Regierungswind steht für Apotheken günstig

Die Regierung macht den Apothekern derzeit auf mehreren Ebenen Hoffnung. Die Debatte über die Verlagerung von Impfungen in Apotheken nimmt zunehmend Fahrt auf. Nachdem die Bundesländer gemeinsam fixierten, diese Möglichkeit prüfen zu lassen, fordert nun auch der ÖVP-Seniorenbund, dass den Apotheken das Impfen erlaubt werden soll. „Besonders für Menschen mit Vorerkrankungen und ältere Menschen ist die Influenza gefährlich. Eine kombinierte Grippe- und Corona-Welle im Herbst würde unser Gesundheitssystem stark belasten“, warnt Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec. Zwar gebe es im Gegensatz zum Coronavirus einen wirksamen Impfstoff gegen die Influenza, die Durchimpfungsrate in Österreich sei jedoch sehr gering, weiß auch Korosec. „Es ist wichtig, dass sich so viele Menschen wie möglich gegen die Grippe impfen lassen. Das soll aber auch schnell und unkompliziert passieren können. Schon jetzt sind die Wartezimmer bei Hausärztinnen und Hausärzten gesteckt voll, und auch auf den Ämtern wartet man oft lange auf einen Impftermin“, meint Korosec. Für sie ist die Forderung nach einer Impferlaubnis für Apotheken naheliegend. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) gibt sich im Interview mit der Apotheker Krone abwartend. Er habe sich dazu noch keine endgültige Meinung gebildet und in den Gesprächen mit der Apothekerkammer sei es auch „noch nicht das zentrale Thema“ gewesen. Viel wichtiger sei ihm die rasche Umsetzung des elektronischen Impfpasses, betonte Anschober.

Parallel brachte er allerdings am Rande des parlamentarischen Sozialausschusses das ebenso brisante Thema Wirkstoffverschreibung in die Diskussion. Er wolle ausloten, ob das umstrittene Thema eine Lösung für Probleme in der Arzneimittelver-sorgung sein kann, sagt er im Interview. Es gebe bereits in anderen EU-Ländern das System der Wirkstoffverschreibung und es sei ihm nicht verständlich, dass Österreich eines der letzten Länder sei, wo das nicht der Fall ist. Er wolle dazu im Herbst eine „faire, offene und ideologiefreie Diskussion darüber führen – ohne Vorbehalte und Tabus.“ Er wolle bei dem Thema aber auch nicht mit dem Kopf durch die Wand. Der Minister betonte gleichzeitig, es sei jedenfalls wichtig, die Arzneimittelproduktion nicht gänzlich in andere Länder zu verlagern, die europäischen Standorte abzusichern und ein Frühwarnsystem in Bezug auf die Vorratshaltung einzurichten und Lieferengpässe möglichst zu vermeiden.

Lange Debatte

Die Wirkstoffverschreibung wurde vor einem Jahr vom Sprecher der Patientenanwälte in die Diskussion eingebracht und von der Apothekerkammer aufgenommen. In der Folge entwickelte sich ein wochenlanger Disput zwischen Ärzte- und Apothekerkammer. Anfang Juli 2019 berichtete die Ärzte Krone über den Vorstoß der Apothekerkammer, das Apothekengesetz dahingehend ändern zu lassen, dass Apotheken bei Lieferproblemen eines Produktes auch ein wirkstoffidentes Produkt abgeben können. Der Widerstand von Ärzten und der Pharmaindustrie kam umgehend.

Apotheker vorsichtig optimistisch

Auch diesmal reagiert man in der Ärztekammer auf das Thema gereizt. Der Wirkstoff von Originalpräparat und Generika sei zwar völlig ident, Unterschiede gebe es aber in der Füllstärke und den Zusätzen, sagt Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres. Er vermutet hinter dem Vorstoß vielmehr pekuniäre Interessen: Lagerhaltungen seien mit Kosten verbunden, und Apotheker ersparen sich viel Geld, wenn sie nicht mehr alle Arzneimittel lagernd haben, sondern eben nur noch einzelne Generika. „Wir sollten hier mehr die Patienten im Fokus haben.“ In der Apothekerschaft gibt man sich noch vorsichtig abwartend. „Die Apothekerschaft hat die Wirkstoffverschreibung nur zur Lösung von Lieferengpässen gefordert“, sagt Apothekerverband-Präsident Jürgen Rehak. Nachsatz: „Wenn die Gesundheitspolitik das jetzt umsetzen möchte, werden die Apotheken das natürlich mit all ihrer Expertise umsetzen.