Pharmaziestudium: dm oder Taxifahren?

Die Jobaussichten für Pharmazeuten in Apotheken verschlechtern sich zunehmend: Mit Anfang Juni waren in der Stellenvermittlung der Pharmazeutischen Gehaltskasse 26 offene Dauerstellen aus Gesamtösterreich gemeldet. „Demgegenüber standen 444 Stellensuchende, von denen 170 stellenlos waren“, teilt die Pharmazeutische Gehaltskasse auf Anfrage der Apotheker Krone mit. Vom Apothekerverband wurde bisher erst im Frühjahr auf die angespannte wirtschaftliche Lage verwiesen: „Immer mehr Apothekenbetriebe schlittern in die Verlustzone. Vor fünf Jahren schrieb jede vierte Apotheke rote Zahlen, heute ist es bereits jede dritte“, sagte damals Verbandspräsident Dr. Christian Müller-Uri.

Die Situation dürfte sich allerdings noch nicht zu den Studierenden und vor allem Studienanfängern herumgesprochen haben, denn dort sind im vergangenen Herbst die Zahlen der Studienanfänger sogar gestiegen. Ein Rundruf der Apotheker Krone an den Universitäten in Wien, Graz und Innsbruck ergibt folgendes Bild: Im Herbst gab es zusammengerechnet 2.443 Interessenten für ein Pharmaziestudium. Im Jahr davor waren es noch 1.839. Tatsächlich ihr Studium begonnen haben im Herbst des Vorjahres 1.258 Personen – im Herbst 2014 waren es noch 1.113 und damit um 145 weniger.

„Die Leute erwarten nach wie vor gute Jobaussichten. Das hat sich aber in der Zwischenzeit geändert. Auch die finanzielle Situation ist nicht mehr so rosig“, erzählt Univ.-Prof. Mag. Dr. Helmut Spreitzer, Studienprogrammleiter am Department für pharmazeutische Chemie an der Universität Wien. Bei Diplomprüfungen am Ende des Studiums frage er zudem Absolventen meist nach ihren Zukunftsplänen, erzählt er, und höre dort zunehmend, dass sie noch keinen Job in Aussicht haben. „Das war früher anders.“

Wie sich die neue Studienordnung nach dem Bologna-System mit Bachelorstudium und Masterstudium auswirken wird, könne man indes noch nicht sagen, sagt Spreitzer. Die Neuordnung habe mit dem Andrang wenig zu tun, ist er überzeugt. Beobachter hingegen vermuten, dass manche Studierende mangels anderer Möglichkeiten eben zuerst ein Bachelorstudium Pharmazie machen, um dann zu wechseln. Denn tatsächlich wurden im Herbst in Innsbruck und Graz alle zur Aufnahmeprüfung angetretenen Kandidatinnen und Kandidaten auch genommen. In Wien kamen 805 zur Prüfung und 686 wurden aufgenommen.

Für heuer planen die Unis allerdings eine Registrierungsgebühr von 50 Euro. Spreitzer: „Hier geht es vor allem um die Ernsthaftigkeit. Von den vielen Interessenten, die sich anmelden, kamen zuletzt nur etwas mehr als die Hälfte.“ Für die Universität sei das allerdings mit hohem Aufwand verbunden – immerhin miete man in Wien etwa die Messehalle A und stelle Personal für die Prüfung bereit, das dann nur teilweise gebraucht werde, weil viele Interessenten nicht antreten. „In Wien sind etwa im Herbst 600 gar nicht erschienen.“

Dass mit dem Bachelorstudium „Billigapotheker“ etwa für Drogerien ausgebildet werden, glaubt der Universitätsprofessor nicht. Was jemand mit dem Studium macht, könne die Universität natürlich nicht beeinflussen. Man habe den neuen Studienplan aber so aufgebaut, dass die zentralen und für Apotheker wichtigen Elemente des Studiums ins Masterstudium fallen. Man habe alles getan, die Studien so aufzubauen, dass nicht das Bachelorstudium bereits fast so gut sei wie das Masterstudium, das sonst nicht nötig wäre.

Eine Herausforderung sei allerdings gewesen, dass man in Wien den gesamten Studienplan auf einmal umgestellt habe. Damit werden alle Einheiten bereits angeboten, und ein Umstieg von anderen Bereichen ist jederzeit möglich. Dazu komme auch, dass etwa bereits erste Anrechnungen von anderen Bachelorstudien hereinkommen, weil diese in anderen Ländern etwa bereits angeboten werden. Insgesamt sei allerdings die Neuordnung gut gelaufen, und man habe im ersten Studienjahr auch primär positive Erfahrungen gemacht, sagt der Studiengangsleiter.

Auch was die Praktikumsplätze etwa im Labor betreffe, gebe es gute Lösungen: „Die Situation ist zwar weiter angespannt, wir reihen aber jetzt nach Studienerfolg beziehungsweise bei Gleichwertigkeit nach Noten. Wenn es ausreichend Anfragen gibt, machen wir Zusatzkurse auf“, sagt Spreitzer und ergänzt: „Wir haben das im Griff.“