„Wir wollen einen neuen Stil bringen“

Apotheker Krone: Sie treten gemeinsam auf der Liste „Wir Wiener Apotheker“ bei der Verbandswahl Ende September an und haben auch entsprechende Netze in den Bundesländern. Was sind Ihre Anliegen?

Christian Wurstbauer: In einem ersten Schritt müssen die vielen aktuellen Baustellen repariert werden. Vor allem muss es schleunigst wieder Rechtssicherheit in der Konzessionserteilung geben.

Andreas Berger: Das Ziel ist sicherlich mehr Transparenz in die Abläufe zu bringen. Viele Mitglieder wissen nicht, was da passiert und fühlen sich derzeit auch nicht betreut. Wenn man mit den Leuten redet, hört man, dass viele ähnliche Probleme haben. Etwa Mieterhöhungen bei Betriebsübergaben oder auch Probleme mit Parkpickerln in Wien. Hier möchte ich mich einbringen, denn auch die Landesgruppe hat politische Aufgaben – etwa wenn es um Kontakt zur Stadtpolitik geht. Das möchte ich ausbauen.

Philipp Saiko: Mir ist wichtig, dass die Apotheker nach außen hin geeinter auftreten, und gerade Wien hat hier eine wichtige Vorreiterfunktion. Immerhin befindet sich etwa ein Viertel aller österreichischen Apotheken in der Bundeshauptstadt. Eine Reform brauchen wir bei den Nachtdiensten, nicht zuletzt aufgrund der neuen EU-Arbeitszeitrichtlinie.

Wie soll das konkret aussehen?

Saiko: In Wien könnte man etwa den bestehenden Neuner-Turnus auf einen Elfer-Turnus erweitern, ohne dass die Versorgung dadurch schlechter wird. Das entlastet die Apotheken. Grundsätzlich stehen wir natürlich zu den Nachtdiensten. Das sind Leistungen, die von der Bevölkerung sehr geschätzt werden. Außerdem möchten wir die geographische Verteilung der Betriebe in den einzelnen Nachtdienst-Gruppen optimieren. Wir brauchen aber auch in der universitären Ausbildung die eine oder andere Änderung. Im Pharmaziestudium sind Inhalte wie Betriebswirtschaft, fachspezifisches Englisch oder professionelle Kommunikation noch nicht abgebildet – im Gegensatz zum Curriculum des neuen Pharmaziestudiums an der privaten Paracelsus Universität in Salzburg, das ich mitentwickeln durfte. Ich hoffe, dass auch die öffentlichen Universitäten in dieser Hinsicht nachziehen werden.

Bleiben wir bei Ihren eigenen Plänen und Vorschlägen: Wie soll der Apothekerverband und die Kammer Ihrer Meinung nach künftig agieren?

Christoph Zeidler: Auch ich denke, dass wir nach außen geeinter auftreten müssen. Die Ärzteschaft macht es vor: Geht es ans Eingemachte zieht sie definitiv an einem Strang. Die Apotheker müssen in allen Arzneimittelfragen und den entsprechenden politischen Belangen künftig wieder der erste Ansprechpartner sein. Die Apotheke und ihre Leistungen dürfen in keiner Diskussion in Frage gestellt werden. Umgekehrt müssen wir selbst unsere Ressourcen besser einsetzen. Wir leisten uns einen gigantischen Verwaltungsapparat, der in seiner Effizienz aber sicherlich zu hinterfragen ist.

Ein neues Auftreten der Standespolitik? Mit welchem Ziel?

Wurstbauer: Das Hauptinteresse ist sicherlich, die Apotheker aus der gesundheitspolitischen Bedeutungslosigkeit herauszuführen. Wir brauchen eine politische Abteilung in Kammer und Verband, die professionelles politisches Lobbying macht. Abwarten, und dann Feuerwehr zu spielen, reicht heute nicht mehr. Unser Ziel ist es, die besten Köpfe zusammen zu bringen. Dazu gehört auch, dass man frühere verdiente und erfahrene Funktionäre, die gute politische Netzwerke haben, wieder einbindet.

Warum sollte das notwendig sein?

Zeidler: Die politischen Kontakte, die die Kammer früher hatte, sind weg. Das hat uns dort hingeführt, wo wir heute sind. Das wieder auf eine breite Basis zu stellen, kann uns sehr viel weiterbringen. Wir müssen aus der politischen Bedeutungslosigkeit herauskommen.

Wurstbauer: Wir werden den Erfahrungsschatz für die aktuelle Standespolitik nutzen . . .

… dass die Herausforderer die bestehende Politik kritisieren, ist nicht überraschend in einer Wahlauseinandersetzung. Kommen wir noch einmal zu Ihren eigenen inhaltlichen Punkten.

Wurstbauer: Wir sollten weg von den Plänen zum Medikationsmanagement. Alle verantwortlichen Stakeholder signalisieren uns, dass es dafür kein Geld gibt. Wir haben umgekehrt gerade im Bereich der E-Medikation aus der Vergangenheit viel an Erfahrungen gesammelt. Daran sollten wir anknüpfen und diese auch nutzen. Die Sozialversicherung sucht dringend Partner bei der Umsetzung und würde auch Budgets frei machen, die es umgekehrt für das Medikationsmanagement nicht gibt. Damit können die Apotheker ihre Kernkompetenzen in den Bereichen Compliance und richtige Anwendung der Arzneimittel einbringen und stehen auch nicht in Konflikt mit den Ärzten. Ich denke, das ist gerade auch im Hinblick auf das OTC-Segment und den Druck von Drogerieketten wie dm wichtig. Wir müssen regelmäßig kommunizieren, warum die OTC-Abgabe über Apotheken so wichtig ist.

Zeidler: Die Apotheken leisten hervorragende Arbeit. Allerdings müssen wir dringend unsere Passivitätsrolle ablegen. Außerdem gewinnt man fast den Eindruck, als würde unsere Arbeit sogar von anderen Stakeholdern in Frage gestellt.

Saiko: Es gab in der Vergangenheit viele Wohlfühlkampagnen, die auf Kosten der wirklichen Probleme gegangen sind.

Berger: Unsere Partner, wie die Sozialversicherungen, wurden in der Vergangenheit in vielem von uns selbst vor den Kopf gestoßen und geben sich nun abwartend. Gleichzeitig müssen wir mehr Kommunikation nach innen leisten, mehr von den Bedürfnissen der Mitglieder erfahren und ihnen auch Informationen geben, was passiert. Die Mitglieder müssen sehen, was der Verband für sie tut.

Wie soll das konkret funktionieren?

Zeidler: In der Kommunikation und bei unzähligen Projekten kochen derzeit etwa Kammer und Verband lieber ihr eigenes Süppchen, anstatt an einem Strang zu ziehen. Unser Ziel ist, die Kräfte zu bündeln. Durchaus auch durch den Einsatz neuer PR-Agenturen.

Berger: Da sind wir wieder beim Thema Transparenz für die Mitglieder. Das muss ausgebaut werden.

Wurstbauer: Die Kommunikation und Verhandlungsstrategie muss besser werden. Es ist nicht zielführend, zu veröffentlichen, dass jede dritte Apotheke rote Zahlen schreibt. Und es war falsch, die Verhandlungen mit der Sozialversicherung einseitig abzubrechen. Das ist kein Zeichen von Stärke, sondern sorgt nur für Verstimmung beim Verhandlungspartner.

Berger: Wir wollen einfach selbstbewusst und fortschrittlich agieren und von der Vogel-Strauß-Politik wegkommen. Wir müssen wieder mit mehr Selbstbewusstsein auftreten. . .

Saiko: …sonst werden wir in der Gesundheitspolitik einfach nicht als gleichwertige Partner angesehen. Wir haben einen großen Vertrauensbonus in der Bevölkerung, sind jeden Tag rund um die Uhr kompetente Ansprechpartner und das schätzen die Menschen. Darauf müssen wir aufbauen.

 

Zu Gast bei der Apotheker Krone (v. li. n. re.):  Priv.-Doz. DDr. Philipp Saiko kandidiert für den Vorstand und steht für den Präsidenten der Wiener Apothekerkammer zur Verfügung.  Mag. Christoph Zeidler kandidiert für den Vorstand und steht als Kammervorstand zur Verfügung.  Mag. Christian Wurstbauer kandidiert für den Vorstand und steht für das Präsidium des Apothekerverbands zur Verfügung.  Mag. Andreas Berger kandidiert für den Vorstand und als Landesgruppenobmann in Wien.

Zu Gast bei der Apotheker Krone (v. li. n. re.):
Priv.-Doz. DDr. Philipp Saiko kandidiert für den Vorstand und steht für den Präsidenten der Wiener Apothekerkammer zur Verfügung.
Mag. Christoph Zeidler kandidiert für den Vorstand und steht als Kammervorstand zur Verfügung.
Mag. Christian Wurstbauer kandidiert für den Vorstand und steht für das Präsidium des Apothekerverbands zur Verfügung.
Mag. Andreas Berger kandidiert für den Vorstand und als Landesgruppenobmann in Wien.