„Beratung ist auch 2015 Trumpf“

Apotheker Krone: Was kann man von den Entwicklungen des heurigen Jahres im OTC-Bereich für 2015 lernen?

Erika Sander: Generell lässt sich ein Trend hin zur Individualisierung der Produkte feststellen. Ich meine hier beispielsweise die stärkere Fokussierung auf Zielgruppen anhand von Parametern wie Geschlecht, Lebensabschnitt und auch Lifestyle sowie Selbstbild der Kunden. Dieser „Taylor made“-Gedanke setzt sich auch in den Marktentwicklungen fort – wie man das etwa im Segment der Spezialvitamine oder auch im Probiotikabereich sieht. Weiters findet eine Diversifikation der Märkte durch fast alle OTC-Klassen statt, allen voran in Wachstumsmärkten, wie im Bereich Mundhygiene und trockenes Auge, aber auch in klassischen Märkten, wie Husten und Erkältung. Beide Marktphänomene stärken die stationäre Apotheke – die hier den Trumpf der Beratung voll ausspielen kann.

Ist zu erwarten, dass in Österreich wie in anderen Ländern weitere rezeptpflichtige Produkte rezeptfrei werden und damit in den OTC-Bereich wandern?

Sander: Was die Rezeptpflicht betrifft, ist sicherlich ein europäischer Trend zu beobachten, der sich darin widerspiegelt, dass rezeptpflichtige Produkte, die sich über lange Jahre im Markt bewährt haben und als sicher gelten, in den rezeptfreien Status entlassen werden. Eine Freigabe von Sildenafil wie in Neuseeland sehe ich aber in Österreich nicht.

 

Beratung ist auch 2015 trumpf

 

Wie wird sich der Versandhandel auswirken, der ja in der zweiten Jahreshälfte liberalisiert wird? Sollen Apotheken hier mitmachen beziehungsweise wie können sie sich vor der Konkurrenz schützen?

Sander: Ich denke, langfristig wird der Versandhandelsmarkt eine ähnliche Entwicklung nehmen wie in Deutschland. In Deutschland haben initial rund 1.200 Apotheken um eine Versandhandelserlaubnis angesucht. Im Vorjahr hat sich die Zahl sogar mehr als verdoppelt, wenngleich aber nur etwa fünf Prozent der Apotheken mit Versanderlaubnis einen aktiven Online-Arzneimittel-Versandhandel betreiben.

Was bedeutet das für Österreich?

Sander: In Deutschland bedeutet es, dass etwa 30 bis 40 Versandapotheken für über 90 Prozent der Versandhandelsumsätze verantwortlich sind. Legt man dies auf Österreich um, würde dies bedeuten, dass es in Zukunft etwa zwei bis drei Versandapotheken geben wird, die das Versandhandelssegment in Österreich treiben werden. In Deutschland liegt der Versandhandelsanteil bei etwa 12 Prozent. Die starke Beratungskompetenz der Österreichischen Apotheken wird den Gesamtmarktanteil des Versandhandels aber mit Sicherheit unter den Wert Deutschlands drücken.

Sollen sich Apotheken künftig anderen Produktbereichen öffnen, und wenn ja, welchen?

Sander: Viele Apotheken sind bereits in verschiedenen „neuen“ Produktkategorien und Services unterwegs und schaffen dadurch einen zusätzlichen USP ihres Standortes beziehungsweise eine eigenständige Positionierung und Differenzierung zum Mitbewerb. Welche Produktbereiche und Services eine Apotheke für sich als sinnvoll erachtet, ist immer eine strategische aber auch standortbezogene Entscheidung – die auch authentisch gegenüber dem Kunden gelebt werden will. Beispiele dafür sind Eigenmarken, Kooperationen mit anderen Gesundheitsberufen und vor allem die gesamtheitliche Betreuung in Arzneimittelfragen, die sich im Medikations-Management widerspiegelt.

Gibt es weitere Dinge, die Ihnen auffallen und künftig das Geschäft der Apotheken beeinflussen werden?

Sander: Die starke Qualitätsausrichtung der österreichischen Apotheken, sowohl in der Beratung und im Service und hier vor allem im bereits genannten Medikationsmanagement als auch immer mehr im Geschäftsauftritt mit Neugestaltungen und einer aktiveren Bewirtschaftung des Freiwahlbereiches prägen das sehr positive Selbstverständnis der Apotheken, welches auch in der Außenwirkung – also beim Kunden – so wahrgenommen wird.