Die Wundheilung ist ein komplexer Prozess, an dem Entzündungszellen wie Neutrophile und Makrophagen, Reparaturzellen wie Fibroblasten sowie Epidermiszellen und die extrazelluläre Matrix beteiligt sind. Ziel der akuten Wundheilung ist neben der Wiederherstellung der ursprünglichen Funktion auch die Minimierung von Komplikationen und Narbenbildung.1 Der immer noch verbreitete Mythos, dass sich bei abgedeckten Wunden Bakterien und Erreger leichter verbreiten, wurde schon lange widerlegt. Es verhält sich eher gegensätzlich: Offene Wunden sind einem weitaus größeren Infektionsrisiko ausgesetzt.1, 2, 3
Durch physische Wunden ist die Haut in der Aufrechterhaltung des Feuchtigkeitsgehaltes beeinträchtigt. Unter anderem ist der Druck der interstitiellen Flüssigkeit nicht mehr ausreichend, dieser ist jedoch wichtig für den Flüssigkeitszufluss aus dem Blutkreislauf und den Flüssigkeitsabfluss über die Lymphbahn. Hinzu kommt der verstärkte Flüssigkeitsaustritt aus dem Blutkreislauf in das umgebende Gewebe durch die entzündungsbedingte Vasodilatation. Ein Großteil dieser Flüssigkeit wird in der extrazellulären Matrix festgehalten. Durch einen unkontrollierten Wasserzufluss des Plasmas und/oder eine unzureichende Drainage des Lymphsystems können sich unter anderem Ödeme bilden, weshalb eine Hydrierungsbalance essenziell ist.2
Im direkten Vergleich von trockener und feuchter Wundheilung wird deutlich, dass Wunden, die an der Luft trocknen, einen signifikant längeren Heilungsprozess durchlaufen. Dies konnte unter anderem in einer 2023 veröffentlichten Studie bestätigt werden.1 Ein wichtiger Grund dafür ist die Schorfbildung an der trockenen Luft, die den Heilungseintritt verzögert. Die Zellkommunikation beruht auf wasserlöslichen Wachstumsfaktoren sowie Signalmolekülen und wird durch das Schorfgewebe deutlich beeinträchtigt. Ebenso können sich Epithelzellen, wie Keratinozyten, im feuchten Milieu besser bewegen und ihr Ziel somit schneller erreichen. Zuletzt werden auch kollagenproduzierende Fibroblasten und der enzymatische Abbau von nekrotischem Gewebe durch die erhöhte Feuchtigkeit stimuliert. Durch das Schaffen eines optimalen Milieus können die natürlichen Prozesse effizienter ablaufen, wodurch das Risiko für Entzündungen und Narbenbildung signifikant sinkt.3
Die richtige Behandlung im Akutfall sollte eine Wunddesinfektion mit anschließender Befeuchtung der Wunde durch spezielle Gels oder Cremen beinhalten, bevor sie durch ein Pflaster oder einen Verband geschützt wird. Hierbei ist es besonders wichtig, darauf zu achten, wie viel Flüssigkeit vom Verband absorbiert wird. Eine Exsudatansammlung oder Dehydrierung sollten unbedingt vermieden werden. So kann sichergestellt werden, dass eine ausreichende Hydrierung erhalten wird und die biologischen Prozesse optimal ablaufen können.2 Darüber hinaus sind Verbandwechsel der feuchten Wundauflagen seltener notwendig, und eine Kostenminimierung im Gegensatz zur Behandlung mit trockenen Mullverbänden konnte beobachtet werden.1