Impfen: Apotheker als Vorbilder! – Neuerungen im Impfplan 2014

Im Interview mit der Apotheker Krone erklärt Mag. pharm. Dr. Christian Müller-Uri, 1. Vizepräsident der Österreichischen Apothekerkammer, warum ein gemeinsamer Impftag der Apotheker und Ärzte wichtig ist: „Die Zusammenarbeit der beiden wohl wichtigsten Berufsgruppen in der Gesundheitsversorgung von Patienten ist im Bereich der Impfprävention von großer Bedeutung. Der vergangene Impftag in Salzburg war jedenfalls ein voller Erfolg. Im Vordergrund standen die reziproke Wissensvermittlung und der Austausch an Know-how. Besonders hervorzuheben sind die Pro-und-Contra-Diskussionen, wobei unter Contra nicht die Argumente der Impfgegner diskutiert werden – vielmehr ging es darum, Zusammenhänge zwischen Studien und Empfehlungen zu verdeutlichen und etwaige Informationsrückstände zu klären.“

Durchimpfungsrate steigern

„Schutzimpfungen sind die besten präventiven Arzneimittel schlechthin, da sie Infektionskrankheiten quasi ‚im Keim ersticken‘. Die Schwierigkeit besteht darin, Kunden/Patienten davon zu überzeugen, dass sie diese Arzneimittel anwenden müssen, bevor eine Erkrankung eintritt“, erklärt Müller-Uri. Einen großen Nachholbedarf sieht er beispielsweise bei der Influenzaimpfung, nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch unter Angehörigen der Gesundheitsberufe. „Wollen wir zudem das Ziel der WHO, die Ausrottung von Masern und Röteln, erreichen, müssen die Durchimpfungsraten auf über 95 % gesteigert werden. Dasselbe gilt für die Polioviren, die aktuell durch die Syrienkrise auch wieder in Europa Fuß fassen könnten. Dazu bedarf es gezielter Maßnahmen, wie beispielsweise der Impfaktionen. Doch trotz Refundierung bzw. preislicher Vorteile und medialer Aufmerksamkeit werden nur Durchimpfungsraten von bis zu 87 % erzielt“, so Müller-Uri.

Apotheker sind Multiplikatoren

Apotheker können mit ihrer Vorbildwirkung einen wertvollen Beitrag leisten, um dem hohen Ziel von über 95 % und damit dem „Herdenschutz“ näher zu rücken. Müller-Uri empfiehlt: „Neben der Erklärung, warum eine Impfung schützt, bedarf es der eigenen Überzeugung, die am besten zum Ausdruck gebracht wird, wenn man selbst geimpft ist und dies dem Kunden auch kommuniziert. Somit dienen Apotheker nicht nur als Versorger der Bevölkerung mit dem wichtigen Arzneimittel Impfstoff, sondern auch als Multiplikatoren der Botschaft: ,Impfen schützt!‘.“

Neuerungen im Impfplan 2014

Die Apotheker Krone interviewte Priv.-Doz. Dr. Pamela Rendi-Wagner zu den Veränderungen im neuen Impfplan.

Dr. Rendi-Wagner: „Die größte Veränderung stellt die öffentliche Finanzierung des tetravalenten HPV-Impfstoffs Gardasil® für Kinder dar. Wir können den Impfstoff im Jahr 2014 für drei Jahrgänge kostenlos zur Verfügung stellen. Im Rahmen des Schulimpfprogramms werden Kinder im 10. Lebensjahr (4. Schulstufe) geimpft, Kinder im 11. und 12. Lebensjahr können die Gratisschutzimpfung bei den öffentlichen Impfstellen in Anspruch nehmen. Ein weiteres Angebot der Bundesländer besteht darin, dass Kinder zwischen dem vollendeten 12. und dem vollendeten 14. Lebensjahr die Impfung zu einem vergünstigten Selbstkostenpreis (rund 50 Euro) an öffentlichen Impfstellen erwerben können.
Hier gilt es jedenfalls die unterschiedlichen Impfschemata zu beachten: Bis zum vollendeten 12. Lebensjahr erhalten alle zwei Dosen und alle Personen ab dem vollendeten 12. Lebensjahr drei Dosen.“

Welche Neuerungen sind weiters im Impfplan enthalten?

1. Ausweitung der Masern-Mumps-Röteln-Impfung
„Die Ausweitung dieser Impfung ist nicht ganz neu. De facto wird sie seit 2011 kostenfrei für Kinder und Erwachsene (bis zum vollendeten 45. Lebensjahr) angeboten. Ziel ist es, die Maserneradikation in Österreich und Europa voranzutreiben. Dies kann nur gelingen, wenn wir viele Altersklassen rechtzeitig durchimpfen. Die Ausweitung ist also als Maßnahme zu verstehen, um Impflücken zügig zu schließen.“

2. Empfehlungen für die Pneumokokkenimpfung neu formuliert
„Es gibt keine großartigen Änderungen. Hier wurden im Rahmen des Impfplans einige Erläuterungen bzw. Veränderungen im Text vorgenommen, damit die komplexen Impfschemata verständlicher sind. Dies betrifft vor allem die im vergangenen Jahr neu aufgenommene Empfehlung hinsichtlich der konjungierten Pneumokokkenimpfung für Erwachsene ab dem 50. Lebensjahr.“

3. Präzisierung der Angaben zur Influenzaimpfung
„Hier wird nun herausgestrichen, dass es keine eingeschränkte Impfempfehlung für bestimmte Altersgruppen gibt. Die Influenzaimpfung wird allen ab dem 7. Lebensmonat empfohlen, besonders jedoch den bekannten Risikogruppen.“

4. Impfung gegen Herpes Zoster wieder verfügbar
„Nach Jahren der Abstinenz kann der Impfstoff endlich wieder gegen Herpes Zoster eingesetzt werden. Zwischenzeitlich wurde die Impfempfehlung aus dem Impfplan exkludiert, inhaltlich wurde aber nichts verändert: einmalige Impfung ab dem 50. Lebensjahr.“

5. Neuerungen bei Pertussis
„Bei Pertussis hat man auf die seit zehn Jahren weltweit – aber auch in Österreich – steigenden Erkrankungszahlen vor allem im Erwachsenenalter reagiert. Man hat festgestellt, dass die Durchimpfungsrate, vor allem unter Erwachsenen, nicht zufrieden stellend ist. Deshalb gibt es jetzt den Aufruf, dass jegliche Tetanusimpfung, auch anlassbezogene im Rahmen von Verletzungen, nicht mit dem Tetanus-Monoimpfstoff vollzogen werden sollte, sondern mit der Kombinationsimpfung DIP -TET-PEA-IPV, um so die Durchimpfung der Erwachsenen zu erreichen. Neu aufgenommen wurde eine Pertussis-Impfempfehlung für nichtimmune Schwangere (cocooning) ab der 27. Schwangerschaftswoche. Hier orientieren wir uns an den US-amerikanischen und deutschen Impfempfehlungen. Der Grund dafür ist, dass kleine Säuglinge selbst bei einer guten Durchimpfungsrate in den ersten Lebensmonaten ungeschützt sind. Die Impfung sollte auch nahen Angehörigen, insbesondere Vätern, ans Herz gelegt werden.“

6. Wie steht es um die Meningokokken-B-Impfung?
„Hier gibt es viele Diskussionen, nicht nur national, sondern auch international, was die generelle und breite Impfempfehlung betrifft. Das wurde auch am Impftag in Salzburg im Rahmen der Pro-und-Contra-Diskussion thematisiert. Tatsache ist, dass wir derzeit noch keine überzeugenden klinischen Wirksamkeitsdaten bezüglich Meningokokken-B-Impfung haben. Verfügbar sind zwar gute immunologische Daten, die aber nur als Wegweiser zu verstehen sind. Für eine generelle Impfempfehlung kann sich das nationale Impfgremium derzeit noch nicht aussprechen. Bei speziellen Risikogruppen bzw. im Fall einer Exposition kann allerdings geimpft werden.“

7. Varizellen-Impfung für Kleinkinder
„Die Impfung ist seit Längerem im Impfplan verankert, ist allerdings nicht kostenfrei.“

Gibt es weitere Impfungen, die in Zukunft kostenlos zur Verfügung gestellt werden sollten?

„Wie bei allen öffentlichen Budgets müssen wir uns an einem gewissen Rahmen orientieren. Unsere Aufgabe ist es, gemeinsam mit den Experten des nationalen Impfgremiums abzuwägen, welche Impfungen im Sinne des volksgesundheitlichen Nutzens am sinnvollsten sind. Bei den kostenlos angebotenen Impfungen wurde der Nutzen für die Gesamtbevölkerung bestätigt, was aber umgekehrt nicht heißen soll, dass kostenpflichtige Impfungen nicht dem Individualschutz dienen.“

Der Österreichische Impfplan 2014 ist zu finden unter: