Probiotika: Abwehrkraft aus dem Darm

Das darmassoziierte Immunsystem (Gut-associated lymphoid tissue, GALT) ist hauptsächlich für die spezifische und unspezifische Infektabwehr an der Darmschleimhaut verantwortlich. Es repräsentiert beim Erwachsenen 70–80 % der erworbenen Immunität1.

Studien zur Wirkung aufs Immunsystem

In Studien mit Probiotika wies man immunmodulierende Wirkungen auf T-Helferzellen, die Phagozytose-Aktivität und Killerzellen nach. Weiters konnte gezeigt werden, dass Infektionen im Winter weniger schwer verlaufen und kürzer dauern2.
Zwei probiotische Stämme – Bifidobacterium animalis ssp. lactis und Lactobacillus paracasei ssp. paracasei – wirkten in einer sechswöchigen placebokontrollierten Doppelblindstudie mit Grippeschutzimpfung positiv auf die Immunfunktion. Es kam zur signifikanten Erhöhung des influenzaspezifischen Plasma-IgG, IgG1 und IgG3 in beiden Probiotikagruppen im Vergleich zu Placebo. Weiters gab es signifikant mehr Personen mit höherem spezifischen IgG, und es zeigte sich eine Erhöhung des sekretorischen IgA3.
Die Verabreichung von Lactobacillus acidophilus, Bifidobacterium lactis, Bifidobacterium bifidum und Fructooligosacchariden für zwölf Wochen brachte bei erwachsenen Probanden einen signifikanten Abfall der Produktion der Entzündungsmarker Interleukin-6 und IL 1-β. Außerdem kam es zu einem Anstieg des antiinflammatorischen Zytokins Interleukin-104.

Literatur:
1 Schulze J et al., Probiotika. Georg Thieme Verlag 2008
2 Prof. Dr. med. Jürgen Schrezenmeir in der ErnährungsUmschau 5/2008:298–300
3 Rizzardini G et al., Br J Nutr 2012
4 Hepburn NJ et al., Benef Microbes 2013, DOI: 10.3920/BM2013.0012
Einfluss von Probiotika auf das Immunsystem
Apotheker Krone: Welche direkten Auswirkungen auf das Immunsystem gibt es?
Gorkiewicz: Die Balance zwischen proinflammatorisch und antiinflammatorisch wirkenden Mikroben ist die Voraussetzung für einen gesunden Darm. Es gibt Mikroben, die ganz selektiv Entzündungen im Darm unterdrücken können, wie Bacteroides fragilis oder Faecalibacterium prausnitzii. Aber auch spezifisch proinflammatorisch wirkende Bakterien sind für die Homöostase wichtig. Sie aktivieren sozusagen das mukosale Immunsystem, welches dann bei Besiedlung durch ein „echtes“ Pathogen gleich losschlagen kann.
Gibt es bestimmte Stämme, welche die Entwicklung und Aktivität des Immunsystems besonders beeinflussen?
Gorkiewicz: Grundsätzlich ist die Präsenz von Mikroben per se eine Notwendigkeit für die Reifung des Immunsystems. Es sind aber auch ganz spezifische mikrobielle Produkte für die Entwicklung/Aktivität des Immunsystems von Bedeutung. Diese werden oftmals nur von spezifischen Mikroben oder sogar nur von spezifischen Stämmen gebildet. Ein gutes Beispiel ist sicherlich das Polysaccharid A von B. fragilis.
Existieren noch weitere solcher Beispiele?
Gorkiewicz: Ja, z. B. kurzkettige Fettsäuren wie Butter- oder Propionsäure, die Endprodukte der bakteriellen Fermentation von pflanzlichen Zuckern bzw. Faserstoffen als ganz selektive Induktoren von antiinflammatorischen T-Zellen. Interessanterweise werden sie von verschiedenen Darmmikroben (darunter auch Bacteroides) gebildet.