„Fälschungsrichtlinie rückt rasch näher“

Apotheker Krone: In exakt einem Jahr ist es soweit: ­­Die EU-weiten Maßnahmen der EU-Richtlinie für neue Sicherheitsmerkmale für Arzneimittelverpackungen müssen ab 9. Februar 2019 umgesetzt sein. Wie weit sind die Pläne?

Jan Oliver Huber: Alle Beteiligten der legalen Lieferkette, vom Hersteller über den Großhändler bis zur Apotheke, müssen mit Februar 2019 an ein flächendeckendes Datenspeicherungs- und -abrufsystem angeschlossen sein. Zusätzlich müssen Hersteller alle technischen Voraussetzungen bieten, um auf jede einzelne Arzneimittelverpackung die dann neu vorgeschriebenen Sicherheitsmerkmale anbringen zu können. Das sind etwa 150 Millionen Arzneimittelpackungen, die alleine in Österreich jährlich ausgeliefert werden.

Was kommt auf die Apotheken zu?

Arzneimittelfälschungen sind mittlerweile zu einem boomenden Geschäftszweig geworden, wo bereits mehr umgesetzt wird als beim Drogenhandel. Die Fälscher werden immer kreativer und einfallsreicher, was den Vertrieb ihrer mitunter lebensgefährlichen Produkte betrifft. Wir müssen daher sicherstellen, dass Patienten auch in Zukunft davon ausgehen können, dass sie in ihrer Apotheke nur sichere Arzneimittel bekommen. Beispielsweise erhält jede Verpackung eines rezeptpflichtigen Arzneimittels eine eigene Seriennummer, die es in der gesamten EU identifizierbar macht. Nicht zuletzt deshalb übernehmen auch die Apotheken eine zentrale Rolle: Jede mit Sicherheitsmerkmalen versehene Packung eines Arzneimittels muss vor der Abgabe an den Patienten gescannt werden. Damit wird das Arzneimittel verifiziert – sprich, es wird dessen Echtheit überprüft.

Sind die Apotheken entsprechend vorbereitet?

In Österreich ist bis zum Systemstart im Februar 2019 noch einiges zu tun: In Summe sind ungefähr 2.500 End User, also Großhändler, öffentliche und Krankenhausapotheken sowie Hausapotheken führende Ärzte an das Datenbanksystem anzuschließen. Der Umsetzungsprozess läuft gut. Dennoch sollte nicht unterschätzt werden, welcher Aufwand für jeden einzelnen mit der Umstellung und Aufrüstung verbunden ist.

Wie funktioniert die Umsetzung der Richtlinie genau?

Von den Herstellern wird jede Packung mit einer eigenen Nummer versehen und in ein System eingegeben. Wird eine Packung dann in der Apotheke abgegeben, wird die Nummer ausgelesen und im System gelöscht. Stimmt die Nummer auf der Packung mit den im System gespeicherten Daten nicht überein, schlägt das System Alarm. Der Hersteller gibt die Daten über einen EU-weiten Daten-Hub ein und von dort wird es dann an die jeweiligen Mitgliedsländer verteilt.

Was bedeutet das für die bestehenden Systeme?

Das Unternehmen Arvato Systems ist beauftragt worden, die technischen Voraussetzungen zu schaffen, damit alle pharmazeutischen Unternehmen in Österreich, alle Arzneimittel-Großhändler und alle österreichischen Apotheken beziehungsweise auch Krankenhausapotheken und Ärzte, die eine Hausapotheke betreiben, an ein flächendeckendes IT-System angeschlossen werden können. Wichtig ist, dass etwa die Apotheken mit dem zentralen Datenspeicher kommunizieren können. Dafür müssen Maschinen zur Verpackung von Arzneimitteln umgerüstet werden, Hersteller und Vertriebsunternehmen, der Großhandel und die Apotheken müssen neue IT-Prozesse und -Systeme einführen. Die Apotheken werden ihre Software updaten müssen, fallweise müssen alte Scanner ausgetauscht werden. Die Kosten werden hier aber verhältnismäßig gering sein. Man sollte sich aber rechtzeitig vorbereiten.

Geht es hier wirklich um Fälschungssicherheit oder auch um eine bessere Kontrolle der Lieferkette – Stichwort Parallelexporte?

Der Weg des Arzneimittels ist für die Hersteller nicht nachvollziehbar – das ist im neuen System nicht vorgesehen und auch gesetzlich und datenschutzrechtlich so geregelt. Parallelimporteure sind zudem Teil des Systems. Sie werden ein Produkt ausbuchen und es mit einer neuen Nummer wieder einbuchen. Wir wollen alle verhindern, dass Fälschungen in die normale Wertschöpfungskette gelangen. Wesentlich ist letztlich, dass die Partner der Versorgungskette, von der Industrie über den Großhandel bis hin zu den Apotheken, durch ihre noch engere Zusammenarbeit für noch mehr Sicherheit bei Arzneimitteln sorgen – zum Wohle der Patienten. Lediglich die Behörden können im Notfall nachvollziehen, wo eine Fälschung ins System gekommen ist.