Risiken erkennen, richtig beraten

Regelmäßige Bewegung stärkt das Herz-Kreislauf-System: Das Herz wird stärker durchblutet, Blutdruck-, Blutzucker- und Blutfettwerte werden reguliert. In weiterer Folge sinkt das Risiko für chronische Erkrankungen im höheren Alter.1 Auch besteht ein nachweislicher Zusammenhang zwischen körperlicher Betätigung und dem Immunsystem. Dennoch sind sportlich aktive Personen nicht vor Infektionskrankheiten geschützt. Die ausführliche Beratung kann Komplikationen verhindern und wesentlich zu einem gesunden Wiedereinstieg in den Sport beitragen.

Immunsupport für sportlich aktive Personen

Intensiv trainierende Menschen haben durch Schweiß- und Harnverluste einen erhöhten Bedarf an bestimmten Vitaminen sowie Mengen- und Spurenelementen. Folgende Mikronährstoffe können evidenzbasiert empfohlen werden2:

  1. Zink: Körperlich aktive Personen verlieren vermehrt Zink. Das lebensnotwendige Spurenelement kann vom Körper nicht selbst gebildet werden und ist unter anderem an Zellwachstum, Wundheilung und Immunfunktion beteiligt. Studien belegen, dass eine Zinksupplementation innerhalb der ersten 24 Stunden ab Symptombeginn positive Effekte bei Erkältungen erzielen kann.
  2. Magnesium: Magnesium ist als Kofaktor von mehr als 600 Enzymen am Energie- und Knochenstoffwechsel sowie an der Muskelkontraktion beteiligt. Bei intensivem Training können Hypomagnesiämien (<0,65mmol/l) auftreten. Bei erniedrigten Werten wird eine Supplementation mit 500 mg pro Tag empfohlen.
  3. Vitamin D: Immundefizite und ein erhöhtes Risiko für Atemwegsinfektionen sind mit Vitamin-D-Mangel verbunden. Der Vitamin-D-Status sollte über 75 nmol/l liegen.
  4. B-Vitamine: Die Gruppe der B-Vitamine ist essenziell für Energiestoffwechsel, Nervenfunktion, Blutbildung und Zellteilung. Personen mit intensiven Trainingseinheiten über längere Zeit können alle B-Vitamine supplementieren, um den allgemeinen Gesundheitszustand zu unterstützen.
  5. Vitamin C: Das Antioxidans schützt den Körper vor freien Radikalen. Ein Mangel ist unter anderem mit erhöhter Infektanfälligkeit verbunden. Die Empfehlung bleibt unverändert: fünf Portionen Obst und Gemüse täglich (entspricht rund 200mg/Tag).

Open-Window-Phänomen

Moderater Sport wirkt sich positiv auf das Immunsystem aus, während große körperliche Belastungen dieses schwächen können. Intensives Training und psychischer Stress beeinflussen die Immunfunktion durch die Aktivierung der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse sowie des sympathischen Nervensystems und die Ausschüttung immunregulierender Hormone wie Kortisol und Adrenalin. Studien zeigen, dass sowohl die angeborene als auch die erworbene Immunität in den Stunden nach intensiver Belastung vorübergehend um bis zu 70% abnehmen kann. Besonders längere Trainingseinheiten führen nachweislich zu einer Schwächung der Immunfunktion und schaffen ein bis zu 72 Stunden anhaltendes Open Window für opportunistische Infektionen.3

Sportpause bei Erkältung

Kommt es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen zu einer Infektion, ist körperliche Schonung unbedingt notwendig. Wer trotz Erkältung Sport treibt, setzt den Körper zusätzlichem Stress aus. In der Beratung ist es wichtig, den Schweregrad der Erkältung richtig einzuschätzen und darauf basierend klare Empfehlungen zu geben.

Leichte Erkältung

Patient:innen mit leichten Erkältungen, bei denen nur die oberen Atemwege betroffen sind und kein Fieber vorliegt, können sich moderat bewegen, z. B. Spazierengehen. Sie sollten jedoch darauf hingewiesen werden, dass intensiver Sport wie Joggen oder Krafttraining den Körper stark belastet und den Heilungsprozess verzögern kann. Nach zwei symptomfreien Tagen ist ein sanfter Wiedereinstieg möglich.

Moderate Erkältung

Bei moderaten Erkältungen mit Husten, Schnupfen und/oder Halsschmerzen sollte das Training pausiert werden. Besonders bei Husten sind die Atemwege betroffen, und Sport kann das Risiko für Bronchitis oder Pneumonie erhöhen. Nach dem Abklingen der Symptome kann das Training in der Regel drei bis sieben Tage später wieder aufgenommen werden.

Schwere Erkältung

Patient:innen mit schweren, fieberhaften Infekten sollten sich unbedingt ausruhen. Sport bei Fieber erhöht unter anderem das Risiko für Herzmuskelentzündungen deutlich. Der Wiedereinstieg nach einer Grippe sollte erst nach einer mindestens zweiwöchigen Pause erfolgen.
Grundsätzlich gilt: Je schwerer der Infekt, desto länger die Pause.

Der stufenweise Wiedereinstieg

Nach vollständigem Abklingen der Symptome und einer angemessenen Schonungszeit ist ein sanfter, stufenweiser Wiedereinstieg entscheidend. Viele sportlich ambitionierte Patient:innen tendieren dazu, zu früh wieder auf ihr vorheriges Leistungsniveau zurückzukehren, wodurch das Risiko eines Rückfalls oder einer verschleppten Infektion steigt. Folgende Warnsignale sind zu beachten:

  1. Ruhepuls: Ein morgendlicher Ruhepuls, der um mehr als 10 Schläge erhöht ist, deutet auf unzureichende Erholung hin.
  2. Belastungsempfinden: Das Training sollte sich gut anfühlen. Bei ungewöhnlicher Belastung ist es sofort abzubrechen.
  3. Schlafqualität: Verschlechterter Schlaf kann ein Zeichen für Überforderung sein.
  4. Wiederkehrende Symptome: Treten Husten, Schnupfen oder Müdigkeit erneut auf, war der Einstieg zu früh, und es sollte wieder pausiert werden.

Die gefürchtete Myokarditis

Bei unzureichender Genesung können sich Pathogene im Herzmuskelgewebe ausbreiten und dort eine infektiöse Myokarditis auslösen. Diese verläuft in den meisten Fällen asymptomatisch, kann sich aber auch durch kardiale Beschwerden wie Herzinsuffizienz, Arrhythmien oder Palpitationen äußern. Ebenso besteht das Risiko einer Chronifizierung oder Herzinsuffizienz. Die medikamentöse Behandlung erfolgt individuell, körperliche Schonung über sechs Monate ist jedoch für alle Patient:innen verpflichtend.4 Um eine Herzmuskelentzündung zu vermeiden, sind Sportpause und ein vorsichtiger Wiedereinstieg unbedingt zu empfehlen.

Selbstmedikation

Erkältungen sind in der Regel selbstlimitierend. Die symptomatische Behandlung kann den Heilungsprozess unterstützen und das Wohlbefinden verbessern. Analgetika und Antiphlogistika wie Paracetamol, Ibuprofen und Acetylsalicylsäure eignen sich zur Linderung von Kopf- und Gliederschmerzen, Fiebersenkung oder Entzündungshemmung. Bei ihrer Anwendung ist Vorsicht geboten, da diese Wirkstoffe die Wahrnehmung der eigenen Belastungsgrenze beeinflussen können. Patient:innen sollten wissen, dass zwar Symptome gelindert, jedoch nicht die Infektion selbst behandelt wird. Die sportliche Pause bleibt unabhängig davon bestehen. Neben systemischer Therapie ist auch die Behandlung einzelner Symptome möglich.

Produktiver Husten: Efeublätter-Extrakt wirkt bronchospasmolytisch und sekretolytisch. Thymian und Primelwurzel wirken expektorierend.

Trockener Husten: Linderung des Hustenreizes durch Isländisch Moos, Eibischwurzel oder Spitzwegerich

Halsschmerzen und Heiserkeit: Neben Lokalanästhetika und Antiseptika können pflanzliche Präparate mit Salbei, Isländisch Moos oder Malve eingesetzt werden.