Der Blick über die Grenze – Spanien

In Spanien gibt es bei einer Einwohnerzahl von 47 Millionen keine Hausapotheken, doch mehr als 22.000 öffentliche Apotheken. Damit ist der spanische Staat noch vor Frankreich das apothekenreichste Land Europas. Trotz Gebietsschutzregelung auf der Grundlage von Bevölkerungsanzahl und Entfernungskriterien ist die Apothekendichte sehr hoch. Der spanische ­Apothekenmarkt zeichnet sich durch ein niedriges Preisniveau aus – die Arzneimittelpreise zählen zu den niedrigsten in der Europäischen Union. Medikamente werden nur mit 4 % besteuert, während Medizinprodukte und Geräte dem Standardsteuersatz von 21 % unterliegen. Spanien ist ein stark regulierter Staat, im Land herrscht Fremd- und Mehrbesitzverbot. Apothekenketten sind zwar aktuell kein offizielles Vertriebsmodell, und es gibt hauptsächlich unabhängige Apotheken, doch viele davon sind Teil von Kooperationen, die als virtuelle Ketten fungieren. Dazu zählen beispielsweise Sanifarma, Redfarma und Alphega Farmacias. Die üblichen Öffnungszeiten entsprechen in etwa denen der übrigen spanischen Geschäfte: von Montag bis Freitag vormittags ab 9:30 Uhr, nachmittags nach einer Mittagspause bis 20:00 Uhr und am Samstag bis Mittag. Darüber hinaus leisten viele Apotheken wie hierzulande abwechselnd Notdienst. Apotheken können selbst entscheiden, welche zusätzlichen Dienstleistungen sie anbieten möchten und welche davon kostenlos, doch sie sind aktuell noch nicht berechtigt, Patienten zu impfen.

Streng regulierter Online-Handel

E-Commerce ist in Spanien seit 2015 unter strengen Auflagen erlaubt, hat wie in vielen Ländern von der Corona-Krise profitiert und auch in Zukunft Wachstumspotenzial. Derzeit ist der Online-Verkauf auf rezeptfreie Präparate beschränkt. Nur stationäre Apotheken dürfen entsprechende registrierte Websites betreiben, Bestelllungen dürfen ausschließlich von autorisierten Pharmazeuten vorbereitet und Medikamente müssen von der Apotheke selbst geliefert werden. Online-Bewerbung von Arzneimitteln sowie Vergünstigungen jeglicher Art sind verboten, und Kunden müssen detaillierte Kontaktdaten angeben. Bis zum Sommer 2020 betrieben nicht einmal 3 % aller Apotheken Online-Shops, die Corona-Pandemie hat diesen Prozentsatz allerdings etwas erhöht. Spanien umfasst 17 autonome Provinzen, die auch unterschiedliche Regelungen in Bezug auf die Belieferung der Patienten mit Medikamenten haben. Hauszustellung ist beispielsweise in Aragonien, auf den Balearen, in Kastilien und León, Kastilien-La Mancha, Extremadura, Madrid, Murcia, im Baskenland und in Valencia nicht zulässig. In anderen Regionen ist die Belieferung der Kunden mit Einschränkungen gestattet, in wieder anderen Provinzen wie zum Beispiel Andalusien ist Hauszustellung legal.

Imageliebling Apotheke

Der Beruf des Apothekers ist in Spanien anerkannt und beliebt, wodurch die Anzahl der Pharmaziestudierenden anhaltend hoch ist. Interessant ist die Tatsache, dass das Pharmaziestudium auch als Doppelstudiengang in Kombination mit Ernährungslehre oder Augenoptik absolviert werden kann. Mehr als 60 % aller Pharmazeuten sind in öffentlichen Apotheken tätig. Beratung und multiprofessionelle Zusammenarbeit werden großgeschrieben. Laut spanischer Apothekerkammer belegte das Gesundheitssystem des Landes im Ranking der Weltgesundheitsorganisation weltweit den siebten Platz. Außerdem zeigen regelmäßig durchgeführte Umfragen eine hohe Zufriedenheit der spanischen Bevölkerung mit der Gesundheitsversorgung. Jeder Spanier ist pflichtversichert. Wohnortnahe Versorgung mit Arzneimitteln wird vor allem durch gute Erreichbarkeit der Apotheken garantiert. Weiters wird durch eine Preisbindung zulasten des öffentlichen Gesundheitswesens sowie Transparenz bei Lieferfähigkeit und Rezeptabrechnung Gleichheit und Gerechtigkeit für alle angestrebt. Dennoch gibt es Kritikpunkte. Seit Jahren lastet ein hoher Druck auf dem Gesundheitssystem, verursacht durch steigende Kosten sowie den demografischen Wandel, der durch eine im Vergleich zum EU-Schnitt niedrige Geburtenrate und hohe Lebenserwartung beschleunigt wird. 2012 wurde deshalb ein neues System der Patientenbeiträge auf Medikamente eingeführt, die eine nach Einkommen gestaffelte Zuzahlung vorsah, auch Rentner miteinbezog und in Bezug auf Erfolg und Fairness vom einen oder anderen Bürger kritisch betrachtet wird.

Was die Zukunft bringt

Der Fokus des Gesundheitssystems wird in Zukunft noch mehr auf den Bedürfnissen der Patienten liegen. Dies soll beispielsweise durch die Entwicklung neuer Dienstleistungen, die Weiterentwicklung von E-Commerce und Heimzustellung sowie den Ausbau der multidisziplinären Zusammenarbeit gelingen. Einige neue Projekte wurden mit dem Ziel ins Leben gerufen, den Stand der spanischen Apothekerschaft und des Gesundheitswesens insgesamt noch weiter zu stärken und fit für die Zukunft zu machen.

Quelle: IQVIA | Internationale Insights – Daten und Fakten zur spanischen Apotheken-Landschaft