Brandaktuelles zu Vitamin D

Ob bei der Gesundheit der Knochen, beim Zuckerstoffwechsel oder beim Wachstum von Kindern – Vitamin D und seine Wirkungen im Organismus sind ein intensiv beforschtes Gebiet. Ständig gibt es neue Erkenntnisse, die zeigen, wie vielfältig die Aufgaben im Körper sind und wie wichtig eine gute Versorgung ist.

Zu den lange bekannten Funktionen von Vitamin D zählt die Rolle im Kalziumhaushalt und im Knochenstoffwechsel. Die intra- und extrazellulären Kalziumkonzentrationen werden in einem physiologisch akzeptablen Bereich (Plasmakonzentration 9,5–10,5 mg/dl) gehalten. Erreicht wird dies gemeinsam mit dem Parathormon und Calcitonin durch die Hormonwirkungen von 1,25(OH)2D3 (Calcitriol) auf den Kalzium- und Phosphatstoffwechsel im Darm und im Knochen.1 Darüber hinaus gibt es top-aktuelle Forschungsergebnisse. Ein Review aus 2014 hat diese gut zusammengefasst. Analysiert wurden dazu 73 Kohortenstudien mit 849.412 Personen und 22 randomisierte Studien mit insgesamt 30.716 Probanden. Vitamin D beeinflusst demnach eine Vielzahl von biologischen Antworten. Das betrifft das Zellwachstum, die Zellproliferation, die Apoptose und Funktionen des Immunsystems. In den meisten menschlichen Zellen und Geweben befinden sich – anders als früher angenommen – Vitamin-D-Rezeptoren. Damit wird schon angedeutet, dass dieses Vitamin auch sehr stark in nichtskelettale physiologische Prozesse involviert ist. Bisher hat man rund 3.000 Bindungsstellen für den Vitamin-D-Rezeptor im Genom identifiziert. Das sind rund 3 % des gesamten menschlichen Genoms. Es besteht weiters eine positive Assoziation zwischen Vitamin-D-Konzentrationen im Körper und einer größeren Länge von Leukozyten-Telomeren. Dabei handelt es sich sehr wahrscheinlich um eine Determinante von altersbezogenen Erkrankungen.2

Niedrige Vitamin-D-Spiegel im Blut stehen für eine Reihe von Risikofaktoren. Aus dem genannten Review geht hervor, dass eine klare Assoziation zu kardiometabolischen Krankheiten besteht.2 Zu kardiometabolischen Risikofaktoren zählen ein hoher Bauchumfang, hoher Blutdruck, erhöhte Blutfettwerte, der HbA1c-Wert und die Intima-Media-Dicke.3 Weiters besteht eine inverse Assoziation des im Blut zirkulierenden Hydroxyvitamin D und der Zahl an Todesfällen durch kardiovaskuläre Krankheiten und Krebs. Subgruppenanalysen zeigen eine erhöhte Mortalität bei geringer Vitamin-D-Supplementierung. Besonders durch die Ergänzung von Vitamin D3 konnte das relative Sterberisiko reduziert werden (RR = 0,89).2

Eine Metaanalyse von acht prospektiven Kohortenstudien zeigte ähnliche Ergebnisse: einen deutlichen Zusammenhang zwischen den Serum-25-Hydroxyvitamin-D-Konzentrationen und der Mortalität. Ein Vergleich der niedrigen mit der höchsten Quintile resultierte in einer Risk Ratio von 1,57 für die Gesamtmortalität. Die Risikorate war in Bezug auf die Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen ähnlich – dabei wurden Probanden mit oder ohne Historie kardiovaskulärer Ereignisse berücksichtigt.4

Messungen bei 118 Probanden brachten weitere Klarheit in Bezug auf die Rolle von Vitamin D im Zuckerstoffwechsel. Demnach weisen Menschen mit Diabetes und Prädiabetes sehr niedrige Spiegel im Blut auf. Der Risikofaktor wurde unabhängig vom Körpergewicht identifiziert. Ein Defizit an Vitamin D dürfte zu Problemen im Kohlenhydratstoffwechsel führen und das Auftreten einer Insulinresistenz begünstigen.5

Im Tierversuch wurden interessante Zusammenhänge mit der Gefäßgesundheit und mit Diabetes festgestellt. Mäuse wurden genetisch derart verändert, dass ihre Monozyten und Makrophagen keine Vitamin-D-Rezeptoren aufwiesen. Dies führte zur Akkumulation von Makrophagen in der Leber, was wiederum den Blutzucker ansteigen ließ. Außerdem reicherten sich Monozyten mit Cholesterin an und transportierten es zu Plaques. Dieser atherogene Prozess unterschied sich jedoch von dem bereits bekannten Mechanismus, in den LDL-Cholesterin involviert ist.6

Geringe UV-Licht-Exposition

Nicht zuletzt leidet auch das Immunsystem, wenn die Versorgung mit Vitamin D nicht ausreichend ist. Ergebnisse aus dem United States National Health and Nutrition Examination Survey zeigen ein um 58 % erhöhtes Risiko für akute Atemwegserkrankungen, wenn der Spiegel von 25-Hydroxyvitamin D im Blut unter 30 ng/ml liegt.7 Auch Patienten mit COPD profitieren von der Einnahme von Vitamin D. In einer aktuellen Studie mit 240 Probanden kam es durch die Supplementierung von Vitamin D3 zu weniger Exazerbationen. Dieser Effekt trat bei jenen Teilnehmern auf, die einen Spiegel von < 50 nmol/l hatten. Nicht selten ist die bei COPD-Patienten der Fall, die meisten der Betroffenen haben gesenkte Werte des Vitamins im Blut.8

Vitamin D zählt in Österreich leider zu den Problemnährstoffen, ganz besonders in den Herbst- und Wintermonaten, wenn die körpereigene Synthese durch zu geringe UV-Licht-Exposition weitgehend unterbleibt. Eine Supplementierung ist jedenfalls sinnvoll. Dies zeigen sogar Empfehlungen der sonst sehr zurückhaltenden Deutschen Gesellschaft für Ernährung: Der Referenzwert von 20 µg pro Tag könne über die Nahrung alleine nicht gedeckt werden.9 Wenn dann auch keine Sonne scheint, sind Supplemente unumgänglich.

Literatur:

1 Heseker H et al., Ernährungs Umschau 2012

2 Chowdhury R et al., BMJ 2014

3 Kemp K et al., Diabetologie und Stoffwechsel 2013

4 Schöttker B et al., BMJ 2014

5 Clemente-Postigo M et al., JCEM 2015

6 OH J et al., Cell Rep 2015

7 Monlezun DJ et al., Nutrients 2015

8 Martineau AR et al., Lancet 2015

9 Deutsche Gesellschaft für Ernährung: Schätzwerte für eine angemessene Vitamin-D-Zufuhr bei fehlender endogener Synthese