Niereninsuffizienz: moderat Eiweiß, wenig Phosphat

Die Ernährung hat einen starken Einfluss auf die Entwicklung und Prognose von Nierenerkrankungen. Ernährungstherapie hat daher in der nephrologischen Praxis eine große Bedeutung, und nicht selten arbeiten Mediziner mit Ernährungsfachkräften zusammen.

Im Hinblick auf eine Niereninsuffizienz sind Eiweiß- und Kochsalzrestriktion die beiden wichtigsten diätetischen Maßnahmen im Frühstadium. Die Empfehlung zur Eiweißbeschränkung wurde ursprünglich aus Tierversuchen abgeleitet. Dabei stellte man fest, dass glomeruläre Vernarbungen unter eiweißarmer Kost seltener auftraten. Die Theorie: Eiweiß und bestimmte Aminosäuren können zu einer Hyperfiltration der Nieren führen. Dadurch wird zunächst die Nierenfunktion gesteigert, allerdings wird dabei auch die Alterung der Nierenkörperchen begünstigt. Ein weiteres Argument für die Restriktion der Proteinzufuhr ist die damit einhergehende Reduktion der Phosphatzufuhr. Neuere Studien am Menschen konnten die tierexperimentellen Befunde nicht bestätigen. Eine Metaanalyse aus acht randomisierten Studien ergab 2006 eine um 30 % geringere Sterblichkeit und Dialysepflichtigkeit bei der Kost mit niedrigem Eiweißgehalt (0,3–0,6 g/kg Körpergewicht pro Tag) verglichen mit normalem Eiweißgehalt von > 0,8 g/kg Körpergewicht.

Mäßige Eiweißrestriktion

Eine aktuellere Metaanalyse hingegen ergab keinen signifikanten Effekt einer Eiweißrestriktion auf die Mortalität und terminale Niereninsuffizienz. Die Schlussfolgerung der Wissenschaft lautet daher derzeit: mäßige Eiweißrestriktion in frühen Stadien. Stark eiweißreduzierte Diäten sind wegen des erhöhten Risikos einer Malnutrition keinesfalls angeraten. Gleichzeitig sollte die Eiweißzufuhr in der Prädialysephase nicht über 1,3 g/kg Körpergewicht betragen. Übrigens: Bei normaler Nierenfunktion konnte bisher kein Einfluss des Eiweißgehalts der Nahrung auf die Nierenfunktion gesehen werden. In der Nurses’ Health Study sank bei leichter Nierenfunktionseinschränkung die glomeruläre Filtrationsrate pro 10 g zusätzliche Eiweißzufuhr um 7,7 ml/min. Dieser Effekt war in der Gruppe mit der höchsten Eiweißzufuhr am stärksten ausgeprägt.1

Eine Reduktion der Trinkmenge wird bei Nierenkrankheiten nicht empfohlen – im Gegenteil: Durch den konvektiven Transport, also den Kotransport von Kalium und Harngiften mit dem ausgeschiedenen Wasser, können unerwünschte Stoffe mit einer erhöhten Urinmenge leichter ausgeschieden werden.1

In den frühen Stadien einer Niereninsuffizienz verfügt der Körper über vielfältige Kontrollmechanismen, um den Phosphatspiegel konstant zu halten. Erst in späteren Stadien, häufig auch erst bei Dialysebeginn, werden erhöhte Phosphatspiegel festgestellt. Die Zufuhr dieses Mineralstoffes sollte dennoch eingeschränkt werden, sobald klar ist, dass die Nieren nicht mehr einwandfrei funktionieren. Ein erhöhter Phosphatspiegel kann nämlich schon kurzfristig kardiovaskuläre Schädigungen herbeiführen und die knöcherne Umwandlung der Gefäßmuskelschicht (Mediasklerose) begünstigen. Diese wird fast ausschließlich bei nierenkranken Personen beobachtet. Phosphatbereiche im oberen Normbereich sind daher bereits ernst zu nehmen.1 Aufpassen heißt es daher bei Lebensmitteln mit hohem Phosphatgehalt wie Nüssen, Kakao, Schokolade, Hülsenfrüchten und Innereien. Einen mittleren Phosphatgehalt weisen Fleisch, Fisch, Eier und Milchprodukte auf.2 Bei Nierengesunden kommt es eher selten zur Hyperphosphatämie.1

 

Literatur:

1 Radermacher J, Ernährungs Umschau 2013

2 Borgmann D, Ernährungs Umschau 2013