Gesundheitsreform und Zielsteuerungsgesetz: Auswirkungen auf Apotheken

Im Dezember 2012 wurden von Bund, Ländern und Sozialversicherungen zwei Vereinbarungen für das zukünftige Gesundheitssystem getroffen: „Zielsteuerung Gesundheit“ sowie „Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens“. Diese beinhalten ein partnerschaftliches Zielsteuerungssystem mit Versorgungs- und Finanzzielen des gesamten Gesundheitsbereichs. Sie wurden heuer auf gesetzlicher Ebene – Gesundheitsreformgesetz 2013 und Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz – umgesetzt. Für die österreichischen Apotheker sei die mit der Reform beschlossene Koppelung des Anstiegs der öffentlichen Gesundheitsausgaben – die auch für die Arzneimittelausgaben gilt – an das nominelle Bruttoinlandprodukt (bis 2016 jährlich plus 3,6 %) von Bedeutung. „Wenn es hier jährlich keine oder nur eine geringe Steigerung gibt, sind die Apotheker nicht mit neuerlichen Spannensenkungsforderungen konfrontiert“, erläutert Steindl. Im ersten Halbjahr 2013 ist der Kassenumsatz der Apotheken im Vergleich zum ersten Halbjahr des Vorjahres nominell um 0,2 % gestiegen – inflationsbereinigt real um 2 % gesunken, von 3,6 % also weit entfernt.

Best Point of Service betrifft vor allem Ärzte und Spitäler

„Best Point of Service“ ist bei Arzneimitteln die Apo­theke, bei Veränderungen auf Grund des neu verankerten Versorgungsprinzips geht es wohl eher um Leistungen von niedergelassenen Ärzten und Spitälern (siehe Kasten). „Der Beitrag, den Apotheken zum ,Best Point of Service‘ leisten können, besteht im niederschwelligen Zugang. Wir von der Apothekerkammer wünschen uns daher weiterhin eine starke Einbindung der Apotheken in Gesundheitsvorsorgeprogramme“, betont Steindl.

Neue Medikamentenkommission für „Zweifelsfälle“ zuständig

Welche Folgen die im Bundes-Zielsteuerungsvertrag näher geregelte Medikamentenkommission, die für den intra- und extramuralen Bereich zuständig ist, für die Apotheker hat, ist laut Steindl noch unklar. Es seien die vorgesehenen 10 Mitglieder noch nicht nominiert, weiters fehlt die Geschäfts- und Verfahrensordnung, berichtet Steindl. „Es wurde uns aber von Seiten des Bundesministeriums für Gesundheit – dort wird die Geschäftsführung der Medikamentenkommission angesiedelt sein – zugesagt, dass ein Apotheker/eine Apothekerin Mitglied der Kommission sein wird. Dies erscheint uns von großer Bedeutung, da nur so gewährleistet werden kann, dass praktisches Fachwissen von der Tara in die Entscheidungen einfließen kann“, so Steindl. Die Medikamentenkommission wird laut Bundes-Zielsteuerungsvertrag „insbesondere für hochpreisige und spezialisierte Medikamente“ eingerichtet. „Es ist noch nicht definiert, was hiermit gemeint ist, aber die Medikamentenkommission sollte sich vor allem mit Ausnahme- bzw. Zweifelsfällen beschäftigen. Ein Beispiel wäre ,Lucentis‘, ein Arzneimittel, das zur Behandlung der altersabhängigen Makuladegeneration zum Einsatz kommt, aber in Österreich nur in Spitälern erstattet wird. Dagegen wurde von Seiten des Herstellers wiederholt Einspruch erhoben und sogar Klage beim Verfassungsgerichtshof eingereicht; diese wurde im Juni abgewiesen“, berichtet Steindl. In Zukunft wäre für einen solchen strittigen Fall die Medikamentenkommission zuständig.

Öko-Tool für Länder

Ebenfalls im Bundes-Zielsteuerungsvertrag vorgeschrieben: Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger hat den Bundesländern das „Öko-Tool“ zur Verwendung in ihrem Verantwortungsbereich zur Verfügung zu stellen. Dieses Info-Tool soll Ärzte bei der Umsetzung der Richtlinie einer ökonomischen Verschreibweise unterstützen und das Prinzip der Verschreibung nach dem EKO stärken. Es obliegt weiterhin dem behandelnden Arzt, welches Arzneimittel im konkreten Fall verschrieben wird.

Apotheken-Beitrag zu Health in all Policies

Auch wenn die Gesundheitsreform die Apotheker direkt nur in wenigen Belangen tangiert, eine gemeinsame Aufgabe bleibt allen im Gesundheitswesen Tätigen: „Beim erreichten Lebensalter schneidet Österreich gut ab, doch bezüglich des Gesundheitszustandes der älteren Menschen hinken wir im Europavergleich hinterher. Daher brauchen wir einen politiküberübergreifenden Prozess, in dessen Rahmen gemeinsame Aktionen und Maßnahmenprogramme (Prävention, Disease Management Programme etc.) für ein gesundes Alt-Werden gesetzt werden. Denn die Gesundheit der Bevölkerung kann nur durch gebündelte Maßnahmen wirksam und nachhaltig gefördert werden kann. Diese Bestrebungen werden unter dem Begriff „Health in all Policies“ zusammengefasst“, erläutert Steindl. Zu diesem gemeinschaftlichen Prozess und zur Erreichung der Rahmen-Gesundheitsziele können Apotheker einen wesentlichen Beitrag leisten; erfolgreiche Beispiele der letzten Jahre, so Steindl, sind u. a. „10 Minuten für Ihre Gesundheit“ sowie heuer der „Allergie-Risiko-Check“ in den Wiener Apotheken. Gerade auch in Richtung Gesundheitserziehung, die bereits bei Kindern beginnen sollte, biete sich für Apotheker noch ein breites Tätigkeitsfeld, z. B. auch durch Kooperationen mit Schulen und Lehrern, ist Steindl überzeugt.

Bundes-Zielsteuerungsvertrag:
Maßnahmen sind bis 31. 12. 2016 umzusetzen

Die wesentlichsten Ziele der Gesundheitsreform: „Wir planen die Verbesserung der wohnortnahen Grundversorgung, die Forcierung von e-Health und eine nationale Präventionsstrategie. Möglich wird dies durch die gemeinsam festgelegte Steigerung der Effizienz und den Abbau von Doppelgleisigkeiten“, so der Vorsitzende des Verbandsvorstands im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, Dr. Hans Jörg Schelling.
Die Reformmaßnahmen werden nun bis Ende 2016 im Rahmen des Bundes-Zielsteuerungsvertrag und der darauf basierenden Landes-Zielsteuerungsverträge abgearbeitet. Dazu die Vorsitzende der Trägerkonferenz im Hauptverband, Mag. Ingrid Reischl: „Durch eine gemeinsame, sektorenübergreifende Planung und Steuerung des Gesundheitswesens – von den Versorgungszielen über die Versorgungsstruktur bis zur Versorgungsqualität – werden Patienten in Zukunft nicht mehr von einer Einrichtung zur anderen geschickt, sondern es wird einen ,Best Point of Service‘ geben, wo Leistungen mit bester Qualität für unsere Versicherten (Patienten) und am effizientesten für das gesamte Gesundheitssystem erbracht werden.“