„Resistenzen nehmen zu, wenn nicht rasch reagiert wird“

Apotheker Krone: Einst galten Antibiotika als Wundermittel der Medizin, doch nun könnten sie aufgrund zunehmender Resistenzen zum Problem werden. Sie haben das zum zentralen Thema der Wissenschaftlichen Fortbildung der Apotheker gemacht. Warum?

Susanne Ergott-Badawi: Die Entdeckung des Antibiotikums löste vor rund 90 Jahren eine wahre Revolution in der Therapie aus und half, gefürchtete, vorher tödlich verlaufende Infektionskrankheiten in den Griff zu bekommen. In den folgenden Jahren wurden weitere Antibiotika, neue Impfstoffe und Hygienemaßnahmen entwickelt, und man begann vom Sieg über die Infektionskrankheiten zu träumen. Heute stehen aber Infektionskrankheiten weltweit noch immer an den vordersten Stellen der Todesursache. Neue hoch ansteckende Krankheiten treten auf, und tödliche Erkrankungen, die als beinahe ausgerottet galten, nehmen durch die Resistenzentwicklung wieder zu. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Resistenzsituation in der Humanmedizin deutlich verschärft, was besorgniserregend ist.

Wie ernst ist die Situation wirklich?

Es ist ein sehr großes Problem und es wird noch massiv zunehmen, wenn nicht rasch reagiert wird. Jährlich sterben weltweit eine halbe Million Menschen an antibiotikaresistenten Infektionserkrankungen und der Trend geht leider in diese Richtung. Ändert sich diesbezüglich nichts, so werden es laut Studien 10 Millionen Todesfälle pro Jahr bis zum Jahr 2050 sein. Hier sind alle Gesundheitsberufe gefordert, an einem Strang zu ziehen. Dazu gehören auch die Apothekerinnen und Apotheker – egal ob im Krankenhaus oder in öffentlichen Apotheken.

Was können Apotheker bei einem so globalen und komplexen Problem tun? Sie verschreiben die Antibiotika ja nicht …

Wir erleben alle, dass wir täglich viele Antibiotika an Patienten abgeben. Natürlich verordnen wir diese nicht, sondern die Ärzte. Wir können aber einen großen Beitrag zu einer effektiven Therapie und Adhärenz leisten, denn dies ist eine unserer Kernkompetenzen.

Apotheker Krone: Inwiefern?

Wir Apotheker unterstützen den Patienten sehr individuell bei seiner antibiotischen Therapie. Dadurch kommt es zu einem gezielten effizienten Antiinfektiva-Einsatz. Einnahmeempfehlungen bei der Abgabe sind das Um und Auf bei einer antibiotika-Therapie denn hier wird das Wissen des Pharmazeuten über die Pharmakodynamik und Pharmakokinetik in die Praxis umgewandelt. Es kann zum Beispiel einen großen Unterschied machen, ob ein Antibiotikum nüchtern, während oder nach der Mahlzeit eingenommen wird. Auch der Hinweis auf die Dauer der Einnahme „bis die Packung leer ist“, ist unumgänglich. Sollte es jedoch zu Problemen während der Therapie kommen wie zum Beispiel zu einer Unerträglichkeit, so sollte der Arzt kontaktiert werden. Bei einer Antibiotischen Therapie ist das Ziel, dass möglichst genügend antibiotischer Wirkstoff kontinuierlich zu Keim zu kommt in der geringstnötigen Dosis. Um das zu erzielen muss der Patient von uns zur Einnahme geschult werden. Antimikrobielle Resistenzen sind eigentlich eine natürliche Entwicklung, durch den Jahrzehnte langen Einsatz von Antibiotika kam es jedoch zu Resistenzentwicklungen da Keime oft mit sehr hohen Konzentrationen von Antibiotika behandelt wurden. Leider ist die Anzahl von neuen antibiotischen Substanzen sehr begrenzt, was ein Problem darstellt.

Sie haben auch die Rolle der Krankenhausapotheker angesprochen. Was können diese tun?

Krankenhausapotheker arbeiten immer mehr in interdisziplinären Teams mit den Ärzten zusammen, um einen rationalen Einsatz von Antiinfektiva im Krankenhaus zu bewirken. Durch gezielte Maßnahmen im Rahmen von Antibiotika-Stewardship-Programmen wie bie der Dosierung, Anwendungsdauer und Auswahl können Resistenzentwicklungen verhindert werden und die Therapiesicherheit für den Patienten erzielt werden.

Wie können Patienten profitieren?

Der Apotheker leistet durch sein Wissen über Neben- und Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Antiinfektiva-Wirkung und somit zur Therapie des Patienten. Durch die Beratung des Patienten wie zum Beispiel zur Antibiotika-assoziierten Diarroeh oder auch anderen möglichen Nebenwirkungen der Antibiotika wird eine effektive Therapie gesichert. Auch eine „Vorwarnung“ zu möglichen unerwünschten Nebenwirkungen und die Aufklärung des Patienten über mögliche Präventivmaßnahmen kann ein wertvoller Beitrag sein, um die Effektivität der Therapie zu sichern.