Jede dritte Apotheke sucht einen Nachfolger

Fast 30 % aller selbstständigen Apotheker und Apothekerinnen sind derzeit älter als 60 Jahre. Der Anteil ist vom Jahre 2003 auf das Jahr 2014 um 3,9 % gestiegen, rechnet Univ.-Prof. Dr. Leo W. Chini vom Forschungsinstitut für Freie Berufe an der Wirtschaftsuniversität Wien, vor. Die Folgen könnten in den kommenden Jahren dramatisch sein: Laut einer aktuellen Analyse des Wirtschaftsinformationsdienstes Bisnode D&B, die der Apotheker Krone exklusiv vorliegt, sucht momentan knapp jede dritte Apotheke einen Nachfolger. Genau sind es 553 Apotheken.

Mag. pharm. Jürgen Rehak, Präsident des Österreichischen Apothekerverbandes, sieht hier ebenfalls Handlungsbedarf: „Wir müssen darauf achten, dass wir die fachlichen und wirtschaftlichen Grundlagen der Apotheken so gestalten können, dass junge Universitätsabsolventen eine sichere und attraktive Zukunftsaussicht in der öffentlichen Apotheke haben.“ An Nachwuchs mangle es jedenfalls nicht, ist er überzeugt. „Die Absolventenquote im Bereich des Hochschulstudiums ist derzeit hoch, die Anzahl der Neuinskribierten ebenfalls, die Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg startet ebenfalls mit einem neuen Pharmaziestudium. Es sieht so aus, als ob es genügend Fachkräfte geben wird. Aber die Rahmenbedingungen für die öffentlichen Apotheken müssen gesichert werden.“ Rehak kündigt im Apotheker Krone-Interview an, dass es erste strategische Entscheidungen noch in diesem Herbst geben wird: „Daran arbeiten wir!“

Bereits Rehaks Vorgänger, Dr. Christian Müller-Uri, warnte vor einem Jahr vor der schwierigen wirtschaftlichen Situation der Apotheken. Immer mehr Apothekenbetriebe würden in die Verlustzone schlittern. Vor fünf Jahren schrieb jede vierte Apotheke rote Zahlen, heute sei es bereits jede dritte. Die Forderung damals: eine Entlastung der defizitären Nachtdienste. Fazit damals: Die Wirtschaftslage der Apotheken bleibt angespannt, eine Wende ist nicht in Sicht. Ertragsrückgänge bringen die Apotheken in Bedrängnis und machen es zusehends schwieriger, die Apothekenbetriebe zu finanzieren. „Die Apotheken in Österreich verdienen aufgrund des Sparzwanges im Gesundheitswesen zu wenig“, sagte Müller-Uri. Die Folge nun: Nachfolgeregelungen sind immer schwerer zu finanzieren.

Apotheken erzielen im Schnitt 70 % ihres Umsatzes mit rezeptpflichtigen Medikamenten, die von Ärzten auf Kassenkosten verschrieben werden. Dieser so genannte Kassenumsatz, der das Hauptgeschäft einer Apotheke bildet, stieg im Geschäftsjahr 2016 von 2,61 Milliarden Euro auf 2,62 Milliarden Euro im Jahr 2015; der Privatumsatz legte von 1,26 Milliarden auf 1,29 Milliarden zu. Das Umsatzplus, das vor allem durch innovative, hochpreisige Arzneimittel zustande kam, schlug sich in der Apothekenvergütung kaum nieder. Sonderrabatte, Finanzierungsbeiträge für die Krankenkassen sowie geringe Aufschläge für hochpreisige Arzneimittel haben dazu geführt, dass die Kassenspanne mit 15,43 % im Jahr 2016 an einem neuen Tiefpunkt angelangt ist. Vor zehn Jahren lag dieser Vergütungsanteil rezeptpflichtiger Medikamente noch bei 20,47 %.

 

 

 

Eine Studie der KMU Forschung Austria zeigte bereits vor zwei Jahren, dass sowohl die Umsatzrentabilität – also der auf den Umsatz bezogene Gewinnanteil (vor Ertragsteuer) – als auch die Eigenkapitalquote seit Jahren sinken. „Die Apotheken weisen mit 3,6 Prozent die mit Abstand niedrigste Eigenkapitalquote im Einzelhandelsbereich aus. Diese Quote sollte bei rund 30 Prozent liegen, was beim vergleichbaren Einzelhandel mit durchschnittlich 26,7 Prozent auch annähernd der Fall ist“, sagte Mag. Peter Voithofer, Direktor der KMU Forschung Austria damals.

Professor Chini fordert von den Apothekern und der Gesundheitspolitik neue Geschäftsmodelle. „Dass drei Apotheken in 30 Minuten erreichbar sind, ist im städtischen Bereich nicht mehr adäquat. Hier braucht es neue Geschäftsmodelle, da die alten wirtschaftlich nicht mehr tragbar sind“, ist er überzeugt. Junge Apotheker müssten nicht nur die Übernahme finanzieren, sondern auch in neue Geschäftsmodelle. „Daher ist die Übergabe des alten Geschäftsmodells schwer möglich, da es nicht rentabel ist.“

 

Die Apotheker Krone hat es sich zur Aufgabe gesetzt, verschiedene Konzepte von Apotheken zu beschreiben und so wirtschaftliche Beispiele aufzuzeigen (vgl. Serie: „Die Apotheker Krone zu Gast“). Haben auch Sie Ideen? Schreiben Sie der Redaktion: E-Mail!