Wechseljahre: personalisierte Therapie ist Um und Auf

Der Tag der Apotheke ist ein Beispiel für collaborative care, also die Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen zum Wohle der Patienten, erklärte Apothekerkammerpräsident Mag. pharm. Max Wellan. Deshalb wurden zum diesjährigen Thema „Wechseljahre“ Experten von der Österreichischen Menopausegesellschaft und der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (ÖGGG) herangezogen, um Apotheker auf den neuesten Stand der Medizin zu bringen.

Ganzheitliche Sichtweise gefordert

Univ.-Prof. DDr. Johannes Huber, Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe und Mitglied der Österreichischen Menopausegesellschaft, verwies auf eine Genderproblematik: Ab dem 50. Lebensjahr steigen die Verordnungen von Lipidsenkern, Antihypertensiva, Antirheumatika und Psychopharmaka an Frauen, im Vergleich zu Männern, sprunghaft an. Dies deute darauf hin, dass von vielen Ärzten das Konzert des Hormonhaushaltes nicht verstanden werde, so Huber, der für eine ganzheitliche Sichtweise plädiert: „Bei Hypercholesterinämie, Hypertonie, psychischen sowie rheumatischen Beschwerden muss an die hormonelle Situation jeder einzelnen Frau gedacht werden.“ Geht es um das Management der Beschwerden, sollen folgende Überlegungen im Mittelpunkt stehen:

  • Braucht die Patientin Hormone bzw. sind die Beschwerden hormonell bedingt?
  • Wenn ja, welche Hormone?
  • Welche Dosierung, Applikationsform und für wie lange?

„Im angelsächsischen Raum, aus dem die großen Studien stammen, sind diese Fragen nicht gestellt worden und werden noch immer nicht gestellt. Umso überraschender ist es, dass trotz dieser undifferenzierten Verschreibungsform des „Estrogen-only-Armes“ der WHI-Studie ein brustkrebsschützender Effekt des Östrogens nachgewiesen werden konnte. Im Östrogen-Arm waren weniger Brustkrebsfälle als im Placebo-Arm. Warum das in der öffentlichen Diskussion – more or less – ausgeblendet wurde, bleibt ein Mysterium“, so Huber. Derzeit gilt daher, dass eine Hormonersatztherapie bei starken Beeinträchtigungen und unter bestimmten Voraussetzungen sinnvoll ist.

Zukunftsperspektiven

„Die Hormonersatztherapie mit Östrogenen und ggf. Gestagenen wird auch in Zukunft einen festen Platz in der Behandlung klimakterischer Beschwerden einnehmen, denn sie steigert die Lebensqualität der betroffenen Frauen enorm. Dabei wird vor allem darauf zu achten sein, die Therapie zu personalisieren und mit einer physiologischen (niedrigen) Dosierung – angepasst an die Situation der Patientin – vorzunehmen“, erläuterte Univ.-Prof. Dr. Ludwig Wildt, Direktor der Universitätsklinik für gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin Innsbruck und Mitglied der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (ÖGGG). Dazu stehen vor allem transdermale Präparationen in Form von östrogenhaltigen Gels oder auch Pflaster zur Verfügung, mit denen die Patientin die Dosierung sehr gut selbst anpassen kann. „Ein Gestagenzusatz ist bei nicht hysterektomierten Frauen nach wie vor notwendig. Hierzu stehen neben dem natürlichen Progesteron eine Reihe von synthetischen Gestagenen zur Verfügung, deren unterschiedliche Partialwirkungen (androgene, antiandrogene, antimineralokortikoide, zentralnervöse Wirkungen) therapeutisch genutzt werden können“, so Wildt.

Pflanzliche Optionen

Weitere wichtige Säulen bei Wechselbeschwerden sind Heilpflanzen und Mikronährstoffe in Form von Tees, Arzneimitteln oder Nahrungsergänzungsmitteln. „Diese können bei leichter bis mittelschwerer Symptomatik hervorragend helfen“, hob Apothekerin Mag. Irina Schwabegger-Wager hervor. Wichtig ist die Aufklärung über die richtige Einnahme – oft vergehen Monate, bis das Wirkmaximum erreicht wird – und über etwaige Wechselwirkungen mit Arznei- oder auch Lebensmitteln. „Im Beratungsgespräch können Apotheker viel dazu beitragen, dass die Menopause nicht als ‚Endstation‘, sondern als Chance für Veränderung und selbstbestimmtes Leben verstanden wird. Auch können wir die Hemmschwellen hinsichtlich der Hormontherapie abbauen“, so Schwabegger-Wager. Wellan ergänzte die Beratung zur Lebensstilmodifikation als Steckenpferd der Apotheker: „Mit Rauchstopp und Alkoholverzicht sowie der Integration von Bewegung in den Alltag kann hinsichtlich Lebensqualität viel erreicht werden.“

 

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Quellen: „Wechseljahre: Hormonersatztherapie oder Heilpflanzen?“, Pressekonferenz zum Tag der Apotheke, 4. Oktober 2013; Österreichische Apothekerkammer/APA-OTS
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