OTC-Rückblick: 2018 war ein schwaches Jahr

Nach langen Diskussionen haben die Regierungsparteien ÖVP und FPÖ in der letzten Sitzungswoche des Nationalrates die Reform der Sozialversicherungen beschlossen – und das wird wohl das prägende Thema des kommenden Jahres im Gesundheitswesen sein. Die Bundesregierung will die Sozialversicherungen fusionieren und damit das System nicht nur schlanker und effizienter machen, sondern nach eigenen Angaben auch bis zu einer Milliarde Euro einsparen, die den Patienten in Form von mehr Leistungen zugutekommen sollen. Rechnungshof, Opposition und eigene Ministerien der Regierung kritisierten die Einsparungsziele als ambitioniert und im Detail nicht nachvollziehbar. Sozial- und Gesundheitsministerin Mag. Beate Hartinger-Klein (FPÖ) wiederum erwartet sich gleiche Beiträge für gleiche Leistungen. Experten erwarten allerdings, dass sich nicht zuletzt aufgrund der Übergangszeit während der Fusion die Aufnahme neuer Medikamente in den Erstattungskodex verzögern wird. Zuletzt brachte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) auch eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge ins Spiel. Das wiederum könnte auch Folgen für Spannen der Apotheken haben.

Ein anderes wichtiges Thema wird im Jahr 2019 der weitere Kampf gegen Arzneimittelfälschungen sein. Um Patienten vor Fälschungen zu schützen, wird, wie berichtet, bis Februar 2019 ein Sicherheitssystem etabliert, das – von der Industrie finanziert – den Vertriebsweg rezeptpflichtiger Arzneimittel besser nachvollziehbar und die Produkte dadurch sicherer vor Fälschungen macht. „Bei jedem verschreibungspflichtigen Arzneimittel, das ab 9. Februar 2019 über eine Apotheke, über einen Arzt mit Hausapotheke oder in einer Krankenanstalt an den Patienten abgegeben wird, kann so gewährleistet werden, dass es sich um ein Original und nicht um eine Fälschung handelt. Das sind enorme und äußerst vernünftige Investitionen in die Patientensicherheit, die die pharmazeutischen Unternehmen tätigen“, erklärt Mag. Alexander Herzog, Generalsekretär der Pharmig, die Aktivitäten rund um die Umsetzung der EU-Fälschungsrichtlinie.Alle Beteiligten der legalen Lieferkette – vom Hersteller über den Großhändler bis zur Apotheke – müssen mit Februar 2019 an ein flächendeckendes Datenspeicherungs- und -abrufsystem angeschlossen sein, heißt es aus der Austrian Medicines Verification Organisation (AMVO). Mit der EU-Richtlinie werde alles dafür getan, die legale Lieferkette gegen Arzneimittelfälschungen abzusichern. Beispielsweise erhält jede Verpackung eines rezeptpflichtigen Arzneimittels eine eigene Seriennummer, die es in der gesamten EU identifizierbar macht. Der Großhändler seinerseits muss in definierten Fällen, etwa beim Kauf von einem anderen Großhändler oder bei Retourwaren, die Seriennummer der Arzneimittelpackung überprüfen. Eine zentrale Rolle übernehmen dabei die Apotheken: Jede mit Sicherheitsmerkmalen versehene Packung eines Arzneimittels muss vor Abgabe an den Patienten gescannt werden. Damit wird das Arzneimittel „verifiziert“ – sprich, es wird dessen Echtheit überprüft.

 

Kein Ausblick ohne Rückblick. Gemeinsam mit dem Marktforschungsunternehmen IQVIA hat die Apotheker Krone das abgelaufene Jahr analysiert – und das zeigt bereits einige Wolken. Nach einem guten Jahr 2017 gab es heuer – die Vergleichszahlen liegen bis Ende Oktober vor – eine Stagnation. Der gesamte Apothekenmarkt konnte in dieser Zeit nur um 1,6 % zulegen – ebenso wie der OTC-Markt. Top-Neueinführungen des abgelaufenen Jahres waren gemessen am AVP MULTIflora® Darmmanager, Chlorhexamed® FORTE, OMNi-BiOTiC 10 AAD, Dr. Böhm® MAGNESIUM SPORT®, Betadona® Wund-Spray sowie Dr. Böhm® Cranberry akut (siehe Seite 69). „Gemäß dem Motto von Genericon ‚Qualität und Service‘ haben wir auch bei unseren Nahrungsergänzungsmitteln auf diese geniale Verbindung gesetzt. ‚MULTIflora® Darmmanager‘ überzeugt mit seiner wohldurchdachten Rezeptur, der hervorragenden Qualität seiner Inhaltsstoffe und eindeutigen Produktvorteilen wie der raschen Aktivierungszeit oder dem Plus an Biotin,“ sagt Dr. Davor Cvitković, Marketingleiter Genericon Pharma. Genericon setzt seit Jahrzehnten auf eine sehr enge Partnerschaft mit den Apotheken und bietet ihnen umfassendes Service und intensive persönliche Beratung. „Diesen Erfolgsweg wollen wir auch in Zukunft weitergehen und bedanken uns an dieser Stelle bei allen Apothekerinnen und Apothekern sowie PKA für die gute Zusammenarbeit. Auf ein Geniales 2019.“

Das insgesamt schwache Jahr 2018 resultiert nicht zuletzt aus Rückgängen im Frühjahr, die sich auch bei genauerer Betrachtung der einzelnen OTC-Märkte zeigen. So sank der Bereich Husten- und Erkältungsmittel mengenmäßig um 2,7 % und hielt wertmäßig gerade noch bei einem Plus von 1 %. Mengenmäßige Rückgänge gab es auch bei Schmerz- und Rheumamitteln (–3,4 %), Haut- und Schleimhautmitteln (–2,1 %) sowie Herz- Kreislauf-Mitteln (–1,7 %). Zuwächse bei Menge (+3,1 %) und Wert (+4,8 %) gab es bei Vitamin- und Nahrungsergänzungsprodukten und wertmäßig bei ­Magen- und Verdauungsmitteln (+2,2 %).

 

 

Doch auch in schwächeren Märkten gibt es führende Produkte, die aus der Masse und dem aktuellen Trend herausstechen. Die Top-10-Marken des Vorjahres ­waren laut IQVIA wertmäßig Dr. Böhm® sowie OMNi-BiOTiC und Bepanthen®, was auch den Trend unterstreicht, dass nicht nur internationale Marken, sondern vor allem heimische Produkte bei den Apotheken stark sind und dort auch als Wachstumsmotoren fungieren. Dr. Böhm® ist dafür ein gutes Beispiel – die Marke gehörte mit +21,7% zu den Wachstumssiegern des abgelaufenen Jahres. „Wir sind überwältigt von diesem fantastischen Jubiläumsjahr und freuen uns besonders, dass Dr. Böhm Kunden im Vergleich zu anderen Marken überdurchschnittlich viele verschiedene Produkte aus unserem Portfolio kaufen. Dies zeigt uns, dass die Kunden einerseits mit der Wirkung und Qualität zufrieden sind und andererseits ein prominentes Dr. Böhm Regal auch für die Apotheke von großem Vorteil ist. 2019 werden wir wieder innovative Neueinführungen auf den Markt bringen und unsere Werbeinvestitionen in die Marke weiter stärken“, verspricht Mag. Martin Überhuber, Leitung Marketing & Business Development.
Ebenfalls stark entwickelt haben sich DR. KOTTAS, Betadona® und Silomat®. „Den Wachstumszuwachs führen wir ­darauf zurück, dass die gesundheitsbewussten Kunden immer mehr die Qualität und Wirkung der DR.-KOTTAS-Arzneitees schätzen und den Unterschied zwischen Arzneibuchqualität und Lebensmittelqualität erkennen“, sagt Dr. Alexander Kottas-Heldenberg. Erfreut über das Spitzenergebnis im Jahresverlauf ist auch Kerstin Nossek, Brand Manager CHC bei der Sanofi-Aventis GmbH: „Aus meiner Sicht liegt der Erfolg an dem Wirkstoff Pentoxyverin, der eine hohe Beratungssicherheit aufweist. Trotz lang anhaltender Wirkung bleibt der physiologische Hustenreflex beispielsweise beim Verschlucken erhalten. Wir haben Silomat® 2018 intensiv beworben und sehr tolle Rückmeldungen von Apotheken, Ärzten und auch Konsumenten bekommen.“

 

 

Noch ein Trend zeigt sich: Wachstumsmärkte im Vorjahr waren vor allem bei Phytoprodukten und Mineralstoffen zu finden. So gab es etwa für die IQVIA-Kategorie „Sonstige Pflanzenprodukte in Hausmitteln“ ein Plus von 2,23 Millionen Euro im Jahresvergleich. Stark gewachsen – vor allem dank der Dr.-Böhm®-Produkte – sind Magnesiumpräparate (+2,068 Millionen Euro), Harnsystem (+1,806 Millionen Euro) und Wunddesinfektion dank Betadona® (+1,654 Millionen Euro). Letzteres lag mengenmäßig überhaupt an der Spitze (siehe Grafik). Auch hier wurde stark in die Werbung investiert. „Die Marke Betadona® mit dem Wirkstoff Povidon-Iod überzeugt Konsumenten durch ein breites Wirkspektrum, gute Verträglichkeit und die Unterstützung der Wundheilung. Wir haben in diesem Jahr die Kommunikation zu den Kunden erfolgreich ausgebaut und Betadona® als die ,Aller-Erste-Hilfe™‘ bei Wunden etabliert. Auch möchten wir diese Gelegenheit nutzen, um uns bei den Apothekerinnen und Apothekern für die gute Zusammenarbeit zu bedanken“, sagt Stephanie Holzschuh, Brand Manager Consumer Healthcare bei Mundipharma.

 

Insgesamt kamen vor allem im RX-Bereich im Vorjahr die Preise durch die Krankenversicherungen unter Druck, wie sich zuletzt auch bei einer Diskussionsveranstaltung von IQVIA zeigte. „Angesichts der Reglementierung und Senkung der Industriepreise von rund 1.000 Produkten in den vergangenen Jahren sowie einer 2019 drohenden weiteren Kürzungsrunde erweist sich das bisherige Spannensystem für die Apotheken als extrem ungünstig. Ihre Vergütung sank im Durchschnitt um etwa 7.200 Euro pro Betrieb“, sagt Dr. Martin Spatz, Geschäftsführer des Beratungs- und Dienstleistungsunternehmens IQVIA. Insgesamt beliefen sich die Vergütungen durch den Hauptverband der Sozialversicherungsträger im Jahr 2016 auf etwa 408 Millionen Euro, 2017 waren es nur noch 407 Millionen. Aufgefangen werde die Stagnation im Basisgeschäft derzeit durch den starken Anstieg der Hochpreiser, erklärte Mag. pharm. Thomas Veitschegger, Vizepräsident des Österreichischen Apothekerverbandes. Allerdings sei unsicher, wer in Zukunft für deren alleinigen Vertrieb zuständig sein wird. Auch gebe es Diskussionen über eine Preisdeckelung in diesem Segment. Die Folge: Von 2009 bis 2016 stiegen die Umsätze der Krankenkassen um 23,4 %, die Vergütungen der Apotheker aber nur um 4 %. Zugleich zogen die Inflation und die Personalkosten um 16 beziehungsweise 16,4 % an. Damit stehen Österreichs öffentliche Apotheken seit Jahren vor einem wirtschaftlichen Dilemma: „Ständig sinkende Erträge bei immer höheren Umsätzen, zugleich aber stark steigende Personal- und Betriebskosten.“ Auf der Suche nach einer Lösung hat der Apothekerverband heuer alternative Vergütungssysteme in Belgien, Tschechien und Deutschland analysiert. Diese arbeiten mit einer Kombination aus Fixpreisen pro Packung oder Rezept, einer Leistungskomponente für die Beratung und verschiedenen Spannen. Deutsche Apotheker erhalten etwa einen Fixzuschlag pro Packung von 8,35 Euro, von dem 1,77 Euro Rabatt für die Krankenkasse abgezogen wird, sowie eine Spanne von 3 % über die gesamte Bandbreite der Arzneimittel. Das deutsche Modell wurde vom Verband auf Österreich umgelegt und ergab in der ersten Berechnung ein Packungshonorar von 3,56 Euro plus 3 % Spanne auf den Apothekeneinkaufspreis. Dieses System hat den Vorteil einer gesicherten Grundabgeltung der pharmazeutischen Arbeit und einer größeren Unabhängigkeit von den Preisverhandlungen, an denen die Apotheker ohnehin nicht beteiligt sind; allerdings ist in diesem Fall eine regelmäßige Valorisierung unbedingt notwendig, um eine faire Vergütung nachhaltig zu sichern.