Beratungsleitfaden: Infektion obere und untere Atemwege

Der Begriff „United Airways“ wird wohl eher mit einer Fluggesellschaft in Verbindung gebracht. Mit diesem Begriff werden heute die oberen und unteren Atemwege als eine Einheit zusammengefasst. Und genau aus diesem Grund dürfen Erkrankungen der Atemwege und deren Therapien auch nicht mehr isoliert gesehen werden.Welche Symptome bei einem Atemwegsinfekt auftreten, hängt vor allem davon ab, ob der Erreger die oberen und/oder die unteren Atemwege befallen hat. Normalerweise geht eine Infektion der oberen Atemwege mit leichteren Symptomen als ein Infekt der unteren Atemwege einher.

Häufig findet bei Entzündungen der oberen Atemwege ein „Etagenwechsel“ statt, d. h., das infektiöse Geschehen wechselt von den oberen zu den unteren Atemwegen. Die Schleimhäute in Nase, Rachen, Luftröhre und Bronchien sind gleichzeitig entzündet. Ein gutes Beispiel dafür ist das Post-Nasal-Drip-Syndrom (PNDS), das Phänomen des „wandernden Schleims“.

Auf den ersten Blick – Wirksames für die Selbstmedikation

    • kortisonhaltige Nasensprays, z. B. Mometason
  • schleimhautabschwellende Präparate (oral, lokal)
  • Phytopharmaka, z. B. Myrtol, Cineol, Spiköl, Schlüsselblume, Enzian, Sauerampfer, Holunder und Eisenkraut
  • Sekretolytika und Mukolytika, z. B. Acetylcystein, Ambroxol
  • Acetylsalicylsäure, Ibuprofen oder Paracetamol auch in Kombination, z. B. mit Pseudoephedrin, Phenylephrin, Ephedrinsulfat
  • Hustenstiller, z. B. Pentoxyverin, Dextromethorphan
  • pflegende Nasensprays und/oder -öle
  • lokale Anwendungen von physiologischer Kochsalzlösung
  • Inhalation warmer Dämpfe (ca. 38 °C)
  • Zubereitungen mit ätherischen Ölen (nicht für Säuglinge und Kleinkinder)
  • Antihistaminika, Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten

Empfehlungen für das Gespräch an der Tara

Wichtige Fragen zu Beginn der Beratung

  • Welche Beschwerden liegen vor? Wie äußern sich diese?
  • Seit wann bestehen die Beschwerden: akut oder schon länger?
  • Treten die Beschwerden zu bestimmten Zeiten bzw. in bestimmten Situationen immer wieder auf (evtl. auch an Allergie denken)?
  • Wie ist die Beschaffenheit des Sekrets: dünnflüssig, serös-mukös, farblos, gelblich grün?
  • Sind Begleitsymptome vorhanden: Husten, Kopfschmerz, Druckgefühl in den Nebenhöhlen, Abgeschlagenheit, Geschmacks- oder Geruchsstörungen?
  • Welche Maßnahmen und/oder Arzneimittel wurden bisher ausprobiert? Mit welchem Erfolg?

Je nach betroffenem Bereich lassen sich verschiedene Unterarten von Atemwegsinfektionen definieren:

Atemwegsinfekte der oberen Atemwege

  • Entzündung der Nasenschleimhaut (Rhinitis)
  • Nasennebenhöhlen-Entzündung (Sinusitis)
  • Mittelohrentzündung (Otitis media)
  • Kehlkopfentzündung (Laryngitis)

Atemwegsinfekte der unteren Atemwege

  • Rachenentzündung (Pharyngitis)
  • Luftröhrenentzündung (Tracheitis)
  • Entzündung der Bronchien (Bronchitis)
  • Entzündung der Lungenbläschen (Alveolitis)
  • Lungenentzündung (Entzündung des Lungengewebes, Pneumonie)

Zu beachten! Meist sind bei einem Infekt mehrere Bereiche gleichzeitig betroffen.

Häufigste Ursachen für Atemwegsinfektionen, z. B.:

  • Grippale Infekte ⇒ können mehrmals im Jahr auftreten (Erwachsene zwei- bis dreimal, Kinder sieben- bis zehnmal pro Jahr); es sind an die 200 Virusarten bekannt, die grippale Infekte auslösen können.
  • COVID-19 ⇒ SARS-CoV-2
  • Influenza
  • infektiöse Pneumonie ⇒ ausgelöst durch verschiedene Bakterien (häufig Streptococcus pneumoniae), Viren oder auch Pilze

Seltener, aber in den letzten Jahren zunehmend:

  • Pertussis ⇒ Bakterien der Gattung Bordetella pertussis
  • Scharlach ⇒ Streptokokken
  • Tuberkulose ⇒ Mycobacterium tuberculosis

Ältere Menschen sind häufiger und leichter von Erkältungen, Grippe, Bronchitis oder Lungenentzündung betroffen, denn das „alternde“ Immunsystem ist nicht mehr so leistungsfähig.

Sinubronchiales Syndrom

Bei Infekten der oberen Atemwege (z. B. virale oder bakterielle Infektion der Nasennebenhöhlen, akute Rhinosinusitis) besteht immer die Gefahr einer Ausweitung der Entzündung auf die unteren Atemwege ⇒ „infiziertes“ Sekret gelangt von der hinteren Nase über den Rachen in die Bronchien ⇒ Postnasal-Drip-Syndrom ⇒ Schleimhäute in Nase, Rachen und Bronchien sind gleichzeitig entzündet, d. h., zur bestehenden Rhinosinusitis kommt noch eine akute Bronchitis dazu ⇒ sinubronchiales Syndrom: Obwohl sich der Erkrankungsherd in den oberen Atemwegen befindet, läuft das Entzündungsgeschehen hauptsächlich in den unteren Atemwegen ab. Das sinubronchiale Syndrom ist kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern ein Symptom, dessen Ursprung im Zusammenhang mit verschiedenen Grunderkrankungen (z. B. virale Infektion, nichtallergische Rhinitis, Nasenmuschelverdickung, Nasenscheidewandverkrümmung, Polypen, Tumoren) liegt.

Wichtig! Wenn die Symptome dauerhaft bzw. chronisch auftreten ⇒ wahrscheinlich chronische Grunderkrankung, z. B. chronische Sinusitis, allergische Rhinosinusitis ⇒ permanente Störung des Sekretflusses und Chronifizierung.

Symptome eines sinubronchialen Syndroms

  • Sekretfluss über Rachen und Luftröhre in die Bronchien ⇒ Postnasal-Drip-Syndrom mit hartnäckigem Husten, häufiges Räuspern
  • Heiserkeit und ein Kloßgefühl im Hals
  • Im Liegen ⇒ Schleimfluss im Rachen tritt verstärkt auf; kann nachts zu Schlafbeschwerden führen.
  • Atemgeräusche
  • Kopf-, Brust- und Gliederschmerzen
  • Müdigkeit und Abgeschlagenheit
  • im fortgeschrittenen Stadium ⇒ schlechter Geschmack im Mund, Mundgeruch
  • wenn sich zusätzlich allergisches Asthma entwickelt ⇒ Gefahr von Atemnot

Selbstmedikation

Bei einem sinubronchialen Syndrom bzw. Postnasal-Drip-Syndrom sollte möglichst rasch eine Therapie erfolgen ⇒ um einer Chronifizierung im Bereich der Nasennebenhöhlen bzw. der unteren Atemwege entgegenzuwirken.

Wichtig! Es sollte vor allem die Drainage und Belüftung der Nasennebenhöhlen gefördert werden.

  • kortisonhaltige Nasensprays (z. B. Mometason) ⇒ abschwellend, entzündungshemmend; bei der Anwendung als Spray kaum Nebenwirkungen (Rezeptpflicht)
  • Schleimhautabschwellende Präparate (oral, lokal), um die Ausführungsgänge der Nasennebenhöhlen wieder frei zu machen ⇒ wegen Nebenwirkungen und Gewöhnungsgefahr nur über einen Zeitraum von maximal 10 Tagen verwenden.
  • Myrtol, Cineol, Spiköl ⇒ Schleimlösung und Entzündungshemmung in den Atemwegen; wichtig: Wenn möglich nüchtern und nicht mit heißen Getränken einnehmen.
  • Sekretolytika und Mukolytika helfen, die Viskosität des Schleims herabzusetzen und den Sekretstau zu beseitigen, z. B. Acetylcystein, Ambroxol
  • Acetylsalicylsäure, Ibuprofen oder Paracetamol zur Linderung der Schmerzsymptomatik, auch in Kombination, z. B. mit Pseudoephedrin, Phenylephrin, Ephedrinsulfat ⇒ schleimhautabschwellend
  • Hustenstiller ⇒ Pentoxyverin, Dextromethorphan
  • Pflegende Nasensprays und/oder -öle; Zubereitungen mit Hyaluronsäure unterstützen die Schleimhäute bei der „Befeuchtung“; Dexpanthenol unterstützt die Regeneration einer geschädigten Schleimhaut.
  • lokale Anwendungen von physiologischer Kochsalzlösung, z. B. als Spülungen, Nasentropfen oder -spray ⇒ Verbesserung der mukoziliären Clearance, Verengung von Gefäßen und Abschwellen der Schleimhaut (vor allem bei chronischer Rhinosinusitis)
  • Kombinationsphytotherapeutika wie z. B. aus Schlüsselblume, Enzian, Sauerampfer, Holunder und Eisenkraut ⇒ wirken gegen akute und chronische Entzündungen der Nasennebenhöhlen.
  • Inhalation warmer Dämpfe (ca. 38 °C)
  • Zubereitungen mit ätherischen Ölen zur lokalen Anwendung werden bei Schnupfen meist als angenehm empfunden (nicht für Säuglinge und Kleinkinder).
  • Antihistaminika, Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten

Beratungstipps

  • Abwehrkräfte stärken.
  • ausreichende Luftfeuchtigkeit, vor allem in den Schlafräumen
  • Mehrmals am Tag lüften, zumindest aber morgens und abends (Stoßlüftung).• Vermeiden von Zigarettenrauch
  • Schleimhäute schützen ⇒ trockene Luft (Klimaanlagen, überheizte Räume) kann die Nasenschleimhäute aus­trocknen und reizen; Lutschen von Halspastillen.
  • Vorsicht bei heißem Tee ⇒ kontraproduktiv bei praktisch allen Entzündungen der oberen Atemwege; mäßig erwärmte Tees sind vorzuziehen; Reizung und Schwächung der Schleimhäute in Mund- und Halsbereich ⇒ ein optimaler Nährboden für Sekundärinfektionen.
  • Hausapotheke rechtzeitig und sinnvoll aufzufüllen.
  • Pneumokokken-Schutzimpfung empfehlen, v. a. für Patient:innen mit COPD und chronischem Asthma.

Arztbesuch empfehlen

Ein:e Ärzt:in sollte immer dann konsultiert werden, wenn das Krankheitsbild oder der Krankheitsverlauf von einer typischen Erkältung abweicht. Aus diesem Grund ist bei der Beratung an der Tara ein genaues Abfragen der Beschwerden unerlässlich.

  • dickflüssiges, gelblich grünes Nasensekret
  • starker Stirnkopfschmerz beim Bücken
  • plötzliche Kopf-, Glieder- und Nackenschmerzen
  • Sputum gefärbt oder blutig
  • Ohrenschmerzen oder Heiserkeit > 3 Tage
  • anhaltendes und/oder hohes Fieber > 39 °C
  • anhaltender Reizhusten
  • Patient:innen mit Asthma oder COPD

Epilog

Beim sinubronchialen Syndrom müssen die oberen und unteren Atemwege immer gemeinsam ­therapiert werden.

Im Vordergrund der Therapie steht die Reinigung der Atemwege, d. h. Lösung und Abtransport des „entzündlichen Schleims“. Schleimhautabschwellende Präparate (lokal oder oral) helfen, die Ausführungsgänge der Nasennebenhöhlen wieder freizumachen bzw. freizuhalten.

Schleimlösung mit Myrtol, Cineol und Speiköl

Myrtol ist ein standardisiertes Gemisch aus Limonen, Cineol und α-Pinen (Destillation von Eukalyptus- und Zitrusöl) und wirkt sekretomotorisch, sekretolytisch, mukolytisch, antiphlogistisch und schleimhautabschwellend.

Cineol wird aus Eukalyptusöl gewonnen und hat ähnliche Wirkungen wie Myrtol.

Speiköl (auch Spiköl) ist das ätherische Öl einer Lavendelart (Lavendula latifolia) und hat einen hohen Anteil an Kampfer und Cineol.

Alle drei ätherischen Öle aktivieren die natürlichen Selbstreinigungskräfte der Atemwege, der festgesetzte Schleim wird gelöst, und die entzündlich veränderte Schleimhaut kann sich wieder regenerieren. Zusätzlich unterstützen entzündungshemmende Eigenschaften den Heilungsprozess. Wichtig ist die Einnahme eine halbe Stunde vor einer Mahlzeit. Bei magenempfindlichen Personen empfiehlt sich die Einnahme nach dem Essen. Zur Erleichterung der Nachtruhe kann die letzte Dosis vor dem Schlafengehen eingenommen werden.

Schleimhäute schützen

Trockene Luft (Klimaanlagen, überheizte Räume) kann die Nasenschleimhäute austrocknen und reizen. Durch die Verwendung von Meerwasser-Nasensprays (evtl. mit Zusätzen wie Hyaluronsäure und Dexpanthenol) mehrmals täglich wird die Nasenschleimhaut feuchtgehalten. Das Lutschen von „Halspastillen“ wirkt wohltuend auf die Schleimhäute des Mund- und Rachenraumes sowie der oberen Atemwege, da die natürliche Feuchtigkeitsbildung gefördert wird.