Beratungsleitfaden: Halsschmerzen

Die Ursache von Halsschmerzen ist meist eine akute, selbstlimitierende Infektion im Bereich der oberen Luftwege.

Laut Halsschmerz-Leitlinie1 sind meist Viren, vor allem Rhinoviren, Adenoviren oder Coronaviren, für eine akute infektiöse ­Tonsillitis verantwortlich. Die Haupterreger einer akuten bakteriellen Tonsillitis sind meist Streptococcus pyogenes (GABHS). Sie werden für 15–30 % der akuten Tonsillitiden im Kindesalter und für 5–10 % der akuten Tonsillitiden im Erwachsenenalter verantwortlich gemacht. Eine rezente Auswertung von Daten aus der Zoe App Study2 hat gezeigt, dass bei den Auslösern von Halsschmerzen auch immer an SARS-CoV-2 gedacht werden sollte. Über 50 Prozent der befragten und positiv getesteten Personen (Omikron BA.2, BA.4 und BA.5) haben Halsschmerzen als Hauptsymptom angegeben.

Auf den ersten Blick – Wirksames für die Selbstmedikation

lokal: Lutschtabletten/Gurgellösungen/Sprays

  • mit desinfizierenden bzw. antimikrobiellen Zusätzen (Cetrimoniumbromid, ­Chlorhexidin, Tyrothricin, Hexetidin, Povidon-Iod usw.): reduzieren Keimbelastung
  • mit lokalanästhetischen oder schmerzstillenden Zusätzen (Lidocain, Ambroxol, Benzydamin, Flurbiprofen etc.)
  • mit reizlindernden Zusätzen: Isländisch Moos, Käsepappel, Hyaluronsäure oder salzhaltige Pastillen

oral: NSAR (Ibuprofen) oder Paracetamol bei starken Schmerzen unterstützend:

  • viel trinken: warme, aber nicht zu heiße Getränke (Tees mit Salbei, Eibisch etc. – auch zum Gurgeln)
  • Raumluft befeuchten
  • Nikotin, Alkohol und reizende Speisen meiden
  • Stimme schonen, nicht flüstern

Empfehlungen für das Gespräch an der Tara

Wichtige Fragen zu Beginn der Beratung

  • Seit wann bestehen die Beschwerden? Akut oder schon länger?
  • Wer ist betroffen? Kind, Erwachsener, Senior, Schwangere, Stillende?
  • Wie äußern sich die Symptome? Kratzen im Hals oder „echte“ Halsschmerzen?
  • Welche Mittel wurden bisher ausprobiert? Mit welchem Erfolg?

Typische Symptome:

  • Trockenheitsgefühl, rauer Hals
  • Brennen, Kratzen
  • sichtbare Rötung und Anschwellen der Schleimhäute im Hals- und Rachenbereich
  • Schmerzen beim Schlucken, Schluckprobleme
  • „Kloßgefühl“ im Hals, geschwollene Tonsillen
  • Heiserkeit (bei zusätzlicher Kehlkopfentzündung)
  • Schmerzen beim Sprechen
  • Schwellung der regionalen Lymphknoten
  • weiße, stippenartige Beläge auf den Rachenmandeln ⇒ bakterielle Ursache

Nach zwei bis drei Tagen ist in der Regel der Höhepunkt akuter Halsschmerzen erreicht; insgesamt dauern sie ca. eine Woche an.
Wichtig! Unterscheidung zwischen akuten und rezidivierenden Verlaufsformen; bestehen Halsschmerzen seit höchstens zwei Wochen, sind sie akut.

Rezidivierende Beschwerden:

Laut S2k-Leitlinie3 „Entzündliche Erkrankungen der Gaumenmandeln/Tonsillitis, Therapie“ stellen vor allem wiederholt auftretende Neuinfektionen oder rezidivierende Verläufe eine therapeutische Herausforderung dar; erkranken Patient:innen nach mehr oder weniger kurzen beschwerdefreien Intervallen immer wieder ⇒ rezidivierende Tonsillitis

Weitere mögliche Ursachen für Halsschmerzen und Schluckbeschwerden

Dauern die Halsschmerzen > als 14 Tage, sollte auch an nichtinfektiöse Ursachen gedacht werden:

  • Reizung der Atemwege durch trockene Luft, Rauch, Staub, Chemikalien
  • Überbeanspruchung der Stimme, z. B. viel und lautes Sprechen, Singen
  • Refluxkrankheit ⇒ extraösophagealer Reflux, stiller Reflux
  • chronische Sinusitis ⇒ in den Rachen abfließende Sekrete verursachen oft Heiserkeit, Halsschmerzen und Räuspern
  • Angina follicularis, lacunaris, lateralis
  • Herpangina
  • Scharlach
  • akute Thyreoiditis
  • Tumoren, z. B. Rachen-, Speiseröhren-, Tonsillen-, Kehlkopf- oder Zungentumore
  • falsch angewendete Arzneimittel, z.  B. nicht ausreichend verdünnte alkoholische Tropfen oder Tabletteneinnahme ohne Wasser ⇒ Irritationen der Rachenschleimhaut
  • Trinken bzw. Essen von zu heißen Speisen bzw. Flüssigkeiten („Verbrühungen“)

Beratungstipps

  • körperliche Schonung
  • ausreichend trinken, Raumluft befeuchten
  • Kräutertees ⇒ Salbei, Süßholz, Ingwer, Eibisch, Königskerze
  • Flüssigkeiten nicht zu heiß oder zu kalt trinken ⇒ empfehlenswert ist lauwarmer Tee
  • Rauchen unbedingt einstellen (Nikotinkarenz)
  • zu heiße, scharfe Speisen und Getränke (Alkohol) meiden
  • bei Heiserkeit die Stimme schonen ⇒ nicht zu viel und in normaler Lautstärke sprechen; Flüstern tut der Stimme gar nicht gut; die Beschwerden werden unter Umständen sogar verstärkt.

Selbstmedikation

Die Möglichkeiten der Selbstmedikation bei Halsschmerzen sind umfangreich ⇒ desinfizierende, lokalanästhetische, antibiotische und analgetische Therapien.
Zu beachten! Bei der Auswahl der richtigen Arzneiform (Lutschtablette, Gurgellösung oder Spray) ⇒ nicht nur an den Vorlieben der Kund:innen orientieren, sondern auch die Lokalisation der Halsschmerzen beachten ⇒ nach dem Ort des Entzündungsgeschehens wird zwischen Pharyngitis, Laryngitis, Epiglottitis, Tracheitis, Tonsillitis und Seitenstrangangina unterschieden; eine eindeutige ätiologische Zuordnung ist klinisch aber eher schwierig; aus diesem Grund wurde in der Halsschmerz-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (DEGAM) auf die differenzierte Benennung der bei Halsschmerzen betroffenen anatomischen Strukturen verzichtet.

Therapieziel ⇒ rascher Rückgang der Entzündung und eine effektive Schmerzlinderung:

  • Desinfizierende lokale Wirkstoffe (z. B. Cetylpyridiniumchlorid, Benzalkoniumchlorid, Dequaliniumchlorid, Chlorhexidin und Hexetidin, Povidon-Jod, Benzydamin) sollen die Anzahl der schädlichen Keime im Mund- und Rachenbereich reduzieren.
  • Schmerzstillende Zusätze (z. B. Ambroxol, Flurbiprofen, Benzydamin) bewirken eine rasche und zuverlässige Oberflächenanästhesie. Vorsicht! Nicht zu lange anwenden, da durch die lokalanästhetische Wirkung ernstere Ursachen verschleiert werden können.
  • Benzydamin zeigt neben der schmerzstillenden auch eine ausgeprägte entzündungshemmende und desinfizierende Wirkung; der Wirkstoff penetriert gut durch die Schleimhaut und hemmt dort die Freisetzung proinflammatorischer Zytokine.
  • Lokalanästhetikum, z. B. Lidocain
  • lokal wirksame Antibiotika, z. B. Polypeptid-Antibiotikum Tyrothricin
  • Lutschpastillen mit Hyaluronsäure zeigen ein mucilaginöses Wirkprinzip ⇒ Bildung eines protektiven Hydrogels beim Lutschen
  • Pflanzliche Zubereitungen (z. B. Saft, Tee, Lutschpastillen) mit Primelwurzel, Isländischem Moos, Thymian, Spitzwegerich oder Eibisch wirken schleimhautauskleidend und reizlindernd.
  • „Kräuterzuckerl“ (Salbei, Johannisbeere, Spitzwegerich, Thymian u. a.) zum Befeuchten der Schleimhäute
  • Salzhaltige Lutschpastillen helfen, die Beschwerden zu lindern.
  • Rachensprays ⇒ die relevanten Wirkstoffe gelangen auch in tiefere Regionen des Rachens.
  • Dexpanthenol unterstützt die Regeneration geschädigter Schleimhäute.
  • Gurgellösungen spülen und benetzen die Rachenschleimhaut.
  • Zubereitungen mit ätherischen Ölen zur lokalen Anwendung werden als angenehm empfunden (nicht bei Kleinkindern).
  • Bei stärkeren Schmerzen ist die kurzfristige Einnahme von NSAR oder Paracetamol sinnvoll.
  • homöopathische Arzneimittel

Zu beachten! Alle Rachentherapeutika sollten gleichmäßig über den Tag verteilt nach den Mahlzeiten eingenommen bzw. angewendet werden ⇒ längere Verweildauer der Wirkstoffe im Mund- und Rachenraum

Arztbesuch empfehlen:

  • Kinder < 2 Jahren
  • Kinder und Jugendliche ⇒ auch Mononukleose (Pfeiffersches Drüsenfieber) oder Scharlach können die Ursache von Halsschmerzen sein.
  • Schwangere, Stillende
  • Halsentzündung > 2 Wochen
  • hohes Fieber > 39 °C
  • geschwollene, eitrige Mandeln, eitriger und/oder blutiger Auswurf
  • stark geschwollene Lymphknoten
  • Ohrenschmerzen
  • Mundgeruch bzw. „Eitergeruch“
  • chronische Heiserkeit (Veränderung der Stimmqualität und -leistung)

Epilog

Grundsätzlich sollten alle Rachentherapeutika gleichmäßig über den Tag verteilt und bevorzugt nach den Mahlzeiten eingenommen bzw. angewendet werden, um eine ausreichend lange Einwirkzeit der Wirkstoffe zu gewährleisten.

Lutschpastillen regen den Speichelfluss an, die Schleimhäute werden befeuchtet und gereinigt. Der jeweilige Arzneistoff – Lokalanästhetikum, Antiseptikum, Antiphlogistikum oder Lokalantibiotikum – steht lokal zur Verfügung und kann direkt am Ort des Entzündungsgeschehens seine Wirkung entfalten.

Lutschtabletten stellen somit eine optimale Therapieform bei Halsschmerzen dar. Zusätzlich werden durch eine vermehrte Produktion von Abwehrstoffen wie Lysozym und Immunglobulinen die Krankheitserreger direkt „bekämpft“. Die Kund:innen sollten darauf aufmerksam gemacht werden, dass es besser wäre, Lutschpastillen einfach unter die Zunge oder in die Wangentasche zu legen und langsam zergehen zu lassen, denn dies gewährleistet eine längere Einwirkzeit und damit eine bessere Wirksamkeit. Schnelles Lutschen, Kauen oder Zerbeißen schwächt die Wirkung erheblich ab.
Zuckerfreie Präparate verhindern die Kariesbildung und sind eine gute Empfehlung für Diabetiker:innen.
Zu beachten ist, dass bei Allergiker:innen Präparate mit den Wirkstoffen Benzocain und Lidocain zu Unverträglichkeitsreaktionen führen können.

Gurgellösungen eignen sich ausgezeichnet zur Desinfektion der Mundhöhle am Beginn einer Erkältung, um die Ausbreitung der Erreger einzudämmen. Um die Kontaktzeit mit dem Wirkstoff zu erhöhen, sollte man ausreichend lange gurgeln (mindestens eine Minute) und der Mund darf danach auf keinen Fall mit Wasser ausgespült werden. Der Sprühapplikator von Rachensprays reicht bis kurz vor den Rachen und bringt die relevanten Wirkstoffe auch an tiefer gelegene Regionen. Ideal sind Rachensprays auch für unterwegs und wenn es mal schnell gehen muss. Ein weiterer Vorteil ist die „kontaktlose“ und somit hygienische Applikation.