Jobkrise trifft jetzt auch die Apotheker

Die jüngsten Entwicklungen am pharmazeutischen Arbeitsmarkt überraschen sogar Experten. Sogar in der Apothekerkammer herrscht etwas Ratlosigkeit. „Im vergangenen halben Jahr ist die Zahl der arbeitslosen Apotheker regelrecht explodiert. Das ging ganz plötzlich“, sagt Apothekerkammerpräsident Mag. pharm. Max Wellan. Im Dezember lag demnach die Zahl der arbeitssuchenden Apotheker bei 151. Zum Vergleich: Im Dezember 2012 lag die Zahl bei der Hälfte – damals waren 77 Pharmazeuten arbeitslos. Mit 74 offenen Stellen standen ihnen damals aber auch fast so viele Optionen offen.

Nur noch 42 offene Stellen

Im vergangenen Dezember war – wie nun bekannt wurde – die Situation komplett anders: Den 151 arbeitslosen Apothekern standen nur 42 offene Stellen gegenüber. Wellan: „Wir haben auch rund 80 Aspiranten, für die wir derzeit keine Plätze finden.“ Tatsächlich ist im Vorjahr die Zahl der Studienabsolventen explodiert. Hatten im Jahr 2013 noch 209 Pharmazeuten ihr Studium abgeschlossen, waren es im Vorjahr 278.

Die Situation bestätigte zuletzt auch die neue Leiterin des Departments für Pharmakognosie an der Universität Wien, Univ.-Prof. Dr. Judith M. Rollinger, im Interview mit der Apotheker Krone. Laut Apothekerkammer dürfte sich der Andrang nicht zuletzt aufgrund der Studieneingangsphase beruhigen. Aktuell studieren rund 4.500 Menschen an den drei Universitäten in Wien, Graz und Innsbruck Pharmazie. Das ist nicht mehr, als in den Jahren davor. Die Zahl der Studienanfänger ist 2013 und 2014 mit 565 beziehungsweise 682 auch eher moderat gewesen. Zum Vergleich: 2011 und 2012 gab es jeweils fast 1.000 Studienanfänger (siehe Grafik).

 

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Beobachter sehen in der Entwicklung auch eine Folge der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen. Wie berichtet, ist die wirtschaftliche Lage der Apotheken weiterhin schwierig. Die in den Gesundheitsmarkt strömenden hochpreisigen Arzneimittel bescherten den Apotheken 2014 nach vier Jahren endlich wieder ein reales Umsatzplus, das sich jedoch nur marginal in den Erträgen widerspiegelte. Der Rohertrag, der sich bei höheren Arzneimittelpreisen systematisch verringert, konnte mit dem Umsatz nicht Schritt halten und verzeichnete lediglich ein leichtes Plus von real 0,5 Prozent, meldete zuletzt der Apothekerverband. „Unsere Apotheken treten seit Jahren auf der Stelle. Mit dem, was 2014 ertragsmäßig übrigbleibt, müssen anstehende Investitionen getätigt werden“, erläutert Dr. Christian Müller-Uri, Präsident des Österreichischen Apothekerverbandes. Die Kassenspanne, also die Ertragsspanne des Kassenumsatzes, sei seit geraumer Zeit rückläufig und mache es immer schwieriger, die Apothekenbetriebe zu finanzieren. Im Geschäftsjahr 2014 sank die Kassenspanne auf den historischen Tiefststand von 16,36 Prozent. Das entspricht einem Rückgang von 10 Prozent seit dem Jahr 2010.

Aufgrund der angespannten Ertragssituation ist mittlerweile jede dritte der rund 1.360 Apotheken in Österreich ins Minus gerutscht. Laut einer Studie der KMU-Forschung Austria weisen 29 Prozent aller Betriebe eine negative Umsatzrentabilität auf. Hinzu kommt – so der Verband –, dass die durchschnittliche Eigenkapitalquote der Apotheken seit Jahren rückläufig ist und mittlerweile bei dramatischen 2,4 Prozent steht. Das verschlechtert den betriebswirtschaftlichen Handlungsspiellaum der Betriebe. Dem Wunsch, das neu entwickelte Medikationsmanagement als Service im Gesundheitswesen von den Kassen extra honorieren zu lassen, erteilten diese zuletzt eine Absage. Das gehöre zur Kernaufgabe der Apotheken und sei mit den laufenden Spannen abgegolten, sagte Hauptverbandsgeneraldirektor Dr. Josef Probst im Interview mit der Apotheker Krone.

Um zumindest dem Nachwuchs Chancen zu geben, will Kammerpräsident Max Wellan, versuchen, die Aspirantenstellen zu erhöhen. „Es gibt Überlegungen, dass man großen Apotheken erlaubt, eine zweite Stelle zu eröffnen oder auch Ausbildungsverbünde zu fördern, wo mehrere Apotheken gemeinsam einen Aspiranten ausbilden.“ Es sei wichtig, dass die jungen Pharmazeuten nach der Zeit, die sie zuletzt aufgrund der Engpässe im Studium verloren haben, nun nicht auch am Übergang in die Praxis auf Ausbildungsplätze warten müssen.

 

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