Infektabwehr und Symptombehandlung

„Phytopharmaka können die Infektanfälligkeit und Krankheitsschwere reduzieren und so auch den Bedarf an Antibiotika senken“, betont Prim. Univ.-Prof. Dr. Karl Zwiauer, Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde, Vorstand der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde im Universitätsklinikum St. Pölten. Aus der alten europäischen Tradition, die heute durch moderne Forschungsergebnisse teilweise bestätigt wird, ist bekannt, dass sich eine Reihe von Pflanzen bei Atemwegsbeschwerden bewährt. Eine Reihe von Pflanzen wird seit Jahrhunderten in der Behandlung von Atemwegsinfektionen angewendet. Dazu gehören unter anderem Efeu, der entzündungshemmende und krampflösende Effekte hat und die Schleimviskosität senkt, Thymian mit seinen antiviralen, antibakteriellen und bronchospasmolytischen Wirkungen sowie Expektoranzien wie Primelwurzel oder die Schleimstoffdrogen Spitzwegerich, Isländisch Moos, Malve und Eibisch.

Linderung der Beschwerden und vorbeugende Wirkung

Phytotherapeutika werden in der Regel nicht monosubstanziell verwendet, sondern in Mischpräparaten, sodass ein synergistischer Effekt genutzt werden kann. Eine Besserung der Symptome bei Atemwegsproblemen kann beispielsweise durch Mischungen aus Enzian, Primel, Sauerampfer, Holunder und Eisenhut erzielt werden; bei trockenem Husten können Thymian, Eibischwurzel, Spitzwegerich, Malvenblätter und -blüten sowie diverse Kombinationen helfen, so Zwiauer. Dabei werden oftmals Pflanzen mit unterschiedlichen Wirkungen – von sekretolytisch über mukolytisch und auswurffördernd bis hin zu adstringierend – kombiniert. Die Pflanzenkombinationen basieren oftmals auf der traditionellen europäischen Phytotherapie und kommen in der dem Standard des Österreichischen Arzneibuches entsprechenden überprüften und nachvollziehbaren Qualität und Wirksamkeit zum Einsatz.

Phytotherapeutika im Sinne der rationalen Phytotherapie sind primär für die Behandlung von bereits entstandenen Krankheiten geeignet, so Zwiauer. Einige von der EMA1 zugelassenen pflanzlichen Arzneimittel verfügen auch über eine nachgewiesene präventive Wirkung. So werden beispielsweise Spitzwegerich und Echinacea in den Monografien als eindeutig immunstimulierend beschrieben. Einige andere Phytotherapeutika haben auch insofern prophylaktische Wirkung, als dass sie bei früher Anwendung das Flimmerepithel der Atemwege stimulieren und damit den Abtransport von Sekreten fördern und so Infektionen vorbeugen.

In einer rezenten randomisierten, kontrollierten blinden Schweizer Studie wurde Echinacea in der Langzeitprävention von Atemwegsinfekten über einen Zeitraum von vier Monaten untersucht.2 Dabei wurden 203 Kinder in zwei Gruppen randomisiert und erhielten entweder Echinacea oder Vitamin C. Unter Echinacea blieb die Mehrheit der Kinder ohne Atemwegsinfekte und hatte um 32,5 Prozent weniger Episoden mit Schnupfen und Erkältung als unter Vitamin-C-Gabe. Ebenso kam es zu einer signifikanten Reduktion an Influen­za­fällen und zu weniger bakteriellen Infektionen. Das korrelierte mit einem signifikant niedrigeren Antibiotikaverbrauch.

Produkte mit gesichert hoher Qualität verwenden

Grundsätzlich sollten in der modernen Phytotherapie ausschließlich Zubereitungen zum Einsatz kommen, bei denen eine hohe Qualität und die gewünschte Quantität an Wirkstoffen gewährleistet ist, so Zwiauer. Dies sei am einfachsten und sichersten mit Phytotherapeutika möglich, die gemäß den Vorschriften des Österreichischen Arzneimittelbuches hergestellt werden. Hingegen würden Kräuter-, Tee- und Pflanzenmischungen unklarer Herkunft, die nicht standardisiert verarbeitet, zubereitet und verpackt wurden, nicht in die Kategorie rationaler Phytotherapie fallen. Für die gängigen und anerkannten Phytotherapeutika stehen – entsprechend den Anforderungen des Alters der Patienten – unterschiedliche Applikationsformen von Tropfen über Säfte bis hin zu Kapseln und Dragees zur Verfügung.

Jedes einzelne Pflanzenheilmittel hat ein entsprechendes Indikationsalter, beginnend im Kleinkindesalter oder aber auch – je nach Studienlage – ab dem Schulalter. Wie Zwiauer betont, sind Phytotherapeutika indiziert und nicht nach Belieben einzusetzen. Wie bei anderen Medikamenten müssen Indikationen und Kontraindikationen, Wechselwirkungen sowie altersabhängige Einschränkungen und Gegenanzeigen beachtet werden.

 

(Quelle: Pressekonferenz „Gegen Antibiotikaresistenzen: Infektabwehr aus der Natur“, November 2018, Wien; Hennrich.PR)Literatur:

1 https://www.ema.europa.eu/en/human-regulatory/herbal-products/europeanunion-monographs-listentries

2 Ogal M, Klein P, Schoop R, Echinacea for the Prevention of Respiratory Tract Infections in Children 4–12 years: A Randomized, Blind and Controlled Study. Societé Suisse de Pédiatrie (SSP, Poster), 24th May 2018, Lausanne, Switzerland.