Jedes zehnte Rezept wird nicht eingelöst

60 Millionen Rezepte werden jährlich in Österreich ausgestellt. Und noch immer in Papierform abgerechnet. Das soll sich ändern, sagen die Krankenversicherungen und suchen nach Lösungen zu mehr Transparenz, Qualität und Verwaltungsvereinfachung. Der erste Schritt dazu läuft, wie berichtet, seit Jahresbeginn 2018 – die Ausrollung der e-Medikation, die Ende dieses Jahres abgeschlossen sein soll. Ärzte und Apotheker sollen so sehen, wo es bei Mehrfachverordnungen zu gefährlichen Wechselwirkungen kommen kann. Gerade bei älteren Menschen soll das die Qualität der Versorgung verbessern.

Im zweiten Schritt soll dann die Verwaltungsvereinfachung erfolgen – mit der Umsetzung des e-Rezeptes. In zwei Pilot­regionen in Kärnten im April 2020 startend sollen Verschreibungen von Medikamenten schrittweise bis Mai 2022 österreichweit digitalisiert werden. Hauptverband, Ärztekammer und Apothekerkammer erwarten sich vom e-Rezept mehr Medikamentensicherheit, eine leichtere Verwaltung – und den Abbau eines Papierbergs.

Das elektronische Rezept werde das Leben von Patienten, Ärzten, Apothekern und der Sozialversicherung „enorm erleichtern“, zeigte sich Dr. Alexander Biach, Verbandsvorsitzender im Hauptverband der Sozialversicherungsträger, überzeugt. Ärzte und Apotheker bekommen für die Umsetzung drei Millionen Euro Anschubfinanzierung und Pauschalvergütung für die Wartung, berichtete Biach in einer Pressekonferenz.

Und so soll das e-Rezept funktionieren: Ein Arzt mit Rezepturbefugnis speichert die Verschreibung im e-card-System und kann es dem Patienten auf das Handy oder per E-Mail schicken, aber nach wie vor auch ausdrucken. Der Patient kann auf www.meinesv.at einsehen, welche Rezepte offen sind – und sie auch von dort herunterladen oder ausdrucken. In der Apotheke kommt er entweder mit der e-card oder per Handy-App zu seinem Medikament; ist es dort nicht lagernd, bleibt das Rezept offen und kann bei einer anderen Apotheke eingelöst werden. Die Verwaltungsvereinfachung: Die Apotheke schickt die Daten elektronisch zur Verrechnung an den Hauptverband.

Dafür ist auch eine Änderung des Rezeptpflichtgesetzes notwendig, die Gesundheitsministerin Mag. Beate Hartinger-Klein dieser Tage in den Ministerrat eingebracht hat. Mit der Gesetzesnovelle soll die Ausstellung elektronischer Rezepte in einem abgesicherten Netzwerk, das gegenüber unbefugten Zugriffen nach dem Stand der Technik abgesichert ist, erleichtert werden. Gemeint ist das bestehende e-card-System. Durch Nutzung bereits bestehender Infrastruktur für die Übermittlung von Gesundheitsdaten kann vom Erfordernis einer qualifizierten elektronischen Signatur abgesehen werden.

Die Österreichische Apothekerkammer begrüßte die Novelle als einen weiteren wichtigen Schritt im Rahmen der Digitalisierung des heimischen Gesundheitssystems. „Es geht darum, die Abläufe bei der Versorgung der Bevölkerung mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln effizienter, ­sicherer und einfacher zu gestalten“, zeigte sich Mag. pharm. Dr. Ulrike Mursch-­Edlmayr, Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer, mit der Gesetzesnovelle zufrieden. Nachsatz: ­„Österreichs Apothekerinnen und Apotheker befinden sich seit jeher bei technischen Innovationen auf dem letzten Stand – mehr noch: Sie sind Vorreiter im Bereich der Digitalisierung.

Erste Ergebnisse liegen indes aus der Ausrollung der e-Medikation vor. Und die sind durchaus überraschend. So zeigt sich, dass knapp jedes zehnte Rezept nicht eingelöst wird. „Wir rätseln noch, was die Ursache ist“, gibt sich Biach im Gespräch mit der Apotheker Krone zurückhaltend und sieht verschiedene Gründe. Zum einen könnte es sein, dass manche Patienten ein Medikament nicht im System gespeichert haben möchten, zum anderen, dass ein Medikament in einer Apotheke abgeholt wird, die noch nicht im System der e-Medikation angeschlossen ist. Beide Gründe dürften aber eher selten zu Buche schlagen. Viel größer scheint die Wahrscheinlichkeit, dass Ärzte bei akuten Erkrankungen zwar ein Medikament verordnen, dem Patienten aber empfehlen, das erst einzulösen, wenn sich der Zustand nicht verbessert.

„Dennoch bleibt sicherlich ein großer Teil, der wirklich nicht eingelöst wird“, sagt Biach. Endgültige Klarheit dürfte hier dann auch das e-Rezept bringen. Dann sehen letztlich auch Arzt und Apotheker, dass ein Medikament nicht abgeholt wurde und können den Patienten auch nach den Gründen dafür fragen. Das wiederum könnte am Ende sogar die Adherence erhöhen.

Grafik 1: Tabelle zu Abgaben und Verordnungen

Grafik 2: Ausrollung e-Medikation

 

 

Fakten zur e-Medikation

Mit der e-Medikation werden in der sogenannten e-Medikationsliste alle verordneten und abgegebenen Medikamente für ein Jahr gespeichert. Und zwar nicht nur rezeptpflichtige Arzneimittel, sondern auch wechselwirkungsrelevante rezeptfreie Arzneimittel. Ärzte können auf die e-Medikationsliste ihrer Patienten zugreifen und sehen sofort, was andere Ärzte bereits verordnet und welche Medikamente sich die Patienten in der Apotheke abgeholt haben. Apotheker können ebenfalls auf die e-Medikationsliste zugreifen und so eine bessere Beratung beim zusätzlichen Kauf von rezeptfreien Medikamenten anbieten. Denn mangelnde Informationen über den Medikamentenstatus von Patienten können zu Mehrfachverordnungen, unerwünschten Wechselwirkungen durch die Inhaltsstoffe oder zu einer Überdosierung der Wirkstoffe führen. Eine ganz wichtige Neuerung für die Patienten ist dabei, dass dafür in der Apotheke die e-card gesteckt wird. Nur dann können rezeptfreie Medikamente in der e-Medikationsliste gespeichert werden.