Pharmafusionen als Chance für Apotheken

Die Konzentration im Bereich rezeptfreier Gesundheitsprodukte geht weiter: Der britische Pharmakonzern GlaxoSmithKline und der US-Riese Pfizer legen das Geschäft mit rezeptfreien Gesundheitsprodukten zusammen. Davor hat GSK das schon mit Novartis so gemacht. Glaxo will das geplante Gemeinschaftsunternehmen, an dem die Briten ­68 % und Pfizer 32 % halten sollen, innerhalb von drei Jahren nach Abschluss der Transaktion abspalten und an die Börse bringen. Der Konzern will sich dann auf verschreibungspflichtige Medikamente und Impfstoffe konzentrieren.

Der Deal ist wie die Übernahme von ­Celgene durch BMS oder Shire durch ­Takeda nach Ansicht von Marktbeobachtern symptomatisch für aktuelle Entwicklungen der Branche. „Zahlreiche Unternehmen wollen sich derzeit stärker auf bestimmte Therapien fokussieren und daher Unternehmensteile, die nicht benötigt werden, abgeben. Laut unserer Analyse der 25 größten Biopharma-Konzerne ­haben sich die zehn stärker fokussierten Unternehmen – also Anbieter, die mindestens ­50 Prozent ihrer Umsätze mit ­einem einzigen Therapiefeld erwirtschaften – besser entwickelt als die 15 weniger fokussierten Konzerne“, sagt Erich Lehner, Managing Partner Markets und Leiter Life Sciences beim Beratungsunternehmen EY Österreich. Ähnlich sieht das Dr. Martin Spatz, General Manager Austria des Marktforschungsunternehmens IQVIA. „Die neuesten Trends, die wir sehen, sind, dass Fusionen und Übernahmen gerade wieder begonnen haben und uns auch noch im laufenden Jahr begleiten werden. Dabei zeigt sich, dass der Ansatz, ein möglichst breites Portfolio zu haben, an ­Bedeutung verliert. Die meisten Konzernchefs verfolgen die Strategie der Fokussierung.“ Und das bedeute nicht selten, dass etwa das OTC-Geschäft abgegeben werde.

Tatsächlich gibt es etwa an den Finanzmärkten Spekulationen, dass sich Takeda nach dem Shire-Kauf vom OTC-Bereich trennen könnte. Schweizer Medien berichteten wiederum, dass Novartis die Generikasparte verkaufen könnte – was der Konzern umgehend dementierte. Zu beobachten ist dennoch, dass sich viele Pharmakonzerne von diesem Geschäft, zu dem zwar oft bekannte Marken gehören, trennen. Die Darmstädter Merck hatten dieses Frühjahr ihre rezeptfreien Gesundheitsprodukte an Procter & Gamble ­verkauft. Das Unternehmen Boehringer ­Ingelheim gab bekanntlich sein OTC-Geschäft an Sanofi ab.

Für Apotheken könnten diese Entwicklungen durchaus Chancen bringen, glaubt Spatz: „Jeder Konzentrationsprozess birgt in sich die Gefahr, dass Service und Qualität darunter leiden, weil es weniger Wettbewerb gibt.“ Die neuen OTC-Riesen würden sich deshalb besonders in Zeug legen, dass genau das nicht passiere. „Der Außendienst ist hier besonders gefordert, kann sich aber auch besser auf Kunden konzentrieren, weil die Palette fokussierter ist.“

Umgekehrt könnten die Apotheken auch davon profitieren, dass gerade regionale Produzenten Lücken orten und diese nutzen wollen. „Wir beobachten, dass in den etablierten Märkten die Innovationen stark durch neue Produkte kommen und weniger durch Modifikationen. Man sieht die Tendenz, dass kleine und regionalere Unternehmen schneller auf Marktentwicklungen reagieren, während der eine oder andere fusionierte Konzern vielleicht Entscheidungsstrukturen aus Österreich wegverlagert“, sagt Spatz. Unternehmerische Einstellungen könnten zudem bei lokalen Unternehmen flexibler sein.