L-Carnitin

Im Jahr 1905 wurde L-Carnitin entdeckt und aus Muskelgewebe isoliert. Es handelt sich um eine am N-Atom alkylierte Hydroxycarbonsäure, die stark wasserlöslich und hygroskopisch ist. Die Substanz wird vom Körper selbst aus ­Lysin und aktiviertem Methionin hergestellt. Essenzielle Kofaktoren dieser ­Synthese sind Vitamin C, Vitamin B6, Niacin und Eisen. Gute Quellen in der Nahrung sind vor allem tierische Lebensmittel wie Rindfleisch, Lamm und Schweinefleisch. Eier, Vollkornprodukte, Obst und Gemüse enthalten dagegen nur geringe Mengen.1

Das Carnitin aus der Nahrung wird rasch und vollständig über einen aktiven, natriumabhängigen, sättigbaren Transport absorbiert. Gewebe, die auf Carnitin angewiesen sind, können die Substanz aktiv über Importer in die Zellen einschleusen. Vom gesamten Speicher entfallen im Körper 95 % des Carnitins auf die Skelettmuskulatur.1

Carnitin ist Kofaktor beim Transport langkettiger Fettsäuren durch die innere Mitochondrienmembran. Der Mechanismus ist komplex: Die Fettsäuren werden von der Acyl-CoA-Synthetase (Acyl-CoA-S.) an das Koenzym A gebunden. Die Carnitin-Palmitoyltransferase 1(CPT 1) konvertiert ankommende Acyl-CoA-Ester zu Acylcarnitin-Estern, der Transport durch die innere Membran wird von der Carnitin-Acylcarnitintranslokase (CAT) vorgenommen. Die Carnitin-Palmitoyltransferase 2 (CPT 2) regeneriert die Acyl-CoA-Ester in der Matrix.2

Weitere Funktionen, die in der Literatur beschrieben werden, sind:1

  • Stimulation der Fettsäuresynthese aus Malonyl-CoA
  • Beteiligung an der Thermogenese im braunen Fettgewebe
  • Regulation der Glukoneogenese
  • Stimulation des Abbaus verzweigtkettiger Aminosäuren
  • Beeinflussung von Acetylcholin

Der errechnete Bedarf liegt beim Erwachsenen bei 0,23 mg/kg Körpergewicht. Das ergibt bei einem 70 kg schweren Menschen rund 16 mg pro Tag, was wiederum der Menge der Eigensynthese entspricht.2 Spiegel bei Vegetariern und Laktovegetariern sind in Studien allerdings signifikant niedriger als jene von Mischköstlern.1 Vegetarier und Veganer sind somit Adressaten für eine Supplementierung.

Eine verminderte Carnitinkonzentration führt zu einer Drosselung des Transports langkettiger Fettsäuren ins Mitochondrium. Es kommt außerdem zu einer Verlangsamung der Energiebereitstellung aus Nahrungs- und Körperfett. Die Folge: Acetyl-CoA staut sich im Zytoplasma an, woraufhin vermehrt Triglyzeride und Lipide synthetisiert werden. Die Lipidakkumulation mündet in Leberzellnekrosen und (Kardio-)Myopathien. Gefährdet sind Menschen mit chronischer Niereninsuffizienz nach Hämodialyse, unter parenteraler Ernährung oder wenn eine verminderte Biosynthese aufgrund eines Mangels an Aminosäurevorstufen vorliegt.1

Literatur:
1 Elmadfa I, Leitzmann C, Ernährung des Menschen. Eugen-Ulmer-Verlag 2015
2 Ruhr-Universität Bochum 2009