Insomnie: Stopp dem Hin- und Herwälzen

Die Menschheit beschäftigt sich schon sehr lange mit dem Phänomen des Schlafs. Sogar im Alten Testament wird im ersten Buch Mose beschrieben, wie Gott den Menschen den Schlaf schenkte. In der griechischen Mythologie unterschied man den sanften Schlaf – genannt Hypnos – vom mitleidlosen Schlaf – genannt Thanatos. William Shakespeare wiederum benannte den Schlaf entweder als „Pfleger der Natur“ oder als „liebreiche Amme der Natur“, der deutsche Dramatiker und Lyriker Friedrich Hebbel sprach vom „Hineinkriechen in sich selbst“, und Heinrich Heine adelte ihn als „köstlichste Erfindung“.

Leider kommen in der modernen, mitunter hektischen Zeit viele Menschen nicht in einen solch köstlichen Genuss. Sie wälzen sich von einer Seite auf die andere, gehen in der Wohnung oder im Haus auf und ab in der Hoffnung, müde zu werden, oder benutzen Fernseher und Laptop als Einschlafhilfe. Wer schon untertags beladen mit Pflichten und Sorgen ist, wird durch lange Wachphasen in der Nacht nicht ruhiger. Grübeln verstärkt die Sorgen, diese rauben den Schlaf, und eine Spirale beginnt sich zu drehen, die nicht nur in Tagesschläfrigkeit und nachlassende Leistungsfähigkeit mündet, sondern auch die Stimmung nach unten zieht und das Risiko für Unfälle erhöht. Bis zu einem Viertel der Bevölkerung soll von Schlafstörungen betroffen sein.

Schlafstörungen werden klassifiziert in:1

  • Insomnien
  • schlafbezogene Atmungsstörungen (Schlafapnoe)
  • zirkadiane Rhythmusstörungen
  • Parasomnien: Störung durch körperliche oder geistige Aktivitäten wie Schlafwandeln und Albträume
  • Hypersomnien: übermäßige Schläfrigkeit, Tagschlafepisoden
  • schlafbezogene Bewegungsstörungen: Restless Legs, Bruxismus
  • isolierte Symptome wie Zuckungen, Sprechen im Schlaf und Kurzschläfer-Phänomen
  • sonstige, zum Beispiel durch Substanzmissbrauch bedingt oder durch Umweltfaktoren

Die Insomnie wird in der S3-Leitlinie zu nichterholsamem Schlaf als Schlafstörung definiert, die dadurch gekennzeichnet ist, dass Betroffene über einen Zeitraum von mindestens einem Monat Ein- und/oder Durchschlafstörungen haben, die mit einer Beeinträchtigung der Tagesbefindlichkeit oder der Leistungsfähigkeit am Tag einhergehen. Die Symptomatik darf dabei nicht durch eine andere körperliche oder psychiatrische Störung bedingt sein. Die Schlafstörung tritt im erwähnten Zeitraum in mindestens drei Nächten pro Woche auf.2

Ein Schlaftagebuch hilft dabei, die Insomnie genauer zu erfassen. Auch sollten bei dieser Gelegenheit mögliche Auslöser wie aktuelle Probleme und Sorgen erfasst werden. Weiters empfiehlt sich eine Überprüfung der Gewohnheiten: Werden abends aufwühlende Dinge getan oder Gespräche geführt? Wie wird das Abendessen gestaltet? Ist der Schlafraum dunkel und kühl? Werden alkoholische Getränke konsumiert? Werden E-Mails gecheckt und sogar beantwortet? – an all diesen Schrauben können Betroffene drehen. Außerdem bewährt sich Hilfe von außen, und zwar in Form von Pflanzen und ausgewählten Stoffen. Der synthetische Wirkstoff Diphenhydramin hilft bei Ein- und Durchschlafstörungen. Auch die Aminosäure L-Tryptophan zeigt eine schlafanstoßende Wirkung. Die Supplementierung von Melatonin übt einen günstigen Einfluss auf den Tag- und Nachtrhythmus aus. Ein wichtiger Hinweis an den Kunden: Lichtexposition bringt den Melatoninhaushalt durcheinander, daher sollte bei der Einnahme der Substanz wirklich auf eine dunkle Umgebung im Schlaf geachtet werden und Fernsehschlaf passé sein.

Die Welt der Pflanzen hat einige gut bewährte Optionen zu bieten. Baldrian, Passionsblume, Melisse und Hopfen beruhigen auf sanfte Weise und fördern den guten Schlaf. Johanniskraut macht schläfrig und hilft bei Verstimmungen. Die Einnahme von Baldrian erfordert etwas Geduld und wirkt nicht wie ein Hammerschlag. Klinische Studien legen nahe, dass die Einnahme über mehrere Wochen Schlafstörungen und nervöse Zustände lindern kann. Die Passionsblume hat eine zentralnervensystemberuhigende Wirkung, die von den Gamma-Pyronderivaten Maltol und Ethylmaltol ausgelöst wird.3

 

Literatur:

1 Schlafmedizinisches Labor München

2 S3-Leitlinie Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen, Kapitel „Insomnie bei Erwachsenen“ (AWMF-Registernummer 063-003), Update 2016

3 van Way BE et al., Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2004

 

Schlafentzug und Schlafapnoe steigern Übergewichtsrisiko

Regelmäßiger Schlafentzug beeinträchtigt die Glukosetoleranz. Dies gefährdet sowohl jene, die untertags im Beruf sehr gestresst sind, als auch Menschen, die einer Schicht- und/oder Nachtarbeit nachgehen. Weiters betroffen sind Personen mit obstruktiver Schlafapnoe, bei denen die Schlafqualität durch Atempausen gestört wird. Wissenschaftlich erforscht sind mittlerweile auch die Effekte von teilweisem Schlafentzug auf die Energiebilanz. Eine Übersichtarbeit kam zu dem Ergebnis, dass im Schnitt um 385 kcal pro Tag mehr konsumiert werden. Die Fettzufuhr steigt etwas an, und die körperliche Aktivität vermindert sich. Es gibt einen methodischen Mangel dabei, weil es zu „Schlafentzug“ in der Wissenschaft noch keine Standardisierung gibt. Manche Publikationen gehen von vier Stunden und weniger aus, in manchen ist bereits unter acht Stunden vom „Entzug“ die Rede.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ernährung