Pharmaziestudium: Das Wunschkonzert vor der Premiere

Mag. pharm. Raimund Podroschko
Vizepräsident der Österreichischen Apothekerkammer

Vertritt die Anliegen …

der angestellten und selbständigen Apotheker der öffentlichen Apotheken

Wie soll das neue Pharmaziestudium aussehen?

Es soll vorrangig Problemlösungskompetenzen vermitteln, damit die AbsolventInnen in den Apotheken eigenverantwortlich und selbststrukturiert alle Probleme rund um die Arzneimitteltherapie lösen können.

Es gilt zudem ein pharmazeutisch-interdisziplinäres Curriculum zu entwickeln. Dies erfordert neue Methoden, z. B. E-Learning und problemorientiertes Lernen. Auch fallbasiertes Lernen ist uns ein Anliegen, sodass nicht mehr der Arzneistoff im Mittelpunkt steht, sondern der Patient (patientenorientierte Pharmazie).

Welche Skills sollen an Absolventen vermittelt werden bzw. sind in Zukunft erforderlich?

  • Apotheker fungieren als Gesundheitsdrehscheibe bzw. Mitarbeiter bei Public-Health- und Diseasemanagement-Programmen. Eine Optimierung der Kommunikation mit Patienten und Ärzten ist dafür Voraussetzung.
  • Medikationsmanagement: Der Schwerpunkt wird in Zukunft bei den Apothekern liegen. Das Studium muss das dafür benötigte Wissen, bspw. für Arzneimittelrisikochecks, noch stärker vermitteln.
  • Nutzen der Selbstmedikation erkennen und vermitteln: Apotheker sind hier die einzige Instanz im Gesundheitswesen.
  • Stichwort „Red Flags“: Warnsymptome sollen erkannt und es muss entsprechend darauf reagiert werden (Verweisung an den Arzt).
  • Pharmakogenetics: Medikationsempfehlungen anhand des individuellen genetischen Profils.
  • Wirkstoffverschreibung: Falls die Politik künftig vorgibt, dass der Arzt nur mehr den Wirkstoff verschreibt, der Apotheker Arzneimittel, -form und -dosierung auswählt, so muss eine entsprechende Vorbereitung dafür bereits im Studium erfolgen. Kommunikation mit Patienten: Etablierung von Patientencoachings und Casemanagement

In welchen Berufsfeldern können Bachelors und Master künftig arbeiten?

Bachelor: Kein Tätigkeitsfeld in der Apotheke
Master: wenn analog zum Mag. pharm. und es sich um ein Long-cycle-Studium handelt -> ident mit bisherigem Mag. pharm.

 

 

Dr. Gunar Stemer
Schriftführer der Arbeitsgemeinschaft österreichischer Krankenhausapotheker

Vertritt die Anliegen …

von über 2/3 der österreichischen KrankenhausapothekerInnen

Wie soll das neue Pharmaziestudium aussehen?

Im EU-Vergleich ist das Pharmaziestudium in Österreich zu chemisch und zu wenig pharmakologisch-medizinisch orientiert. Dieses Faktum wird durch die Ergebnisse des EU-weiten Projektes PHARMINE klar untermauert. Der Fokus der Studienplaninhalte sollte daher vermehrt auf den Bereichen Klinische Pharmazie, patientenorientierte Dienstleistungen, Evidence-based Medicine und evidenzbasierte Pharmakotherapie, Pharmakoökonomie, Pharmakovigilanz sowie auf Praktika („learning on the job“) liegen.

Welche Skills sollen an Absolventen vermittelt werden bzw. sind in Zukunft erforderlich?

  • Multidisziplinäres Arbeiten
  • Patientenorientierte Pharmazie
  • Disease- und Medikationsmanagement
  • („Health Promotion statt Sick Care“)
  • Verordnungs- und Arzneimittelmonitoring
  • Forschung: „Pharmacy practice research“ soll etabliert werden. Im Rahmen von multidisziplinären Projekten zwischen Universitäten und Krankenhaus- wie auch öffentlichen Apotheken kann praxisbasierte Forschung erfolgen. Diese soll dazubeitragen, die Bedeutung und den Wert des Apothekers und seines Dienstleistungsspektrums mit Evidenz zu untermauern.

In welchen Berufsfeldern können Bachelors und Master künftig arbeiten?

Bachelor: dzt. kein Berufsfeld für Bachelors in der Krankenhausapotheke vorhanden
Master: Mindestanforderung, um die Laufbahn des (Krankenhaus)apothekers einschlagen zu können

 

 

Mag. Martin Peithner
Vorstandsmitglied der PHARMIG

Vertritt die Anliegen …

der gesamten pharmazeutischen Industrie

Wie soll das neue Pharmaziestudium aussehen?

10 % der PharmazeutInnen (~ 350) sind in der Industrie beschäftigt (v. a. Produktion und Qualitätskontrolle) und nur wenige in den Bereichen Qualitätskontrolle, Zulassung, Forschung und Produktentwicklung. Deshalb ist eine Adaptierung des Studiums notwendig. Im Bachelor-Studium sollen die pharmazeutischen Kernfächer gemäß Richtlinie 2005/36 (Anerkennung im EU-Raum), mit Ausnahme der medizinischen Fächer, vermittelt werden. Das Masterstudium muss mit der Arzneimittelbetriebsordnung 2009 sowie mit der EU-Richtlinie 2005/36 kompatibel sein.

Welche Skills sollen an Absolventen vermittelt werden bzw. sind in Zukunft erforderlich?

Eine breite wissenschaftliche Grundausbildung ist für die Industrie essenziell, spezifisches Wissen kann „on the job“ erlernt werden. Eine explizite Spezialisierung kann in einem PhD-Programm erfolgen.

In welchen Berufsfeldern können Bachelors und Master künftig arbeiten?

Bachelor: Leiter des Kontrolllabors oder der Produktion
Master: Qualified Person sowie Einsatz in F&E, Regulatory

 

 

Dr. Fritz Gamerith
Vorstandsmitglied der IGEPHA

Vertritt die Anliegen …

der Selbstmedikationsindustrie

Wie soll das neue Pharmaziestudium aussehen?

Pharmazeuten erfüllen für die Bevölkerung eine sehr wichtige Sicherungsfunktion im Gesundheitswesen. Sie sind der einzige Gesundheitsberuf, der im gegebenen Setting mit Fachwissen zum Thema Selbstmedikation beraten kann. Diese Aufgabe wird in Zukunft noch wichtiger, da die Menschen einerseits verstärkt selbstverantwortlich handeln möchten, aber andererseits gleichzeitig nach größtmöglicher Sicherheit verlangen. Darüber hinaus sind Apotheker auch die einzigen Spezialisten für pflanzliche Heil- und Arzneimittel, deshalb sollen die Kernkompetenzen in Pharmakobotanik, Pharmakognosie und Phytochemie im Studium „Neu“ erhalten bleiben.

Welche Skills sollen an Absolventen vermittelt werden bzw. sind in Zukunft erforderlich?

Das neue Curriculum soll die künftigen Pharmazeuten auf folgende Anforderungen bestmöglich vorbereiten:

  • Welche typischen Beschwerden treten bei der jeweiligen Erkrankung auf?
  • Welche Fragen müssen gestellt werden, um die Eigendiagnose des Kunden zu verifizieren oder falsifizieren?
  • Welche Alarmsymptome („red flags“) gibt es?
  • Empfehlung des geeigneten Produktes in der entsprechenden Darreichungsform unter Berücksichtigung von Alter, sonstigen einzunehmenden Arzneimitteln, Berufstätigkeit etc.

In welchen Berufsfeldern können Bachelors und Master künftig arbeiten?

Bachelor: Verschiedene Positionen in der Pharmaindustrie, z.B. im Außendienst, sind denkbar.
Master: Hier steht die Tätigkeit in der Apotheke im Vordergrund.

 

 

Dr. Bettina Schade
Institut Pharmakovigilanz, AGES

Vertritt die Anliegen …

die AGES Medizinmarktaufsicht als Arbeitgeber

Wie soll das neue Pharmaziestudium aussehen?

Neben pharmazeutisch-fachlicher Qualifikation auch regulatorisches Basiswissen mit aktuellem Systembezug zu Arzneimittel- und Medizinproduktewesen sowie den Vigilanztätigkeiten.

Welche Skills sollen an Absolventen vermittelt werden bzw. sind in Zukunft erforderlich?

  • Fähigkeit zu vernetztem Denken
  • Selbst- und Arbeitsorganisation
  • Bewusstsein für die Notwendigkeit lebenslangen Lernens

In welchen Berufsfeldern können Bachelors und Master künftig arbeiten?

Bachelor: z. B. Referent im regulatorischen Bereich, Analytiker
Master: z. B. Gutachter, Inspektor, Prüfleiter