noch in einer Einrichtung leben, sondern in der eigenen Privatwohnung. In den letzten Jahren haben sich daher in einigen europäischen Ländern Wohnmodelle entwickelt, die nicht auf institutionellem Wohnen basieren, sondern auf einer Unterstützung des Wohnens in der eigenen Privatwohnung (Individual Housing and Support). Ein sogenannter Wohncoach unterstützt, berät und hilft bei Schwierigkeiten in der eigenen Wohnumgebung. Kürzlich veröffentlichte Studien zeigen, dass Individual Housing and Support sich oft auch für die Betroffenen günstig auswirkt (z. B. weniger Spitalsaufnahmen).