Finanzausgleich trifft den Pharmasektor

Ein zentraler Einkauf von Arzneimitteln sektoren- und bundesländer- und EU-mitgliedstaatenübergreifend zur Senkung der Preise, vor allem der hochpreisigen Produkte, klingt wie ein Wahlgag. Doch genau so steht es in der Beilage „Zielsteuerung Gesundheit“ zum neuen 15a-Vertrag auf Seite 7 im Kapitel 14 mit dem wenig spannenden Titel „Steuerungsbereich Versorgungsprozesse“. Die drei folgenden Absätze der Zusatzvereinbarung zum Finanzausgleich bergen durchaus Sprengkraft für den Arzneimittelsektor, ist doch festgeschrieben, dass für den Zentraleinkauf „die notwendigen bundes- und landesgesetzlichen Bestimmungen – insbesondere das Vergabewesen und das Sozialversicherungsrecht betreffend – zu schaffen“ sind.

Bund, Länder und Gemeinden, die im Finanzausgleich die Verteilung und den Einsatz von Steuergeldern regeln, haben gemeinsam mit den Sozialversicherungen definiert, dass das Wachstum der Gesundheitsausgaben bis 2021 auf dann 3,2 Prozent pro Jahr gedämpft werden sollen. Helfen soll dabei unter anderem auch der Arzneimittelsektor, ist man sich einig. „Für definierte hochpreisige und spezialisierte Medikamente sind auf Bundes- und Landesebene gemeinsame Versorgungsmodelle sowie sektorenübergreifende Finanzierungskonzepte mit gemeinsamer Finanzverantwortung zu entwickeln und in der Folge umzusetzen“, schreiben die Verhandlungspartner in dem Finanzausgleichsgesetz. Geben soll es auch einen wechselseitigen Datenaustausch „über Mengen und Kosten der im intra- und extramuralen Bereich verordneten beziehungsweise dispensierten Medikamente“.

Für Pharmig-Generalsekretär Dr. Jan Oliver Huber ist das allerdings nur eine Absichtserklärung. Dass damit die seit dem Sommer stockenden Verhandlungen über eine Neuregelung des Erstattungskodex überholt werden könnte, glaubt er im Gespräch mit der Apotheker Krone nicht. „Weder die Krankenkassen noch die Politik wollen, dass der Einkauf so optimiert wird, dass das zu Lasten der Patienten und der Versorgung geht“, ist Huber überzeugt. Der Erstattungskodex schaffe zudem jetzt Transparenz und Klarheit. Das müsse erhalten bleiben. Und sollte es tatsächlich gesetzliche Änderungen geben, werde das nicht von heute auf morgen geschehen und sicherlich auch alle betroffenen Akteure einbinden. Zudem müssten Neuregelungen in den Rahmen der europäischen Gesetzgebung passen. Er, Huber, hoffe allerdings, dass die Politik vernünftige Schritte setze. Eine sachliche Notwendigkeit für die Kürzungen im Arzneimittelbereich sieht Huber nicht. Man liege heuer bisher unter den Prognosen der Kassen bei den Arzneimittelausgaben und zahle zudem 125 Millionen als Solidarbeitrag.

Tatsächlich ist die Regelung im Finanzausgleich aber nicht der erste Schritt in Richtung Zentraleinkauf. Bereits im Juni hat Gesundheitsministerin Dr. Sabine Oberhauser (SPÖ) bekannt gegeben, dass Österreich der Benelux-Kooperation für Arzneimittelpolitik beitritt. Ziel der Kooperation ist es, sich gemeinsam Herausforderungen im Arzneimittelsektor zu stellen und den Informationsaustausch untereinander zu vereinfachen. Es soll außerdem darauf hingearbeitet werden, gemeinsame Preisverhandlungen mit der pharmazeutischen Industrie zu ausgewählten – hochpreisigen – Produkten zu führen.

Der Finanzausgleich sieht neben dem Arzneimittelpaket einen Ausbau der medizinischen Primärversorgung vor. Bis Ende 2020 sollen dafür 200 Millionen Euro investiert werden. Die Mehrkosten sollen aus zweckgewidmeten Mitteln der Sozialversicherung und der Länder erfolgen. Bund, Länder und Gemeinden definieren in den formal zwei 15a-Verträgen gemeinsame Ziele für das Gesundheitssystem und wollen diese partnerschaftlich umsetzen. Neben dem Ausbau der Gesundheitsförderung und Prävention umfasst diese Zielsteuerung vor allem einen Ausbau der niedergelassenen Versorgung nahe am Wohnort bei gleichzeitiger Entlastung des Spitalssektors. „Versorgungsstrukturen für die ambulante multiprofessionelle und interdisziplinäre Primärversorgung werden in Form von Primärversorgungseinheiten geplant“, heißt es im Vertrag. Festgehalten wird in der Vereinbarung explizit auch eine gezielte Stärkung des Sachleistungsprinzips und damit einer Deckung der Behandlungskosten durch die soziale Krankenversicherung und die öffentlichen Spitäler. Damit soll einer schleichenden Privatisierung der Gesundheitsversorgung entgegengewirkt werden.